Entwicklung und Test einer seriennahen Kohlendioxid-Omnibusklimaanlage mit dem Schwerpunkt der Verdichterentwicklung
Projektdurchführung
Konvekta AG
Am Nordbahnhof 5
34613 Schwalmstadt
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Durch Leckage bei mobilen Klimaanlagen gelangen zur Zeit große Mengen der als Kältemittel eingesetzten FKW in die Atmosphäre, wo sie als starkes Treibhausgas wirken. Ziel dieses Projektes ist, eine seriennahe Omnibusklimaanlage mit dem natürlichen Kältemittel Kohlendioxid (CO2) zu entwickeln und zu testen. Diese Klimaanlage soll in den Punkten Effizienz, Gewicht, Größe und dynamisches Verhalten gleich den zur Zeit eingesetzten R134a-Anlagen sein. Der Schwerpunkt dieses Projektes liegt dabei auf der Entwicklung eines seriennahen Verdichters für die Hochdruckanwendung mit Kohlendioxid, der in Dichtigkeit, Vibrationsfreiheit und Lebensdauer den herkömmlichen Verdichtern entspricht.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenKonvekta beginnt mit Feldversuchen mit einer vorhandenen, in einen Bus eingebauten CO2-Klimaanlage. Während des Fahrbetriebs werden Temperaturen, Drücke und Treibstoffverbrauch aufgezeichnet. An der GH Kassel wird an der optimierten Version eines schon gebauten CO2-Verdichters mit Kalorimetermessungen und der Verdichterindizierung begonnen. Diese sollen Aufschluss darüber geben, inwieweit die Veränderungen zu einer Wirkungsgradverbesserung geführt haben. Parallel zu den experimentell gewonnenen Daten werden numerische Untersuchungen vorgenommen, um ein mathematisches Modell des Verdichters zu entwickeln. In Zusammenarbeit mit der Firma Bock, der GH Kassel und eines Unterlieferanten wird für den neuen Verdichter eine Parameterstudie über Triebwerkskonzepte angefertigt, ein geeignetes Konzept für die Entwicklung des neuen Verdichters festgelegt, die Auslegung der Berstdrücke, Wandstärken und Sicherheitseinrichtungen vorgenommen und die verdichterspezifischen Komponenten konstruiert und berechnet.
Nach der Auslieferung des neuen Verdichters nimmt Konvekta Messungen am stationären Versuchsstand vor und führt Feldversuche durch. An der GH Kassel werden mit dem neuen Verdichter Indikatordiagramme aufgenommen und Kalorimetermessungen vorgenommen. Bei Firma Bock werden ebenfalls Untersuchungen an den firmeneigenen Prüfständen vorgenommen. Hier werden vorrangig Dauerlaufversuche durchgeführt und Einsatzgrenzen des neuen Verdichters bestimmt. Alle Ergebnisse fließen in die laufende Fortentwicklung des neuen Verdichters ein.
Ergebnisse und Diskussion
In Zusammenarbeit mit der Firma Peter-Reisen, die den öffentlichen Nahverkehr in der Stadt Bad Hersfeld betreibt, wurden bei Konvekta zwei baugleiche Busse jeweils mit einer Klimaanlage versehen. Während der eine Bus mit dem Prototyp einer Kohlendioxid-Klimaanlage ausgestattet wurde, kam in dem zweiten Bus eine herkömmliche R134a-Klimaanlage zum Einsatz. Dadurch war es möglich, die CO2-Klimaanlage mit einer R134a-Anlage bezüglich Straßentauglichkeit, Leistung und dynamischem Verhalten im gewöhnlichen Straßenverkehr bei realen Einsatzbedingungen zu vergleichen. Die Messungen, die während des gewöhnlichen Straßeneinsatzes durchgeführt wurden, belegen, dass mit Hilfe der CO2-Klimaanlage bei ganz ähnlichem dynamischem Verhalten etwa die gleiche Abkühlung des Fahrgastraumes erzielt werden kann. Das deutet auf eine ähnliche Kälteleistung wie bei der R134a-Anlage hin.
Die CO2-Klimaanlage ist mit einem Verdichter der Firma Bock ausgestattet, der sich in der zweiten Entwicklungsstufe befindet. Die Version 2 dieses Verdichters wurde an der GH Kassel an einem Verdichterprüfstand detailliert auf seine Laufeigenschaften und Leistungsfähigkeit hin untersucht. Messungen ergaben, dass die Güte- und Liefergrade bei moderaten Druckverhältnissen und Drehzahlen unter 1200 min-1 hohe Werte aufweisen. Für Klimaanwendungen mit einem Druckverhältnis von 2,5 wird ein Liefer- und Gütegrad von bis zu 75% erzielt. Der effektive Liefergrad liegt bei etwa 85%. Die geringen mechanischen Verluste ( ) deuten auf gute Laufeigenschaften mit geringen Lagerverlusten und eine effizient arbeitende Ölversorgung hin.
Im Vergleich zur ersten Version des Verdichters treten bei niedrigen Drehzahlen deutlich geringere Druckverluste beim Ausschiebevorgang auf. Das hängt mit der vergrößerten Strömungsfläche im Druckventil zusammen. Indikatormessungen ergeben, dass das Ventilsystem wegen der Ventilverluste bei Drehzahlen oberhalb von 1200 min-1 modifiziert werden sollte, damit bessere Liefergrade im mittleren und oberen Drehzahlbereich bis 3000 min-1 erzielt werden können. Da nach einer relativ kurzen Betriebszeit schon ein deutlicher Verschleiß der Ventilplättchen erkennbar ist, müssen bei der weiteren Entwicklung neue Materialien erprobt werden. Parallel zu diesen Untersuchungen wurde ein mathematisches Modell des Verdichters entwickelt und mittels numerischer Methoden gelöst. Innerhalb einer durchgeführten Parameterstudie konnte theoretisch gezeigt werden, dass der Kohlendioxid-Verdichterprototyp im Vergleich zu einem R134a-Verdichter einen günstigeren indizierten Liefergrad aufweist.
Bei der Firma Bock wurde die Version 3 des Kohlendioxidverdichters entwickelt. Bei dieser Version handelt es sich schon um einen seriennahen Prototypen für die Fahrzeugklimatisierung. Der Prototyp der Version 3 unterscheidet sich von der Version 1 und 2 vor allem durch einen vergrößerten Hubraum. Bei gleichem Kolbenhub ergibt sich durch einen von 28 mm auf 38 mm vergrößerten Zylinderdurchmesser ein Hubvolumen von 110 cm³. Dadurch verringert sich das Hub-zu-Bohrungsverhältnis auf 1.29. Um die dadurch vergrößerten Triebwerkskräfte aufnehmen zu können, musste die Kurbelwelle entsprechend verstärkt werden. Eine Gewichtsoptimierung erfolgte in aufwendigen Versuchsreihen zur Minimierung der Wandstärken und der erforderlichen Schraubenzahl. Optimierungsschritte sind bei den Lagerkonstruktionen, der Gehäusebauart und der Ventilauslegung erforderlich.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Ergebnisse wurden auf zahlreichen nationalen und internationalen Tagungen vorgetragen und veröffentlicht, u. a.:
J. Koehler, N. Lemke, M. Sonnekalb, H. Kaiser:
A Transcritical Refrigeration Cycle with Carbon Dioxide for Bus Air Conditioning and Transport Refrigeration. IAA - Technical Congress: Innovations in the Commercial Vehicle Industry, 07. - 08. Sept. 1998, Hannover, Conference Proceedings, S. 202 - 207.
J. Koehler, N. Lemke, M. Sonnekalb:
Second Year of City Busses with Transcritical CO2 Air Conditioning Units in Germany. SAE Phoenix July 1999.
S. Försterling, B. Lauterbach, H. Kaiser, J. Köhler:
Experimentelle Untersuchungen eines Verdichters für Busklimaanlagen und Transportkälteanlagen mit Kohlendioxid als Kältemittel. Deutsche Kälte-Klima-Tagung 1999, Berlin, 17. - 19. November 1999.
H. Kaiser:
Auswirkungen auf die Konstruktion von Kältemittelverdichtern bei Einsatz sogenannter Hochdruckkältemittel R410A/CO2. Deutsche Kälte-Klima-Tagung 1999, Berlin, 17. - 19. November 1999.
Fazit
Der Einsatz von Kohlendioxid in der Klimatisierung von Omnibussen stellt eine umweltfreundliche Alternative zu dem Einsatz von HFKW-Kältemitteln wie R134 dar. Die Erfahrungen mit zwei Prototypenanlagen in zwei Stadtbussen über einen Zeitraum von je 1.000 Betriebsstunden und mehr belegen im Stadtverkehr eine gute Funktionstüchtigkeit und hohe Zuverlässigkeit. Hinsichtlich der Kälteleistung und des dynamischen Verhaltens werden ähnliche Ergebnisse wie mit einer R134a-Serienanlage erzielt. Obwohl die Anlage ohne Sammler und nicht mit einer speziellen Hochdruckregelung ausgestattet ist, kann trotzdem bei den verschiedenen Betriebszuständen die Anlage nahezu mit optimalen COP betrieben werden.
Der verwendete Verdichter weist günstige Eigenschaften bezüglich des Liefer- und Wirkungsgrades auf, besitzt aber noch einen gewissen Entwicklungsbedarf im Bereich der Ventilauslegung besonders für höhere Drehzahlen. Das speziell für Kohlendioxid entwickelte Kältemaschinenöl wies ausgezeichnete Schmiereigenschaften auf. Allerdings muss die Beständigkeit des verwendeten Öls bei hohen Verdichtungsendtemperaturen noch weiter untersucht werden.
Zur Weiterentwicklung der bisher eingesetzten Prototypenanlage sind sowohl im Bereich der Verdichter- bzw. Schmiermittelentwicklung als auch bei der Anlagenkonstruktion weitere Entwicklungsschritte erforderlich. Wichtig ist vor allem eine begleitende Untersuchung durch Langzeittests, um die Lebensdauer der einzelnen Anlagenkomponenten zu ermitteln und zu überprüfen.
Fördersumme
255.645,94 €
Förderzeitraum
01.05.1997 - 16.08.2001
Bundesland
Hessen
Schlagwörter
Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik