Projekt 10826/01

Modellvorhaben: Substanzschonende Beseitigung von Umweltschäden an dem national wertvollen Kulturgut Steinerne Brücke in Kooperation mit mittelständischen Unternehmen

Projektdurchführung

Stadt RegensburgPlanungs- und BaureferatTiefbauamt
93019 Regensburg

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Die Steinerne Brücke in Regensburg (Bauzeit 1135-1146) stellt die älteste, noch unverändert erhaltene Steinbrücke Deutschlands dar. Sie stellt sowohl ein Meisterwerk mittelalterlicher Baukunst in Deutschland als auch ein Denkmal von europäischen Rang dar, das es zu erhalten gilt. Durch die Belastungen von Umwelt und Verkehr hat der Bestand beträchtlich gelitten. Sickerwasser, Streusalz und Schadstoffimmis-sionen aus der Luft haben dem Bestand aus Naturstein zugesetzt. Mit Hilfe auch von neuen, material-schonenden Untersuchungsmethoden soll ein behutsames Instandsetzungskonzept entwickelt werden.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten Methodena) Steintechnische Untersuchungen
· Steintechnische Kartierung
· Entfernung von früheren Mörtel- und Steinersatzantragungen und loser Teile
· Feststellung mechanischer Steinschäden (z.B. durch Schalenbildung)
· Öffnen der Fugen zur Untersuchung der Fugenstruktur
· Erforschen der Steindicken und Feststellen von Rissen und der Dichte des Fugenmörtels durch endoskopische Untersuchungen
b) Laboruntersuchungen des Natursteins
· Kartierung der Natursteinvarietäten nach unterschiedlichen Kriterien und Merkmalen
· Kernbohrungen an unterschiedlichen Gesteinstypen zur Bestimmung von den Gesteinskenndaten, Feuchtegehalt und Versalzung
· Laboruntersuchungen zur Frage der Konservierbarkeit der Sandsteine (Steinfestiger, Steinersatzstoff) und zur Auswahl von Fugen- und Restaurierungsmörtel
c) Zerstörungsarme Untersuchungen des Natursteins
· Einsatz von Radar
· Einsatz von Mikroseismik an der Oberfläche und im Bohrloch
· Anwendung von Ultraschall· Anwendung der Widerstandselektrik
· Tomographie mit Hilfe von Radar, Mikroseismik, Ultraschall und Widerstandselektrik zur Struktur und Zustandsuntersuchung des Natursteins
· Forschung und Entwicklung zerstörungsarmer Untersuchungsmethoden
d) Statisch-konstruktive Betrachtungen (Gründung, Konstruktion u. Abdichtung, Erschütterungen, Statik und Tragverhalten)
e) Erkundungsbohrungen (durch den steinernen Brückenkern bis in den Untergrund)
f) Musterhafte Instandsetzung ausgewählter Brückenbögen (Bogen XIV und IX)


Ergebnisse und Diskussion

Steintechnische Untersuchungen
Die teils losen früheren Mörtel- und Steinersatzantragungen wurden größtenteils entfernt, zum Vorschein kommende Schadensbilder wurden aufgenommen wie Ziegelausmauerungen, Stahlgewebematten zum Teil mit Ausmauerung und Befestigungshaken, ferner offene Fugen und Risse.
Nach Öffnen der Fugen wurde festgestellt, dass das Fugenmaterial weich und stark durchfeuchtet ist. Der äußerlich harte und dichte Fugenmörtel bildet eine Sperre für das Wasser im Mauerwerk und sorgt dafür, dass das Mauerwerk nicht austrocknen kann. Anhand von Bohrungen und anschließend der endoskopischen Untersuchung wurde versucht die Steindicken der Bogensteinquader empirisch festzustellen, um die Ergebnisse der zerstörungsfreien Untersuchungen überprüfen sowie die statisch wirksame Bogenstärke annähernd bestimmen zu können.
Laboruntersuchungen des Natursteins
Durch eine lithologische Kartierung ließen sich die unterschiedlichen Gesteinsarten (Varietäten), ihr Sedimentsgefüge und der Schadenszustand (Verwitterungsformen, Reliefbildung, Risse, Ausbrüche) der Natursteine feststellen.
In den untersuchten Musterbögen dominieren die verschiedenen Arten des Regensburger Grünsandsteines, im Bereich der Pfeilerbasis der Kalkstein. Die gesteinsphysikalischen Daten und die mineralischen Bestandteile der Grünsandsteine schwanken stark. Diese beeinflussen das Auswitterungsverhalten, die Feuchteaufnahme und -abgabe.
Bei der Schadenskartierung wurden die flächig und punktuell auftretenden Salzvorkommen, schwarzen Krusten, mechanische Beschädigungen und Rissspuren aufgenommen. Es überwiegt die Reliefbildung an der Gesteinsoberfläche durch die aktiven Verwitterungsprozesse sowie die oberflächig dunkel gefärbten Gipskrustenbildungen. Als Salzbelastung an den Bogensteinen tritt Steinsalz auf, das vorzugsweise an der porösen Gesteinsoberfläche sowie an den Fugen flächig und punktuell auskristallisiert. Die Natriumchlorid-Belastung der Fugen nimmt nur langsam ins Innere ab.
Die Untersuchungen für eine Steinfestigung der Natursteinoberfläche ergaben, dass ein ausreichender Festigungserfolg am trockenen Naturstein mit herkömmlichen Marktprodukten möglich ist. Allerdings muss vor einer Steinfestigung der Salzgehalt und die Feuchtigkeit reduziert werden.
Zerstörungsarme Untersuchungen des Natursteins
Die zerstörungsfreien Untersuchungsmethoden konnten zur Beurteilung des aktuellen Bauzustandes der Steinernen Brücke erfolgreich eingesetzt werden.
An dem untersuchten Pfeiler und anschließenden Jochen wurden hinter der Außenschale Bereiche mit strukturellen Veränderungen wie Schalenablösungen oder Materialwechsel ermittelt. Die Einbindetiefe der äußeren Steine konnte zuverlässig bestimmt werden. Des Weiteren wurden Bereiche erhöhter Feuchte- und Salzgehalte diagnostiziert. Es wurde festgestellt, dass das Innere des Pfeilers nicht homogen ist. Veränderungen der Materialqualität bzw. Festigkeit der Innenfüllung wurden ermittelt. Die gemes-senen Informationen wurden durch gezielte Bohrungen geeicht.
Musterhafte Instandsetzung ausgewählter Brückenbögen
Die Ergebnisse der umfangreichen Untersuchungen wurden in ein konkretes Instandsetzungskonzept für die Steinerne Brücke umgesetzt. In einem ersten Schritt wurden an zwei Musterbögen die Methoden einer denkmalgerechten Instandsetzung des Natursteins erprobt. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen sowohl in restauratorischer, bautechnischer und finanzieller Hinsicht sind Grundlage für die geplante Instandsetzung der gesamten Brücke.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

1998: Vortrag 3. Internationale Donaubrückenkonferenz in Regensburg; November 1998: Vortrag Herbstsymposium 1998 zur Denkmalpflege in Regensburg; Mai 2000: Vortrag IASS Symposium in Istanbul; 22./23. Mai 2001: Expertentreffen in Regensburg; Oktober 2001: Vortrag beim Klub für das Alte Prag in Prag; April 2004: Vortrag Fachsymposium Karlsbrücke in Prag; Mai/Juni 2004: Vorträge im Rahmen der Bewerbung Regensburg - Europ. Kulturhauptstadt 2010; Weitere Vorträge bei staatl. Behörden, Berufsvereinigungen, Historischen Vereinen; Fachvorträge durch die beteiligten Fachleute; März 2006: Tagung Natursteinsanierung 2006 Stuttgart; Hornemann-Institut: Datenbank hericare-docu


Fazit

Die sorgfältigen Untersuchungen, gründlichen Analysen und die modellhafte exemplarische Instandsetzung am Bauwerk in interdisziplinärer Zusammenarbeit waren Voraussetzungen dafür, dass viele bisher unbekannte Erkenntnisse über die Steinerne Brücke gewonnen werden konnten, die für eine zukünftige denkmalvertragliche und die Substanz schonende Instandsetzung des gesamten Brückenbauwerkes von großer Bedeutung sind. Weiter konnte in der Öffentlichkeit bewusst gemacht werden, dass die bau-werksschädigenden Umwelteinflüsse aus dem Verkehr (hohe Belastung, Salzstreuung, Abgase) langfris-tig durch die Sperrung der Steinernen Brücke für jeglichen Kfz-Verkehr unterbunden werden müssen und nur auf diese Weise das einmalige Brückenbauwerk erhalten werden kann.
Die Ergebnisse des Modellvorhabens war eine wertvolle Hilfe für die von der Stadt Regensburg geplante Gesamtinstandsetzung der Steinernen Brücke als ein Meisterwerk mittelalterlicher Baukunst und Denkmal von europäischem Rang.

Übersicht

Fördersumme

539.412,93 €

Förderzeitraum

23.01.1997 - 31.12.2005

Bundesland

Bayern

Schlagwörter

Klimaschutz
Kulturgüter
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik