Handbuch zum Stand der Technik beim Bauen mit Lehm
Projektdurchführung
Dachverband Lehm e. V.
99409 Weimar
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Die Verbreitung der Lehmbautechniken, insbesondere auch die auf heutige bauliche und handwerkliche Anforderungen zugeschnittenen, leiden trotz wachsender Nachfrage unter Akzeptanzproblemen, die die Realisierung von Lehmbauten behindern und im Kern auf fehlende verbindliche Qualitätsstandards und auf Unsicherheiten über die technische und bauphysikalische Leistungsfähigkeit zurückzuführen sind. Hier gilt es, mehr Klarheit zu schaffen durch die Zusammenstellung konsensfähiger, gesicherter und aktueller Daten und Regeln. Darüber hinaus deckt eine solche Statusbeschreibung Bereiche auf, in denen noch Forschungsbedarf, etwa zur Ermittlung von Stoffdaten in Test- bzw. Meßreihen, besteht.
Mit dem hier beantragten Projekt soll in Kooperation mit Lehmbauexperten und Praktikern ein entscheidender Beitrag zur Formulierung und bauaufsichtlichen Einführung eines einheitlichen Regelwerkes für das Bauen mit Lehm geschaffen werden. Die physikalisch-technischen und handwerklichen Informationsbausteine des Regelwerkes liefern Grundlagen für eine spätere Normierung.
Damit entsteht ein Orientierungsrahmen für Behörden, Planer, Bauherren, Handwerker und andere Anwender, der auch den modernen Verarbeitungstechniken und neuen Lehmprodukten gerecht wird.
Der Verband initiiert und koordiniert den Diskurs mit Lehmbauexperten zu den einzelnen Themenkomplexen eines Regelwerkes mit dem Ziel einen Konsens der beteiligten Fachleute über die Inhalte herzustellen.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie Erstellung von Richtlinien zum Bauen mit Lehm, die den aktuellen Stand der Technik zusammenfassend dokumentieren, bedarf eines intensiven Diskussionsprozesses mit Lehmbaufachleuten. Dabei strebt der DVL die stärkere Beteiligung von Handwerkern und Herstellern mit ausgewiesener Lehmbauerfahrung an. Darüber hinaus werden ausländische Experten zu Rate gezogen. Der DVL übernimmt die Federführung bei diesem Diskussionsprozeß bis hin zur Endredaktion des Regelwerkes. Ein eigens einzurichtender Redaktionsbeirat diskutiert und bewertet die von einzelnen externen Sachverständigen zusammengetragenen Informationsbausteine.
Nachfolgende Aufgabenfelder wurden bearbeitet:
1. Zusammenstellung gesicherter bauphysikalischer, ökologischer Kennwerte und Stoffdaten für Lehmbaustoffe und Aufdecken von Wissenslücken bzw. Forschungsbedarf.
2. Verfassen von Merkblättern mit Regeln und Erfahrungswerten für die rationelle und fachgerechte Be- und Verarbeitung von Lehmbaustoffen und Auflistung typischer Fehlerquellen;
3. Darstellung beispielhafter Konstruktionen mit Lehm unter Berücksichtigung von Sicherheitsstandards;
4. Erfassung und Beschreibung der Lehmprodukte und Bezugsquellen.
Der Verband übernimmt die Redaktion für ein abschließendes Konsenspapier zum Bauen mit Lehm und sorgt für die zielgruppenspezifische Verbreitung der Informationsschrift.
Ergebnisse und Diskussion
Das Projektergebnis dokumentiert den aktuellen Stand der Technik auf dem Gebiet des Lehmbaus in Deutschland. Die ARGEBAU hat auf ihrer 122. Sitzung im März 1995 beschlossen, ausgehend von den alten, 1971 zurückgezogenen DIN-Vorschriften eine neue technische Regel zum Bauen mit Lehm zu erarbeiten. Der DVL wurde gebeten, an der Erarbeitung dieser Regel mitzuwirken.
Mit dem Projektergebnis legt der DVL nun einen Textvorschlag für eine solche Regel vor. Der Text durchlief einen stufenweisen Prozeß der Konsensfindung: er wurde zunächst von einer AG des DVL er-arbeitet, intern beraten und anschließend in drei öffentlichen Lehmbaufachgesprächen, zuletzt auf der internationalen Fachtagung LEHM 97, vorgestellt und diskutiert. Zum Entwurf erhielt die AG des DVL mehr als 200 Anmerkungen und Hinweise von in- und ausländischen Fachkollegen, die in dem nun vor-liegenden Textvorschlag Berücksichtigung fanden. Dieser ist somit als erreichter Konsens aller an der Diskussion beteiligten Experten anzusehen. Alle eingereichten Diskussionsbeiträge sind beim DVL dokumentiert.
Wesentliche Ziele, die mit dem vorliegenden Textvorschlag erreicht wurden, sind:
- einheitliche Begriffsbestimmungen und Abgrenzung. Lehm wurde definiert als Gemisch aus Tonmineralien und schluffigen bis steinigen Bestandteilen mit einem jederzeit wiederholbaren Erweichungsmechanismus bei Wasserzugabe. Diese wichtige Feststellung beschreibt eine grundlegende ökologische Qualität des Baustoffes Lehm und schafft einen Orientierungsrahmen für künftige, sich herausbildende besondere prozeßtechnische Herstellungsverfahren, z.B. bei Verwendung künstlicher Zusätze.
- aktualisierte Gliederung nach Baustoff und Bauteil. Im Unterschied zu den alten Normen wurde eine an modernen Erfordernissen orientierte Gliederung nach Baustoffen und Bauteilen vorgenommen. Auf ein gesondertes Kapitel Bauverfahren wurde verzichtet, statt dessen Verarbeitungshinweise zu jedem Baustoff gegeben. Dadurch ergab sich eine klarere Struktur. Berücksichtigt wurde auch der Lehmbau in tragender Anwendung
- Beitrag zur Markttransparenz. Durch die Möglichkeit der bauaufsichtlichen Bewertung von Baukonstruktionen aus Lehm sollen einerseits handwerklich unqualifizierte Leistungen wie auch überzogene technische Forderungen seitens der Bauaufsichtsbehörden vermieden, anderseits zukünftige technische Entwicklungen nicht behindert werden.
- Aktualisierte Baustoff- und Bauteilwerte entsprechend aktueller Forschungsergebnisse wurden in den Anhang der Regel aufgenommen.
Während sich die Regel vor allem an mit dem Gegenstand befaßte Fachleute wie Architekten, Planer, Bauingenieure, Bauaufsichtsbehörden etc. richtet, sind in einem zweiten Projektteil Lehmbau Informationen alle Aspekte zusammengetragen, die für Verbraucher als Einstiegsinformation wichtig sind. Häufig nachgefragt werden z.B. anwendungsorientierte Informationen zu Baustoffen und deren Verarbeitung, Bauteile / Skizzen, Hersteller- u. Händlerlisten etc. Die allgemein verständlichen Lehmbau Informationen decken ein entsprechendes Informationsbedürfnis ab und leisten damit einen Beitrag zur Verbreitung des Lehmbaus.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Das gesamte Projekt war von Anfang an auf die Beteiligung einer breiten Fachöffentlichkeit ausgelegt. Höhepunkt war dabei die Präsentation des Textentwurfes der AG auf der internationalen Fachtagung Lehm 97 in Viersen. Nach Einigung mit dem Verlag stehen weitere Publikationen an.
Fazit
Mit der Erarbeitung der Lehmbau-Regeln wurde ein entscheidender Fortschritt für die weitere Verbreitung des Baustoffes Lehm erreicht. Sie schaffen Entscheidungssicherheit bei Planern und Genehmigungsbehörden. Die Lehmbau-Informationen geben interessierten Bauherren praxisgerechte Hinweise zur Thematik.
Fördersumme
99.476,95 €
Förderzeitraum
11.10.1996 - 12.11.1998
Bundesland
Thüringen
Schlagwörter
Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik