Demonstrationsvorhaben zur dezentralen Einbindung einer Solaranlage in die Nahwärmeversorgung Markdorf-Lichtenberg
Projektdurchführung
Technische Werke Friedrichshafen GmbH
88013 Friedrichshafen
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Am nordöstlichen Ufer des Bodensees werden in der Stadt Markdorf im Wohngebiet Lichtenberg III ca. 70 Wohnungen mit einer Nutzfläche von ca. 6.000 m² gebaut. Alle Gebäude sind mit einem erhöhten baulichen Wärmeschutz ausgestattet. Der Bebauungsplan wurde unter der besonderen Berücksichtigung der passiven Solarenergienutzung erstellt. Die Lage, das Klima und der Bebauungsplan ermöglichen aber auch eine optimale aktive Solarenergienutzung, so dass die Gemeinde Markdorf, das regionale Gasversorgungsunternehmen und ein Bauträger eine solar unterstützte Nahwärmeversorgung umsetzen werden. Die Heizzentrale kann in einem der Mehrfamilienhäuser untergebracht werden. Auf den Dächern der beiden Nachbargebäude wird die Solaranlage mit einer Fläche von ca. 240 m² installiert. Der Sonnenenergieanteil an der gelieferten Wärme für Heizung und Warmwasser soll bei ca. 17 % liegen.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie solare Wärmeversorgung ist in Deutschland ein neuer Versorgungszweig, der über das Stadium von einigen Pilotanlagen noch nicht hinausgekommen ist. Pilotprojekte in Friedrichshafen (Wiggenhausen-Süd, Bahnhofsplatz, Immenstaad) belegen zwar die prinzipielle Durchführbarkeit solarer Wärmeversorgungskonzepte; die Kosten zeigen jedoch, dass sie ohne Förderung nicht wirtschaftlich zu betreiben sind.
Die Technischen Werke Friedrichshafen TWF GmbH haben mit der Durchführung ihrer drei Pilotprojekte zur solaren Nahwärmeversorgung ihre technische wie kaufmännische Erfahrungen in dem Bereich Innovative Wärmeversorgungskonzepte erweitert. Die Solaranlagen wurde je nach Projekt vom Bund, dem Land Baden-Württemberg und/oder dem Bauträger gefördert.
Die TWF GmbH belegten, dass 10 % der Investitionen einer Solaranlage durch die Einsparung an Gas erwirtschaftet werden können. Durch ein praxisgerechtes Finanzierungsmodell ist es der TWF gelungen, 90 % der Investitionen für die Solaranlage bei verschiedenen Förderern einzuwerben. So beteiligt sich die Stadt Markdorf mit 10 % und der lokale Bauträger (Wohn- und Gewerbebaugesellschaft mbH & Co. KG) mit 30 %. Die verbleibende Finanzierungslücke von 50 % werden durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt geschlossen.
Die Gesamtkosten (Solaranlage incl. 12 % Planungskosten) liegen bei ca. 250.000 DM. Bei der vorgesehenen Kollektorfläche betragen die auf die Kollektorfläche bezogenen Systemkosten ca. 1.000 DM/m².
Die Planung für das Nahwärmesystem mit modernster Heiztechnik (Brennwertanlage) für die 5 Einfamilien-, 13 Reihen- und 11 Mehrfamilienhäuser führt TWF selbst durch. Der Betrieb der Anlagen zur solaren Nahwärme in Friedrichshafen zeigt, daß die technischen Konzepte der solaren Nahwärmeversorgung noch verbessert werden müssen. So bereiten in der Praxis hohe Rücklauftemperaturen aus der Gebäudebeheizung und der Warmwasserbereitung sowie das noch nicht optimal funktionierende Zusammenspiel zwischen Kessel- und Solaranlage noch Probleme. Im Projekt Markdorf / Lichtenberg III soll nun erstmals ein optimiertes Konzept hinsichtlich der Abstimmung zwischen Solaranlage und Brennwertkessel ausprobiert werden. Zudem sollen beim technischen Konzept der Wärmeübergabestationen auf die Realisierung niedriger Rücklauftemperaturen besonders geachtet werden. Eine Herausforderung stellt die Anpassung der Heizungstechnik an den Betrieb einer Solaranlage dar. Für einen wirtschaftlich und technisch sinnvollen Anlagenbetrieb sind niedrige Rücklauftemperaturen unabdingbar. In vielen praktisch ausgeführten Anlagen führen hohe Rücklauftemperaturen in der Som-merzeit dazu, daß die gewonnene Solarenergie nur unzureichend genutzt werden kann. Oft liegt die Rücklauftemperatur bei ca. 50 °C (die Planung sah 40 °C und weniger vor!), da die Warmwasserspeicher mit Speicherladesystem nicht die gewünschten (zwischen 25 und 40°C) Rücklauftemperaturen bereitstellen. Die Erfahrungen mit den anderen Projekten zur solaren Nahwärmeversorgung in Friedrichshafen zeigen, daß in der Planung und praktischen Umsetzung Unsicherheiten hinsichtlich der Speicherladesysteme bestehen. So muß der Speicher mit einem Schaltvolumen (Einschaltfühler in der Mitte, Ausschaltfühler am Behälterboden) versehen sein. Zudem sollte die Zirkulationspumpe über der Speicherladeleitung eingebunden werden. Auch sollten die Speicherladeleitung und die Warmwasserleitungen nicht über einen gemeinsamen Anschluß zum Speicher geführt werden. Alle Öffnungen, über die Wasser in den Speicher gelangt, sind mit Prallteller zu versehen, so daß die Schichtung nicht zerstört wird. Selbstverständlich muß der Speicherladekreis auf der Brauchwasserseite hydraulisch einreguliert werden. Das kundenseitige Rohrnetz für die Heizung ist durch den Installateur einzuregulieren, um niedrige Rücklauftemperaturen zu erhalten. Im Projekt Lichtenberg III soll auf diese praktischen, für die richtige Funktion der Solaranlage aber zwingend erforderlichen technischen Anforderungen verstärkt geachtet werden.
Um eine gute Regelung für Heizung und Warmwasser mit niedrigen Rücklauftemperaturen in den versorgten Gebäuden zu erhalten, darf die von der Heizzentrale gelieferte Temperatur nur wenig um den Sollwert schwanken. Aus diesem Grunde wurde der Brennwertkessel in der Heizzentrale hydraulisch in den Speicher für die Solaranlage eingebunden. Das obere Drittel des ca. 15 m³ großen Speichers dient als Puffervolumen für den Brennwertkessel. So können Schwankungen der Vorlauftemperatur beim Ein-schalten des Kessels und häufiges Takten vermieden werden. Zudem kann der Kessel langsamer zwischen Klein- und Großlast modulieren. Liefert die Solaranlage Wärme unterhalb der Vorlauftemperatur des Versorgungsnetzes, so muss der Brennwertkessel mit höheren Rücklauftemperaturen als im Auslegungsbetrieb arbeiten. Um im Sommerbetrieb die Grundlast-Kesselleistung abzuführen, ist ein erhöhter Heizwasser-Volumenstrom über den Kessel notwendig. Die stabile Regelung dieses Massenstroms unter sich permanent ändernden Rücklauftemperaturen soll erprobt werden.
Ergebnisse und Diskussion
Die derzeitig schwierige konjunkturelle Lage schränkt den Absatz von Wohnungen ein. Daher ist mit einem langsamen Baufortschritt zu rechnen. Eine eingehende Diskussion der Ergebnisse bedingt jedoch, daß mehr als 70 bis 80 % der Gebäude gebaut und an die Wärmeversorgung angeschlossen sein müssten.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Vor Ort werden die Einstrahlung, die solar erzeugte und die in das Versorgungsnetz eingespeiste Wärme gemessen. Diese Werte werden über Datenleitungen in die Netzleitstelle der Technische Werke Friedrichshafen GmbH gemeldet und ermöglichen dort Besuchergruppen einen schnellen und umfassenden Überblick über die Leistungsfähigkeit der solar unterstützten Wärmeversorgungsanlage in Markdorf.
Fazit
Mit den im Projekt Markdorf-Lichtenberg III gewonnenen Erfahrungen ist zu erwarten, dass ein ausgereiftes Konzept für Anlagen zur solaren Nahwärmeversorgung zur Verfügung steht. Mit den vorgesehenen Maßnahmen (passive und aktive Solarenergienutzung) soll in dem, in südlicher Hanglage liegenden Baugebiet ein auf die Wohnfläche bezogener Gasverbrauch von etwa 80 kWh/m² erreicht werden. Im Vergleich zum Brennstoffverbrauch heute üblicher Wohngebäude liegt dieser Wert um ca. 40 % niedriger.
Fördersumme
73.574,90 €
Förderzeitraum
05.07.1996 - 06.08.2001
Bundesland
Baden-Württemberg
Schlagwörter
Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik