Erarbeitung eines Energie- und Umweltkonzeptes für die Stadt Novogard/Polen unter besonderer Berücksichtigung regenerativer Energiequellen
Projektdurchführung
Technische Universität DresdenInstitut für Thermodynamik und TechnischeGebäudeausrüstung
Mommsenstr. 13
01062 Dresden
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Die Erdölkrise in den 70er Jahren führte dazu, daß die damalige Sowjetunion ihre Erdölprodukte zunehmend zu Weltmarktpreisen auf dem internationalen Markt anbot. Grundlegende Veränderungen der Rohölpreise im damaligen COMECON-Verbund waren die Folge. Aus wirtschaftlichen Gründen führte dies dazu, daß die einzelnen COMECON-Länder ihre bis dahin stark auf sowjetisches Erdöl fixierte Energieversorgung umstellen mußten. Insbesondere in der damaligen DDR, Polen und der damaligen Tschechoslowakei wurden erdölbefeuerte Energieerzeuger im großen Umfang auf den Betrieb mit heimischer Kohle umgestellt.
Entsprechend wird noch heute in Polen und Tschechien ein erheblicher Teil der Energie aus der heimischen Braun- bzw. Steinkohle erzeugt. Aufgrund der veralteten Kraftwerkstechnologie und dem Fehlen geeigneter Reinigungsanlagen sind neue Emissionen bei der Energieerzeugung die Folge, was zu den bekannten grenzüberschreitenden Umweltproblemen führt. Ziel des Vorhabens ist es, ein Energie- und Umweltkonzept für die etwa 20.000 Einwohner zählende polnische Stadt Nowogard, ca. 60 km nordöstlich der polnischen Hafenstadt Stettin, zu erarbeiten. Das Konzept soll als Vorschlag für eine Umstrukturierung der vorhandenen kommunalen Energieversorgung dienen. Gegenwärtig ist die energiewirtschaftliche Situation durch hohe Emissionen bei der überwiegenden Wärmebereitstellung aus der Kohleverbrennung gekennzeichnet. Eine Nutzung regenerativer Energiequellen findet nicht statt. Die Nutzung der Kraft-Wärme-Kopplung ist gegenwärtig von untergeordneter Bedeutung. Das Vorhaben wird von der TU Dresden in Kooperation mit dem Institut für Wärmenutzung, Fernwärmeversorgung und technische Gebäudeausrüstung Dresden e. V., der TU Stettin, den Stadtwerken Nowogard und der Stadtverwaltung Nowogard durchgeführt.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenGegenstand der vorgestellten Untersuchungen ist das Finden der günstigsten Vorgehensweise zur Energieversorgung aus einer Vielfalt von Möglichkeiten, die sich zwischen den beiden Extremen Beibehaltung des Status Quo einerseits und Realisierung der ökologischen Spitzenmaßnahme andererseits ansiedeln. Wesentlicher Parameter für die erreichbare Umweltentlastung ist die von der Gesellschaft oder von ihren Mitgliedern akzeptierte finanzielle Mehrbelastung. Für die Formulierung des damit verbundenen Optimierungsproblems gibt es prinzipiell zwei Möglichkeiten:
- Die Umweltentlastung wird vorgegeben, die Mehrkosten werden minimiert.
- Die akzeptierbaren Mehrkosten werden vorgegeben, die Umweltentlastung wird maximiert.
Im Projekt wurde an der Methodik gearbeitet, wie für ein definiertes Versorgungsgebiet eine solche Optimierung durchgeführt werden könnte. Das vorgestellte Berechnungsinstrumentarium auf der Basis der Tabellenkalkulation ist geeignet, um den energiewirtschaftlichen Teil stadtplanerischer, strategischer Entscheidungen vorzubereiten. In diesem Zusammenhang können auch - bei etwas erweiterter Datenbasis - Fördermodelle vorab auf ihre Wirksamkeit getestet werden. Als wichtigste Voraussetzung für die Umsetzung einer ökologisch sinnvollen Maßnahme ist die Handlungsmotivation der beteiligten Akteure (Mieter, Wohnungsbesitzer, Versorgungsunternehmen) anzusehen. Sehr bedeutsam ist hierfür wiederum die wirtschaftliche Zumutbarkeit, die stark durch die zu beachtenden Bilanzierungshorizonte bestimmt wird. Dies führt auf die ebenfalls im Projekt behandelten Fragen der gesetzlichen Rahmenbedingungen einerseits sowie der Gestaltung von Unternehmenszuschnitten andererseits.
Die Bearbeitung des Vorhabens gliedert sich in folgende Arbeitsschritte:
- Erfassung des Ist-Standes bezüglich Umweltbelastungen, Anlagenstruktur, Anlagenzustand, Energiebedarf.
- Ermittlung von Prognosedaten bezüglich der Entwicklung der Bedarfsstruktur.
- Aufstellen und Vollkostenvergleich von technischen Varianten für die mittel- und langfristige Gestaltung der Wärme- und Stromversorgung.
- Ermittlung der ökologischen Wunsch-Variante.
- Analyse der ostdeutschen Energiewirtschaft aus polnischer Sicht und unter Berücksichtigung dieser Erkenntnisse.
- Aufstellen von Prognosen zur Entwicklung der juristischen Randbedingungen und der staatlichen/kommunalen Randbedingungen für die Strukturierung der Erzeugungs- und Versorgungsbetriebe.
- Komplexe Vergleichsrechnungen technischer, betriebswirtschaftlicher, volkswirtschaftlicher und juristischer Varianten und Szenarien. Neu ist die nähere Betrachtung von Interessen und Handlungsmotivationen der beteiligten Akteure (Erzeuger, Versorger und Verbraucher) bezüglich der Einführung umweltverträglicher Techniken.
Ergebnisse und Diskussion
Zusammenfassend sind folgende Schlußfolgerungen abzuleiten:
1. Die ökologischen Vorzugsvarianten Geothermienutzung und Kraft-Wärme-Kopplung scheitern derzeit zum einen an den energiepolitischen Rahmenbedingungen einer notwendigen Förderung und zum anderen an den noch fehlenden Regularien.
2. Kraft-Wärme-Kopplung kann neben den unbestrittenen ökologischen Vorteilen auch wirtschaftliche Vorteile und damit Realisierungschancen erhalten, wenn sie frühzeitig eine klare kommunalpolitische Unterstützung erhält. Ohne klare politische Unterstützung werden durch die Eigendynamik der Veränderungen der Kraft-Wärme-Kopplung die wirtschaftlichen Grundlagen entzogen.
3. Am chancenreichsten ist derzeit die großflächige Installation dezentraler Erdgasheizungen. Emissionsminderung ergibt sich durch den Sauberen Brennstoff Erdgas und die hohe Effizienz moderner Anlagen. Restriktiv ist die Netzkapazität. Nachteilig ist, daß diese Variante die Chancen des Ausbaus der Kraft-Wärme-Kopplung einschränkt.
Die Bildung von kommunalen Querverbundversorgungsunternehmen ist sehr zu empfehlen. Die Installation eines privaten Konkurrenzkampfes auf dem Gebiet der Wärmeversorgung innerhalb einer Stadt führt, wie auch ostdeutsche Erfahrungen zeigen, nicht zu den erhofften Preissenkungseffekten sondern zu einem ineffizienten Kapitaleinsatz.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Zwischenergebnisse des Projektes wurden im Rahmen eines Osteuropaseminars der Fernwärmemesse (Essen, Feb. 1998) und auf dem 3. Fernwärmekolloquium in Dresden (Sept. 1998) vorgetragen. Die nächste Präsentation erfolgt auf der gemeinsamen Veranstaltung Kraftwerkstechnisches Kolloquium/ Fernwärmekolloquium der TU Dresden (Dresden, Sept. 1999).
Fazit
Die Analyse der ostdeutschen Verhältnisse und die Betrachtung der gegenwärtigen polnischen Ausgangssituation führt zu dem Schluß, daß die Wärmeversorgung so weit wie möglich als kommunale Dienstleistungsaufgabe verstanden werden sollte. Die Vergütung der Leistungen sollte damit verbunden, direkt oder indirekt, als Teil des städtischen Haushaltes eingeordnet werden. Fragen der Quersubventionierung von unterstützungsbedürftigen Bereichen und sozialen Aspekten lassen sich so in direktem Zusammenhang mit der Entscheidung über die kommunalen Finanzmittel lösen.
Fördersumme
75.134,34 €
Förderzeitraum
18.03.1997 - 03.09.1999
Bundesland
Grenzüberschreitend
Schlagwörter
Grenzüberschreitend
Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik