Erstmalige Einführung der digitalen mikroskopischen Bildanalyse in der biologischen Abwasserreinigung als neuer Summenparameter für die Früherkennung des Belastungszustands
Projektdurchführung
Technische Universität Hamburg-HarburgArbeitsbereich Gewässerreinigungstechnik
Eißendorfer Str. 42
21073 Hamburg
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Die Klärsysteme für die weitgehende Abwasserreinigung benötigen oft eine komplizierte Steuerung zur optimalen Prozessführung. Die Messung der einzelnen Parameter und die automatische Erkennung von Zusammenhängen ist sehr aufwändig und oft als nicht zuverlässig einzustufen. Daher werden neben den physikalisch/chemischen Parametern zunehmend auch biologische Parameter herangezogen. Die Angabe von biologischen Parametern beruht auf der Beobachtung, dass verschiedene Faktoren Einfluss auf die Belebtschlammstruktur und die Entwicklung einer charakteristischen Biozönose haben. Verschiedene Betriebszustände werden also durch das Auftreten verschiedener Mikroorganismentypen sowie bestimmter Flockenstrukturen charakterisiert. Die digitale Bildanalyse eröffnet hier durch die schnelle Bildverarbeitung neue Möglichkeiten wie z. B. automatisch nach einzelnen Mikroorganismen zu suchen und diese zu identifizieren oder Flockenstrukturen als Leitparameter zu bestimmen. Das Ziel des Pro-jekts ist die Entwicklung eines online erfassbaren Summenparameters als Indikator des Belastungszustands und zur Regelung biologischer Stufen von Kläranlagen. Des Weiteren soll eine frühzeitige automatische Erkennung von Anzeichen für die Bildung von Bläh-, Schwimmschlamm oder Schaum erreicht werden. Die in jüngster Zeit immer häufiger beobachteten Betriebsprobleme, bedingt durch das übermäßige Wachstum fadenförmiger Mikroorganismen von biologischen Stufen von Kläranlagen, führen bedingt durch den Schlammabtrieb zu einer Belastung der Vorfluter und der dahinterliegenden Gewässer, was im Extremfall zu Fischsterben führen kann. Mit Hilfe der digitalen mikroskopischen Bildverarbeitung soll ein Parameter zur Beurteilung der Fädigkeit von Belebtschlammproben eingeführt werden.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenIm weiteren Verlauf des Projekts sollen zuerst Methoden entwickelt bzw. bereits angedachte Methoden verbessert werden, die eine Identifikation von bestimmten Mikroorganismen ermöglichen. Hierbei steht insbesondere die Identifikation von fadenförmigen Organismen im Vordergrund. Mittels einer Laborkläranlage, die die Simulation verschiedener Belastungszustände ermöglicht, soll dann eine Charakterisierung einer Kläranlage aus statistischen Merkmalen automatisch erfassbarer Leitparameter erfolgen. Es ist weiterhin die Charakterisierung von Belastungsänderungen, toxischen Einflüssen, Betriebszuständen, bei denen fadenförmige Organismen bzw. Blähschlamm auftreten, vorgesehen.
Ergebnisse und Diskussion
Im Rahmen der Bearbeitung des Projekts wurden Grundlagen geschaffen, mit deren Hilfe eine automatische Bildanalyse von belebten Schlämmen durchführbar ist. Diese Grundlagen beeinhalten sowohl die Bearbeitung der abgespeicherten digitalen Bilder von Belebtschlammproben, so dass diese für einen Rechner auswertbar sind, als auch eine statistische Auswertung und graphische Darstellung der bearbeiteten Bilder. Mit Hilfe dieser Grundlagen und der auf diese Weise zusätzlich gewonnenen Parameter konnten im weiteren Verlauf der Bearbeitung des Projekts unterschiedliche Betriebszustände und deren Einfluss auf das mikroskopische Bild untersucht werden und anhand der unterschiedlichen biologischen Parameter ausgewertet werden.
Bei der Erarbeitung der Grundlagen zur Auswertung der Belebtschlammbilder mit Algorithmen der digitalen Bildverarbeitung zeigte sich, dass die Identifikation einzelner Mikroorganismen sehr schwierig und umständlich ist und dass außerdem eine automatische Erkennung verschiedener Leitorganismen noch nicht 100 %ig zuverlässig ist. Weiterhin wurde festgestellt, dass die Morphologie der Belebtschlammflocke (Größe, Gestalt, Struktur, Fädigkeit u. ä.) sehr schnell auf eine Änderung der Betriebsverhältnisse reagiert und dass es möglich ist ausreichende Informationen über den Belastungszustand alleine aus der Morphologie der Belebtschlammflocke zu extrahieren. Die automatische Auswertung der Morphologie der Belebtschlammflocken mit Algorithmen der digitalen Bildverarbeitung ist schnell und zuverlässig durchzuführen. Daher wurden die verschiedenen Betriebszustände allein über die Morphologie der Belebtschlammflocke charakterisiert.
Die Ergebnisse der Untersuchungen haben deutlich gezeigt, dass aufgrund der, aus dem mikroskopischen Bild des belebten Schlammss, gewonnenen Parameter ein schnelleres Reagieren und Eingreifen beim Betrieb der biologischen Stufen von Kläranlagen möglich ist. Das Belebtschlammflockenbild reagiert wesentlich schneller auf Änderungen der Betriebsweise von Kläranlagen, als diese mit Hilfe der herkömmlichen physikalisch/chemischen Parameter nachgewiesen werden können. So ist es z. B. möglich, die Einleitung toxischer Substanzen mit Hilfe der automatischen Bildanalyse bis zu einem Tag früher zu erkennen, als dies über physikalisch/chemische Parameter möglich ist. Insbesondere bei der Früherkennung von drohenden Betriebsproblemen, verursacht durch den massenhaften Wachstum von fadenförmigen Mikroorganismen, liefert die automatische Bildanalyse frühzeitig Hinweise. Mit Hilfe der automatischen mikroskopischen Bildanalyse ist ein drohendes Blähschlammproblem ca. 2-3 Tage früher zu erkennen als dies mit Hilfe von physikalisch/chemischen Parametern möglich ist. Zu diesem frühen Zeitpunkt ist es dann möglich geeignete Bekämpfungsmaßnahmen mit Erfolg einzuleiten.
Dadurch, dass drohende Betriebsprobleme, die eine Verschlechterung der Ablaufwerte von Kläranlage und so eine Belastung der Vorfluter, bis hin zum Fischsterben, nach sich ziehen können, mit Hilfe der automatischen mikroskopischen Bildanalyse frühzeitig erkannt werden können, können diese drohenden Probleme rechtzeitig bekämpft werden. Weiterhin liefert das System der digitalen Bildanalyse wichtige Parameter über den Zustand der biologischen Stufe von Kläranlagen. Dadurch wird eine stabilere Be-triebsweise der Kläranlagen erreicht und die Gefahr einer drohende Verschlechterung der Ablaufwerte wird minimiert.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Die im Rahmen des Projekts erarbeiteten Ergebnisse wurden in mehrere Veröffentlichungen dargestellt. Insgesamt erfolgten mündliche Präsentationen des Themas in Form von Vorträgen auf nationalen sowie internationalen Kongressen und Konferenzen bzw. im Rahmen von Seminarvorträgen. Weiterhin wurden die Ergebnisse in Form von Posterpräsentationen veröffentlicht.
Fazit
Die durchgeführten Auswertungen des mikroskopischen Bilds von Belebtschlamm verschiedener Betriebszustände zeigen deutlich, welche Möglichkeiten in einer automatischen Bildanalyse von Be-lebtschlamm verborgen sind. Im Rahmen des Projekts wurden hierzu die Grundlagen, hinsichtlich der Bearbeitung der digitalen Bilder mit Algorithmen der digitalen Bildverarbeitung sowie der statistischen Auswertung erarbeitetet. Dabei zeigte sich, dass eine Auswertung der Morphologie der Belebtschlammflocke ausreichende Parameter zur Früherkennung von Belastungsänderungen bzw. Betriebsstörungen bereitstellt. Im Folgenden müssen noch mehrere Betriebszustände im Labormaßstab untersucht werden, bevor das Belebtschlammbild industrieller oder kommunaler Kläranlagen untersucht wird.
Fördersumme
53.662,13 €
Förderzeitraum
01.01.1998 - 16.06.2000
Bundesland
Hamburg
Schlagwörter
Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik