Projekt 08974/01

Förderschwerpunkt Bioabfallverwertung: Entwicklung und Nutzbarmachung eines direkten und spezifischen Nachweissystems zur schnellen Erfassung von luftgetragenen Mikroorganismen-Emissionen aus Bioabfallbehandlungsanlagen (2)

Projektdurchführung

Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) Institut für Angewandte Mikrobiologie FB 09
Heinrich-Buff-Ring 26 - 32
35392 Gießen

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Ziel des Vorhabens war die Entwicklung einer neuen Methode zur gezielten Erfassung von luftgetragenen Mikroorganismen-Emissionen aus Bioabfallbehandlungsanlagen. Mikrobielle Emissionen stellen eine relevante Belastung für Mensch und Umwelt im Umfeld von Kompostwerken dar. Klassische Methoden der Analyse von luftgetragenen Organismen erfassen lediglich die vermehrungsfähige Fraktion. Anzahl und Art der Mikroorganismen sollten mit direkten fluoreszenzmikroskopischen Analysen ermittelt werden. Angestrebt war die Entwicklung routinemäßig durchführbarer Verfahren zur Bestimmung der Gesamtzellzahl und zur kultivierungsunabhängigen Erfassung von Leitorganismen durch in situ-Hybridisierung mit spezifischen Nukleinsäuresonden.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenFür die Sammlung der Aerosole waren geeignete Sammelgeräte zu ermitteln. Die Luftproben wurden während verschiedener Aerosol bildender Aktivitäten in einer Kompostierungsanlage mit Filtrationssammlern, Impinger und Impaktor gesammelt. Zur Erfassung der Gesamtzellzahl wurden die Zellen auf Filtern mit einem DNS-spezifischen Farbstoff (DAPI) visualisiert. Die spezifische Detektion von Leitorganismen aus dem Kompostbereich sollte durch Fluoreszenz-in situ-Hybridisierung (FISH-Technik) geschehen. Dazu wurden spezifische rRNS-gerichtete Oligonukleotidsonden für ausgewählte thermophile Aktinomyzeten entworfen und ihre stringenten Hybridisierungsbedingungen experimentell überprüft. Die FISH-Methode musste für den Nachweis von luftgetragenen Aktinomyzeten spezifisch modifiziert werden, insbesondere durch die Entwicklung spezieller Permeabilisierungsverfahren für die Zellwände. Einige der neuen Oligonukleotidsonden wurden als PCR-Primer eingesetzt. Die Bedingungen für den spezifischen Einsatz in der PCR (Polymeraseketten-Reaktion) wurden mit extrahierter DNA aus Positiv- und Negativkontrollstämmen für Thermoactinomyces- und Saccharomonosporaspezifische Primer ermittelt. Nach einem auf Kompostproben ausgerichteten DNA-Extraktions-Protokoll wurde DNA aus Kompost- und Luftproben von Kompostierungsanlagen mittels PCR unter Verwendung des TAM-Primers untersucht. Mit PCR-Amplifikaten (TAM-Primer) der DNA-Extrakte aus einer Mischprobe verschieden alter Komposte wurden Klone hergestellt, deren Sequenzen analysiert und mit Referenzsequenzen verglichen wurden.


Ergebnisse und Diskussion

Filtration und Impingement waren im Rahmen der vorliegenden Gegebenheiten für die Aerosolsammlung vergleichbar gut geeignet. Durch DAPI-Färbung der aus Aerosolen gesammelten Zellen, ließ sich die Gesamtzellzahl unabhängig vom Sammelverfahren direkt, einfach und schnell bestimmen. Im Ver-gleich zu kultivierungsabhängigen Detektionsverfahren werden hierbei auch tote sowie lebende, aber nicht vermehrungsfähige Zellen, erfasst und im Mittel um eine Zehnerpotenz höhere Zellzahlen ermittelt. Für den spezifischen Nachweis thermophiler Aktinomyzeten wurden für die Gattungen Thermoactinomyces, Saccharomonospora und Nocardiopsis genusspezifische, für die Art Saccharopolyspora rectivirgula speziesspezifische und für ausgewählte thermophile Streptomyzeten gruppenspezifische 16S rRNS-gerichtete Oligonukleotidsonden entworfen. Für alle Sonden wurden die erforderlichen stringenten Hybridisierungsbedingungen experimentell ermittelt. Um die rigide Zellwand der Aktinomyzeten für die FISH-Sonden permeabel zu machen, wurde ein schnell durchführbares Lyseverfahren, das 1,0 M HCl verwendet, entwickelt. Derart wurde die Anwendung der FISH-Technik bei jungen Zellen von 9 getesteten Aktinomyzeten-Gattungen möglich. Für ältere Aktinomyzetenzellen und Sporen konnte dagegen noch kein einheitliches, ausreichend wirksames Lyseverfahren entwickelt werden. Aus diesem Grund war ein routinemäßiger Nachweis von thermophilen Aktinomyzeten in Aerosolproben von Kompostie-rungsanlagen, in denen in den meisten Fällen das Vorkommen von älteren Zellen und Sporen überwiegt, mit der FISH-Technik noch nicht problemfrei möglich. Thermoactinomyces- und Saccharomonospora-spezifische Gensonden wurden zudem als Primer in einer PCR eingesetzt und die spezifischen Annealing-Temperaturen für beide Primer mit Kontrollstämmen bestimmt. In 6 von 8 Kompost- und 3 von 5 Luftproben einer Kompostierungsanlage konnte mit dem entwickelten Thermoactinomyces-spezifischen Primersystem das Vorkommen von Organismen der Gattung Thermoactinomyces nachgewiesen wer-den. Die Thermoactinomyces-spezifischen 16S rDNA-Abschnitte aus DNA-Extrakten einer Mischprobe verschieden alter Komposte wurden mittels PCR amplifiziert und das Amplifikat anschließend kloniert. Die Sequenzen aller erhaltenen Klone ließen sich zweifelsfrei der Gattung Thermoactinomyces zuord-nen und bestätigten damit nochmals die hohe Spezifität dieses Oligonukleotids.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Das Projekt wurde in Form wissenschaftlicher Poster bei den VAAM-Jahrestagungen 2001 und 2003, sowie bei dem 2nd European Symposium on Aerobiology 2000, dem 12th International Symposium on the Biology of Actinomycetes 2001, der 9th Conference of the Gesellschaft für Hygiene und Umweltmedizin 2001, dem 7th World Congress on Biosensors 2002 und dem 1st FEMS Congress of European Microbio-logists 2003 präsentiert. In Vorträgen wurde das Projekt 2000 auf dem 2nd European Symposium on Aerobiology, der Konferenz Microbiology of Composting and other thermogenic bioprocesses und 2004 auf der VAAM-Jahrestagung vorgestellt. Neben der Publikation von Neef, A., Schäfer, R., Beimfohr, C. und Kämpfer, P. (2003): Fluorescence based rRNA sensor systems for detection of whole cells of Saccharomonospora spp. and Thermoactinomyces spp.; (Biosensors and Bioelectronics, 18, 565-569) sind für 2004 noch folgende Publikationen geplant: Development of rRNA-targeted oligonucleotide probes for the detection of thermophilic actinomycetes originating from composting facilities und Specific PCR assay for detection of Thermoactinomyces in compost material and aerosols originating from compost plants.


Fazit

Für die Gesamtzellzahlermittlung in der Luft von Kompostierungsanlagen steht mit DAPI-Färbung und Fluoreszenzmikroskopie eine schnelle, sichere und mit geringem Materialaufwand durchführbare Detektionsmethode zur Verfügung. Mit Anwendung des Lyseprotokolls für jüngere Aktinomyzetenzellen lassen sich mit den neu entworfenen rRNA-gerichteten Gensonden jüngere Zellen von Thermoactinomyces, Saccharomonospora, Nocardiopsis, Saccharopolyspora rectivirgula und ausgewählte thermophile Streptomyzeten spezifisch nachweisen. Für die Permeabilisierung älterer Aktinomyzetenzellen und Sporen besteht noch Entwicklungsbedarf. Die in dem Projekt entwickelten Nachweissysteme für Saccharomonospora und Thermoactinomyces mittels PCR können direkt von Umwelt- und Diagnostik-Laboratorien angewendet werden. Bei Anwendung dieser Systeme mit der Realtime-PCR ließe sich der Nachweis von Thermoactinomyces auch quantitativ und schnell mit einer größeren Probenzahl führen.

Übersicht

Fördersumme

347.270,98 €

Förderzeitraum

01.09.1999 - 30.04.2004

Bundesland

Hessen

Schlagwörter

Landnutzung
Ressourcenschonung
Umwelttechnik