Förderschwerpunkt Bioabfallverwertung (3): Modellhafte Entwicklung eines komplexen biotechnologischen Verwertungsverfahrens zur Gewinnung von neuartigen Produkten mit hoher Wertschöpfung aus biogenen Abfällen
Projektdurchführung
Institut für Getreideverarbeitung (IGV) GmbH
Arthur-Scheunert-Allee 40 - 41
14558 Bergholz-Rehbrücke
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Biogene Abfälle verursachen in Gewässern und im Boden die unkontrollierte Entwicklung von pathogenen Keimen, unerwünschten Algen und Cyanobakterien. Die möglichst vollständige Bioabfallverwertung und Rückführung in den Stoffkreislauf wird eine immer drängendere ökologische und ökonomische Herausforderung an Wissenschaft und Industrie.
Das Projekt beinhaltete die modellhafte Entwicklung eines komplexen biotechnologischen Verwertungsverfahrens, bei dem am Beispiel von Schweinegülle, Biogasfaulschlamm, Schlachtabfällen der Tier- und Fischproduktion, biogene Abluft und Abluftwaschwasser die organischen Verbindungen der Bioabfälle mit Hilfe einer zoologischen Komponente in den Wertstoff Insektenchitosan bzw. Glukosaminsulfat und die anorganischen Verbindungen mit einer botanischen Komponente in den Wertstoff Algenbiomasse ge-wandelt werden. Die durch die Bioabfallverwertung gewonnenen Wertstoffe waren zu charakterisieren und Applikationsmöglichkeiten zu untersuchen.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDas Projekt wurde in zwei Etappen durchgeführt:
Etappe I
Entwicklung und Bau einer Laboranlage für die Verwertung von Gülle, Biogasfaulschlamm bzw. Schlachtabfällen
- Untersuchungen zur Trennung von Gülle und Biogasfaulschlamm in Feststoff und Flüssigphase,
- Analyse von zu verwertenden Schlachtabfällen,
- Untersuchungen zur Zucht von Fliegenlarven verschiedener Species auf dem Feststoff,
- Screening von Mikroalgen für die Kultivation und Anpassung des Verfahrens für die Kultivation auf dem Extremmedium Flüssigphase,
- Entwicklung und Aufbau der Laboranlagen,
- Gewinnung und Analyse der Wertstoffe im Labormaßstab,
- Isolierung, Modifizierung und Charakterisierung von Insektenchitin und -chitosan im Vergleich zu Crustaceenchitosan,
- Vorbereitende Untersuchungen zu den Applikationstests.
Etappe II
Entwicklung einer kleintechnischen Versuchsanlage
- Aufbau, Erprobung und Prozessoptimierung der Anlage unter realen Bedingungen und Korrektur der technischen Lösungswege anhand der Erprobungsergebnisse
- Schließung der Zyklen für Wasser, Gas, organische und mineralische Elemente
- Produktion der Rohstoffe für die Applikationstests aus Insekten-Chitin, Insekten- und Algenbiomasse
- Optimierung der chemischen, enzymatischen und chemisch-enzymatischen Gewinnung von Chitin, Chitosan und Glucosaminsulfat im kleintechnischen Maßstab,
- Analytische Charakterisierung und Standardisierung des Insekten-Chitosans,
- Applikationsuntersuchungen.
Ergebnisse und Diskussion
Schweinegülle, Biogas-Faulschlamm einer Biogasanlage, Schlachtabfälle aus der Tier- und Fischproduktion, die Abluft einer Larvenkultivationsanlage und das Waschwasser eines Abluftwäschers wur-den als modellhafte biogene Abprodukte analysiert, teilweise fraktioniert und modifiziert. (FFG, IGV) Zu deren Verwertung wurde eine komplexe Technologie entwickelt und im kleintechnischen Maßstab realisiert.
Die Feststoffe der Gülle und des Biogasschlamms und die Abfälle aus Tier- und Fischproduktion wurden zur Zucht von Fliegenlarven der Gattungen Musca, Lucilia, Calliphora und Sarcophaga genutzt. Diese wandelten die organischen Bestandteile der Abprodukte u. a. in die Wertstoffe Cuticula, Protein und Fett. (IBAU)
Die flüssigen Abprodukte und das Abgas wurden mit Hilfe der Mikroalgenbiotechnologie verwertet. Die Algen wandelten durch Photosynthese das Ammonium, Phosphat und andere Ionen in Biomasse. (IGV)
Zur Realisierung dieser biologischen Verwertung von biogenen Abprodukten wurden eine Labor- Zucht-box und eine Pilotanlage zur Massenzucht von Fliegenlarven, sowie ein 50 L- Labor-Photobioreaktor und ein 240 L- Photobioreaktor entwickelt und zur Verwertung der Abprodukte und Larven- bzw. Algen-Biomasse-Produktion eingesetzt. (IBAU, IGV)
Die gewonnen Biomassen wurden weiterverarbeitet, modifiziert, charakterisiert und in Applikations-Untersuchungen getestet. (FFG, IFZB, BILB, ABVT, ALVITO, PANINKRET)
Die Verarbeitung und Verwertung der Larven- und Algentrockenbiomasse in Pellets von Ferkelstarterfutter konnte technologisch realisiert werden. Die Effekte entsprachen aber nicht den Erwartungen, was auf zu hohe Dosierungen zurückzuführen sein könnte. (FFG)
Aus den Larvenhüllen der Calliphora wurden Chitine und Chitosane isoliert. (IFZB)
Zum Vergleich wurden solche anderer Herkünfte - Euphausia Krill, Pandalus Schrimps, Panalurus Hum-mer, Paenaeus Garnelen und Sylla Krabben - gewonnen und charakterisiert. Es zeigte sich, dass die Spektren des Insekten- und Crustaceen-Chitosan vergleichbar sind. Insekten-Chitosan konnte unter milderen Bedingungen als Crustaceen-Chitosan mit vergleichbarem durchschnittlichen Molekulargewicht und Deacetylierungsgrad gewonnen werden. Das niedrig kristalline Insekten-Chitin ermöglicht ein Chitosan mit hohem Deacetylierungsgrad und gleichzeitig mit hohem Molekulargewicht. Filme aus Insekten-Chitosan zeigten höhere Festigkeiten als die aus Crustaceen-Chitosan. Für die Projektpartner konnten 600 g Chitosan bereitgestellt werden. (IFZB)
Im Vergleich zu den chemische Methoden der Chitosangewinnung wurde ein enzymatisch-chemischen Verfahren entwickelt, hinsichtlich Enzym- und Reagenzienbedarf optimiert und in den halbtechnischen Maßstab überführt. Es konnte reproduzierbar Fliegenlarvenchitosan definierten Molekulargewichtes mit verringertem Kalkgehalten hergestellt werden. (BILB)
Die Applikationsuntersuchungen zeigten, dass sich Larvenchitosan-Glutardialdehyd-Partikel zur Niederdruckchromatographie eignen, wobei gereinigtes Chitosan deutlich bessere Werte erzielte, als ungereinigtes. Mit den verfügbaren Geräten können jedoch noch nicht hinreichend kleine Partikel für chromatographische Anwendungen erhalten werden. (ABVT)
Bei den Untersuchungen zum Einfluss von Chitosan auf das Wachstumsverhalten tierischer Zellen unter in vitro Bedingungen zeigte sich, dass Folien aus Fliegenlarven-Chitosan im Gegensatz zu denen aus Crustaceen keinen negativen Einfluss auf den Zellmetabolismus von HEP-G2 Zellen haben, dass sie sogar das Zellwachstum fördern und bevorzugt werden. (ALVITO).
Bei den vergleichenden Applikationsuntersuchungen zur Gewinnung von Glucosaminsulfat erwies sich die Larven-Cuticula als bedeutend stabiler, konnte nur zu geringen Teil in konzentrierter Schwefelsäure in Lösung gebracht werden. Es ist notwendig, möglichst schonend aufgearbeitetes Chitin für die Glucosaminsulfatherstellung einzusetzen. (Paninkret).
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Poster und Abstract im Tagungsband:
R. Storandt, V. Sasse, O. Pulz, et al. Modellhafte Entwicklung eines komplexen biotechnologischen Verwertungsverfahrens zur Gewinnung von neuartigen Produkten mit hoher Wertschöpfung aus biogenen Abfällen. Initiativen zum Umweltschutz 10 Bioabfallverwertung; Ergebnisse des Förderschwerpunktes/ DBU Osnabrück, 1998
Fazit
Mit dem Projekt konnte die Verwertbarkeit von anorganischen Frachten aus biogenen Abprodukten an den Beispielen Gülle, Biogasschlamm, deren Feststoffe, Schlacht- und Fischabfälle, Abluft und Abluft-Waschwasser der Larvenzucht im Labor- und halbtechnischen Maßstab nachgewiesen und ein entsprechendes komplexes Verfahren entwickelt werden. Für die gewonnenen biologischen Produkte wurden teilweise interessante Applikationsmöglichkeiten und technologisch lösbare Konzepte entwickelt. Es wurde sowohl eine Stoff- und Energiebilanz sowie ein Kostenvergleich am Beispiel Glucosamin in Abhängigkeit von den Entsorgungskosten dargestellt.
Fördersumme
408.698,61 €
Förderzeitraum
16.01.1998 - 28.06.2001
Bundesland
Brandenburg
Schlagwörter
Klimaschutz
Landnutzung
Naturschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik