Förderschwerpunkt Bioabfallverwertung (2): Optimierung der an Ausländer gerichteten Öffentlichkeitsarbeit zur Einführung der Biotonne am Beispiel der Stadt Stuttgart
Projektdurchführung
ÖKONSULTConsulting für Ökologie und Kommunikation
Sophienstr. 19
70178 Stuttgart
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Ziel des Projektes war es, ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger bei der Einführung der Biotonne in der kommunalen Öffentlichkeitsarbeit so zu integrieren, dass Ihr Bewusstsein für dieses Thema verbessert und ihre Teilnahmequote an der Biomüllsammlung möglichst erhöht wird. Dazu sind sprach-, kultur- und sozialspezifische Voraussetzungen zu berücksichtigen. Angesichts der Tatsache, dass in deutschen Großstädten inzwischen bis zu 25 % und mehr nicht-deutsche Einwohner/innen leben, sollte für diese Zielgruppe eine spezielle Kommunikationsstrategie entwickelt werden. Anlass des Projektes bietet die Einführung der Biotonne in der Landeshauptstadt Stuttgart.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten Methoden1. Informationsbeschaffung / Umfrage
- Konkretisierung der Planung und Abstimmung mit den Kooperationspartnern
- Auswahl der Stadtteile in Absprache mit der Stadt Stuttgart
- Sichtung der verfügbaren Quellen, bundesweite Recherche bei kommunalen Abfallexperten
- Umfrage unter ausländischen Mitbürger/innen in Stuttgart
- Entwicklung einer Kommunikationsstrategie
2. Pilotversuch in Stuttgart
- Die in der ersten Phase entwickelte Kommunikationsstrategie wird in einem Stadtteil Stuttgarts umgesetzt und getestet. Dabei sollten vor allem innovative Ansätze oder herkömmliche Methoden in neuen Zusammenhängen zur Anwendung kommen.
3. Leitfaden für andere Kommunen
Als Ergebnis des Projektes wurden Handlungsempfehlungen für Kommunen erarbeitet, die in einem bun-desweit verteilten Leitfaden übersichtlich zusammen gefasst wurden.
Ergebnisse und Diskussion
Bausteine des Projekts im Überblick
· Bundesweite Recherche zu den Erfahrungen anderer Kommunen beim Thema abfallbezogene Öffentlichkeitsarbeit und ausländische Bevölkerung
· Befragung ausländischer Haushalte im Stuttgarter Stadtteil Bad Cannstatt
· Haushaltsanschreiben in jeweiliger Muttersprache zur Einführung der Biotonne gezielt an nicht-deutsche Haushalte
· Mehrsprachige Informationsbroschüre an alle Biotonnen-Nutzer
· Farbige Aufkleber für Vorsortiergefäße bildhaften Sortierhinweisen
· Presseartikel in italienischen, griechischen und türkischen Medien in Stuttgart
· Presseartikel in deutschsprachigen Medien
· Hörfunkbeitrag im Ausländerradio
· Angebot von Info-Veranstaltungen mit ausländischen Kulturvereinen
· Schulstunden in Klassen mit hohen Ausländeranteilen
· Infoverteilung an Kinderarztpraxen
· Gezielte Ansprache von Wohnbau- und Verwaltungsgesellschaften
· Infoveranstaltung mit Hausmeister/innen
Aktion mit Gemüsehändlern als Multiplikatoren
Anpassung der klassischen Medien der Öffentlichkeitsarbeit für die Zielgruppe:
Um die Zielgruppe der nicht-deutschen Bevölkerung bei der Einführung der Biotonne optimal anzusprechen, ist es notwendig, die klassischen Medien und Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit entsprechend anzupassen. Dazu gehören mehr muttersprachliche Informationen, eine möglichst verständliche und klare Sprache. Weiter ist eine bildgestützte Kommunikation zu empfehlen.
Über 90 Prozent der interviewten Personen hielten es für sinnvoll und wichtig, dass Migrant/innen in ihrer jeweiligen Muttersprache über kommunale Angelegenheiten informiert werden (Informationsschriften der Stadt, Einbeziehung fremdsprachiger Medien etc.)
Öffentlichkeitsarbeit über Multiplikatoren:
Die bei uns lebenden Migrant/innen sprechen sehr viele verschiedene Sprachen. Vor allem die Älteren der ersten Generation mit eingeschränkten Deutschkenntnissen sind über die herkömmlichen Wege der Öffentlichkeitsarbeit nur bedingt zu erreichen. Bei der Befragung rangierte der Wunsch nach persönlicher Information an erster Stelle. Dies sollte jedoch vorrangig durch bekannte Personen und weder durch Fremde noch an der Haustüre geschehen. Auch unter Kostengesichtspunkten sollte deshalb versucht werden, den Kontakt zu ihnen über Multiplikatoren zu suchen.
Spezielle Maßnahmen für Großwohnanlagen:
Die bundesweite Recherche bei verschiedenen Kommunen hat eindeutig gezeigt, dass vor allem in stark verdichteten, innerstädtischen Bezirken Probleme mit der Abfallsortierung auftreten. Dies liegt nach übereinstimmender Aussage der Entsorgungsträger vor allem an der Sozialstruktur in diesen Gebieten. Um bei diesen ungünstigen Rahmenbedingungen Akzeptanz für abfallwirtschaftliche Maßnahmen zu gewinnen, sollten spezielle Konzepte zur Öffentlichkeitsarbeit für Großwohnanlagen entwickelt werden. Dabei spielen die Hausmeister/innen als Multiplikatoren eine Schlüsselrolle.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Zur Verbreitung der Projektergebnisse soll der Leitfaden mit den Handlungsempfehlungen für Kommunen (s. o.) über den deutschen Städtetag, den Landkreistag und den Verband der kommunalen Stadtreinigungsbetriebe verteilt bzw. angeboten werden. Hinzu kommt noch die Bewerbung des Leitfadens über einschlägige Medien.
Fazit
Bei der an die ausländische Bevölkerung gerichteten Öffentlichkeitsarbeit ist es unabdingbar, die einzelnen Bausteine nicht isoliert durchzuführen, sondern in ein umfassendes Gesamtkonzept einzupassen, das seinerseits in das Integrationskonzept der Kommune eingebettet ist. Vereinzelte Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit mit der Zielgruppe Migrant/innen können aufgrund der Rahmenbedingungen in der Kommunikation mit der Stadtverwaltung scheitern, da sie als isoliert wahrgenommen werden und ihre Zielrichtung gegebenenfalls falsch interpretiert wird. Die Einbettung der abfallbezogenen Öffentlichkeitsarbeit in ein integrationspolitisches Gesamtkonzept sehen wir als eine wichtige Voraussetzung für eine weitgehende und effektive Vermittlung der abfallwirtschaftlichen Inhalte an diese große Minderheit in deutschen Kommunen. Vor allem die erfolgreiche Einbeziehung von Multiplikatoren hängt stark von der Existenz eines schlüssigen Integrationskonzeptes ab.
Fördersumme
96.122,87 €
Förderzeitraum
17.03.1997 - 21.06.2000
Bundesland
Baden-Württemberg
Schlagwörter
Ressourcenschonung
Umweltkommunikation