Projekt 08311/01

Entwicklung einer Reifendruckregelanlage für landwirtschaftliche Traktoren und Fahrzeuge

Projektdurchführung

Fachhochschule Südwestfalen Hochschule für Technik und Wirtschaft Agrartechnik in der Agrarwirtschaft Soest
Lübecker Ring 2
59494 Soest

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Land- und forstwirtschaftliche Traktoren, Anhänger und Arbeitsmaschinen fahren auf Straßen und Wegen und befahren und arbeiten auf Feldern. Im Bestreben kostengünstig zu arbeiten, nimmt die Maschinen- und Transportmasse und die Geschwindigkeit zu. Die Reifen, als Verbindung zwischen Boden und Technik haben unterschiedliche Anforderungen zu erfüllen: zum besseren Bodenschutz auf dem weichen Acker haben Reifen groß, breit und weich zu sein; auf der harten Straße sind harte Reifen für bessere Seitenführung, guten Wirkungsgrad und niedrigen Dieselverbrauch wichtig.
Die Reifenbetriebseigenschaften ändern sich mit dem Reifeninnendruck, z. B. vergrößert sich die Reifenkontaktfläche zum Boden mit dem an die Last und Geschwindigkeit angepassten, niedrigen Reifendruck. Damit wird die Druckbelastung des Bodens aufgrund der größeren Aufstandsfläche vermindert. Die Spur wird flacher und ertragschädliche Bodenverdichtungen werden vermieden.
Mit der Entwicklung eines automatischen Reifenreglers für die Landwirtschaft soll das umweltrelevante Verbesserungspotenzial moderner Traktorreifen zum Stand der Technik gemacht werden.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenMit einer Datensammlung zu Traktoren- und Anhängerreifen erstellen wir eine Bestandsaufnahme der verfügbaren Technik.
Aus Praktikergesprächen, der wissenschaftlichen und anwenderorientierten Literatur, dem Austausch mit Landtechnik- und Reifenherstellern und der Prüfung der im Markt erhältlichen Reifendruckregelanlagen für Landwirte, das Militär und für Ölbohrfahrzeuge tragen wir ein Pflichtenkatalog für eine praxisgeeignete, automatische Reifendruckregelung zusammen.
Mit innovativer Messtechnik für Zugkraft, Schlupf, Dieselverbrauch und Erschütterungen auf Acker und Straße bei unterschiedlichen Reifendrücken und verschiedenen Reifen auf dem Traktor erstellen wir Messdaten für Zugkraftbedarf, Dieselverbrauch und Fahrkomfort. Daraus bilden wir ein Kosten/Nutzenmodell, mit dem wir den zukünftigen Reifenregler bezüglich Investitionskosten bewerten.
Konzept, CAD - Zeichnung, Bau von Prototypen und Erprobung auf dem Prüfstand und in der Praxis werden zu dem Angebot für Landtechnikhersteller, Landwirte und Lohnunternehmer führen, einen automatischen Reifenregler einzusetzen.
Mit Hilfe der Finiten - Elemente - Methode werden wir die Entwicklungszeit verkürzen und wollen einen praxisgeeigneten und preisgünstigen Reifenregler zur Agritechnica 2003 vorstellen.
Reifenhersteller, Traktor- und Landtechnikhersteller können den Reifenregler bauen und vermarkten. Weitere Informationen finden Sie im Internet unter www.reifenregler.de.


Ergebnisse und Diskussion

Bei konventionellen Bestellarbeiten mit dem Zugtraktor werden auf dem Acker mit dem richtigen Reifendruck ca. 10 % Diesel bei gleicher Arbeitsleistung gespart. Üblicherweise wird auf dem Acker beim Traktor (noch) mit dem Luftdruck im Reifen für schnelle Straßenfahrt und hohe Last von beispielsweise 1,6 bar gearbeitet. Der harte Radialreifen fräst sich mit mehr Schlupf durch den Boden, vertieft die Spur durch weniger Reifenstollen im Bodeneingriff und verstärkt mit der kleineren Bodenkontaktfläche den Bo-dendruck. Straßendruck im Traktorreifen verschlechtert Fruchtbarkeit, Energiebilanz, Porenvolumen, Wasserinfiltrationsvermögen und Gasaustausch.
Mit dem neuen Reifenregler wird der höhere Reifendruck für die Straße und der niedrige Reifendruck auf dem Acker eingestellt. Auf der Straße wird der Rollwiderstand vermindert, Kipp-, Lenk- und Bremssicherheit verbessert. Auf dem Acker oder dem Grünland wird am Traktor der richtige Reifendruck von beispielsweise 0,8 bar gewählt und eingestellt. Der Schlupf bei schweren Zugarbeiten kann mit den langen Radialreifen halbiert werden. Die Spurtiefe im bestellfähigen Ackerboden wird um ein Drittel vermindert. Der Wirkungsgrad und damit der Dieselverbrauch in der Traktion verbessert sich durch den Reifenregler auf Acker und Straße.
In umfangreichen Vergleichsmessungen wurden auf der Straße mit Traktoren der 200 PS Klasse und angehängtem 25 m³ Güllefass und dem vom Reifenhersteller empfohlenen Straßendruck von 4 bar Dieseleinsparungen von 8 % bei gleicher Arbeit gemessen. Auf dem nachgiebigen Acker wurde die Spurtiefe mit dem empfohlenen niedrigen Reifendruck von 1,5 bar halbiert, der Dieselverbrauch sank bei gleicher Zugarbeit um 23 %. Es addieren sich beim Nutzen zwei wirkungsgradbestimmende Effekte: Halbierte Spurtiefe durch doppelte Bodenkontaktfläche mit weniger Bulldozingeffekt (Erdkeil vor dem Reifen) und bessere Zugkraftabstützung (weniger Schlupf) mit mehr Stollen im Bodeneingriff beim Zugtraktor.
Zusammengefasst ausgedrückt: Mehr Zugkraftangebot bei richtigem Reifendruck auf dem Acker trifft auf weniger Zugkraftbedarf durch verminderte Spurtiefe, weniger Bodenverformung und weniger Rollwiderstand.
Die Investitionskosten (Stand 2005) für einen nachgerüsteten Reifenregler beim Traktor erreichen ca. 4.000 € mit der Luftführung über den Kotflügel, Steuerung aus der Kabine und installierter Druckluftbeschaffung. Dabei sind die Lohnkosten für den nachträglichen und traktorspezifischen Einbau ein wichtiger Kostenfaktor. Bei der optisch ansprechenden Technik des nachrüstbaren Reifenreglers mit einem in der Felgen montierten Drehübertrager ist mit 6.000 € zu kalkulieren.
Für die Erstausrüstung in der Traktorfabrik mit einem in der Achse geschützt montierten Drehübertrager und Reifendruckwahl nach Fahrbahn sind Herstellkosten von 2.000 € zu erwarten. Damit dürfte ein Reifenregler in der Fabrikmontage dem Landwirt und Dienstleister für 4.000 € angeboten werden können.
Beim Traktor mit über 800 Jahresstunden Betriebszeit und dem typischen täglichen oder mehrmals täglichen Fahrbahnwechsel Acker : Straße rentiert sich der neue Reifenregler in zwei Jahren bei einer Nachrüsttechnik und in einem Jahr bei der konstruktiv eingeplanten Ausrüstung in der Traktorfabrik.
Die Nachrüstung von Praxistraktoren ist sinnvoll, damit Landwirte und Lohnunternehmer den teureren Diesel besser nutzen, eigene Erfahrungen beim sorgfältigen Umgang mit dem Boden sammeln und die Nachfrage nach Reifenreglern in der Erstausrüstung beim Neukauf des Traktors in Gang kommt.
Mit steigender Nachfrage nach Reifenreglern wird sich ein Traktorhersteller (zeitweise) eine Alleinstellung verschaffen, indem er eine in die Achsen, die Armaturen und die Steuerung integrierte Technik des Reifenreglers anbietet. Gespräche mit Traktorherstellern anhand der Prototypen sind im Gange.
Die Praxiseinführung der Reifenregler ist im Innovationsprozess auf breiter Basis zu erwarten.
Das Interesse bei den Akteuren als Pionierlandwirten ist geweckt, die höheren Dieselpreise und der bessere Umgang mit dem Boden dürften zu steigender Nachfrage nach Reifenreglern führen.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die wichtigen Akteure, seien es Forscher, Konstrukteure für Technik und Reifen, Vertriebsleute, Fachjournalisten und einige Anwender sind bei der Innovation Reifenregler miteinander im Gespräch.
Dazu beigetragen haben ca. 80 Vorführungen in den letzten drei Jahren für Praktiker, Vorträge, 25 Fachzeitschriftenartikel, persönliche Gespräche zur Traktion und die Internetseite Reifenregler.de.
Diese Informationstransferarbeit sollte intensiv weitergeführt werden.


Fazit

Der neu vorgestellte Reifenregler bei Traktoren und Erntemaschinen verbindet Ökologie mit Ökonomie. Der Wirkungsgrad bei der Energieumwandlung im Traktoreinsatz wird deutlich verbessert, der Boden wird schonender befahren und Mensch und Maschine sind komfortabler und sicherer unterwegs.
Der Reifenregler ist auf dem Weg zu den Praktikern und wird sich durchsetzen.

Übersicht

Fördersumme

314.904,67 €

Förderzeitraum

01.07.2001 - 30.06.2004

Bundesland

Nordrhein-Westfalen

Schlagwörter

Klimaschutz
Landnutzung
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik