Innovative Gebäudekühlung in einem Bürogebäude im Passivhaus-Standard
Projektdurchführung
Software AG - Stiftung
Am Eichwäldchen 6
64297 Darmstadt
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Im Rahmen der Konzipierung des weltweit größten Bürogebäudes im Passivhaus-Standard wurde entschieden, im Bereich der Gebäudekühlung / Wärmeabfuhr einen innovativen Weg zu gehen. Dabei sollten in erster Linie Maßnahmen getroffen werden, die die solaren und internen Wärmeeinträge möglichst gering halten. Für die aufgrund von Simulationsrechnungen notwendige zusätzliche Wärmeabfuhr soll der Einsatz von regenerativer Energie genutzt werden.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenFür das Vorhaben Entire Solar Architecture ist folgendes integrale Konzept zur Minimierung des Kühlbedarfs vorgesehen: a) Dimensionierung der Fensterflächen primär nach Kriterien guter Tageslichtnut-zung, b) Außenliegende Sonnenschutzjalousien mit Möglichkeiten zur Lichttransmission im oberen und Abschattung im unteren Fensterbereich, zentral und raumweise bedienbar, c) Effizienzoptimiertes Kunstlichtkonzept mit tageslichtabhängiger Steuerung der Beleuchtung sowie konsequenter Einsatz von stromsparender Installations- und Bürotechnik, d) Möglichkeiten zur Fensterlüftung in den Aufenthaltsräumen wie Büros, Seminar- und Besprechungsräumen, Cafeteria, e) Möglichkeiten zur Luftvorkühlung der mechanischen Frischluftzufuhr, f) Großflächige wärme-/kältespeichernde Bauteilmassen in den Räumen durch die nicht abgehängte Betondecke und Zementestrich am Fußboden. Aufgrund von Simulationsrechnungen hat sich gezeigt, dass sich trotz der oben geschilderten Maßnahmen zu Reduktion und Management interner und solarer Wärmelasten deutlich höhere Tagesmittelwerte als im Wohnbereich ergeben, sie liegen bei 20 W/m2 in Büroräumen und 35 W/m2 bei ganztägig genutzten Seminarräumen. Im Wohnbereich liegen diese Werte zwischen 2 bis 5 W/m2. Trotz des Einsatzes wärmespeichernder Baumassen reicht in unserem Fall ein Konzept der freien Nachtlüftung zur Einhaltung eines akzeptablen thermischen Raumklimas nicht aus. Zusätzlich sind die sicherheitstechnischen Fragestellungen bei solchen passiven Nachtkühlungskonzepten zu bedenken. Für die gezielte und ausreichend leistungsfähige Wärmeabfuhr wurden deshalb die bereits aufgeführten Maßnahmen um das System der Betonkerntemperierung ergänzt. Dabei handelt es sich um ein im unteren Teil der Deckenbewährung verlegtes Rohrsystem, das mit temperiertem Wasser beschickt wird. Auf diese Weise erwärmt sich das Wasser beim Durchfließen der Rohre in den Büroräumen und sorgt so für die notwendige Wärmeabfuhr. Das aufgewärmte Wasser wird dann durch rund um das Gebäude liegende Erdsonden (ca. 40 Stück jeweils 100m) über Wärmetauscher rückgekühlt. So kann eine mit regenerativer Energie und sehr geringem Pumpenstromeinsatz betriebene Kühlung realisiert werden. Aufgrund der hier beschriebenen Maßnah-men rechnen wir mit jährlichen Verbrauchskosten für Heizung, Kühlung und Lüftung in Höhe von 1 Euro/m2 Nutzfläche. Der prognostizierte Strombedarf liegt rund 50 % unter den Bedarfswerten eines kon-ventionell ausgerüsteten Bürogebäudes.
Ergebnisse und Diskussion
Die Baumaßnahme wurde im April 2001 begonnen und am 31.10.2002 feierlich eingeweiht. Restarbeiten und Mängelbeseitigung wurden vor kurzem abgeschlossen, so dass jetzt von einer Fertigstellung gesprochen werden kann. Nach Aussage von Prof. Obert (Steinbeiss-Transferzentrum) gibt es keine technischen Abweichungen gegenüber den Erwartungen. Im Zuge der Baumaßnahme wurden über 200 Fühler, Sensoren und Messgeräte verbaut, die uns Daten über das Temperaturverhalten, Luftströmungen und Kühlleistungen des Erdwärmetauschers und der Erdsonden liefern.
Erste positive Erfahrungen mit den Tageslichtverhältnissen und dem sommerlichen Raumklima im Atrium bestätigen die Richtigkeit der Auswahl der transparenten Folienrollos als Sonnenschutz für das Glasdach. Dies ist von besonderer Bedeutung, da die gesamte Zuluft über das Atrium geführt wird. Ein geeigneter Sonnenschutz mindert die Erwärmung, lässt aber ausreichende Tageslichtverhältnisse in den an das Atrium angrenzenden Büros zu. Demnach wird die Notwendigkeit der Gebäudekühlung auf ein Mindestmass reduziert.
Die Dimensionierung der Erdsonden ist ausreichend und die Gebäudekühlung effizient. Lediglich ein geringer Aufwand an Pumpenstrom ist erforderlich, um das Gebäude auch im Extremsommer 2003 angenehm temperiert zu halten.
Mit den hier beschriebenen Baumassnahmen wird jährlich der Ausstoß an CO2 um 175 Tonnen gesenkt.
Im Rahmen einer Diplomarbeit wurde an der Fachhochschule Ulm ein Vergleich der Wirtschaftlichkeit von Erdsonden, Luft/Erd-Registern und Fernkälte/Fernwärme durchgeführt. Hier wurden insbesondere die Daten der Erdsonden am Energon mitverwertet. Das Ergebnis dieser Studie macht deutlich, dass Erdsonden nicht nur die deutlich wirtschaftlichste Lösung darstellen, sondern ebenso die Variante sind, bei denen der CO2 Ausstoß auf das geringste Maß reduziert werden kann. Demnach können besonders die in den nächsten zwei Jahren zu erwartenden Ergebnisse der durch das Steinbeiss-Transfer-Zentrum im Rahmen der durch das BMWi finanzierten wissenschaftlichen Begleitstudie einen wesentlichen Beitrag zu einem Umdenkprozess im Bereich der regenerativen Energien leisten.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Über das Gebäude wurde in vielen Fachzeitschriften und durch diverse Zeitungsartikel berichtet. Zusätzlich kann über die Internetseite www.solarbau.de das Kurzporträt aus dem Internet geladen werden. Im Rahmen einer zweijährigen Evaluation wird im Auftrag des BMWi die Funktionsweise der Gebäudetechnik beobachtet und ausgewertet. Ergebnisse liegen aufgrund des kurzen Beobachtungszeitraumes noch nicht vor.
Im November 2003 wurde uns für den Bau des Energon der Deutsche Solarpreis in der Kategorie Solares Bauen verliehen, was dem Gebäude weitere Öffentlichkeit beschert hat.
Fazit
Mit dem Bau des Energon wurde ein Bürogebäude im Spannungsfeld zwischen ökonomischen und ökologischen Fragestellungen realisiert. Notwendige Gebäudetechnik und gestalterischer Entwurf des Gebäudes ergänzen sich und haben als Ergebnis ein echtes Avantgarde-Projekt mit Zukunftscharakter ermöglicht. Dieses Bauvorhaben ist der Beweis, dass Architektur und gesellschaftliche Fragestellungen fruchtbar miteinander verbunden werden können und dass das Ergebnis zukunftsweisend, wirtschaftlich und schön sein kann. Insbesondere im Bereich der Gebäudekühlung kann der innovative Ansatz als vorbildlich und zukunftsweisend angesehen werden, da die Funktionsweise und die Wirtschaftlichkeit überzeugt.
Fördersumme
98.474,82 €
Förderzeitraum
09.09.2001 - 31.05.2004
Bundesland
Bayern
Schlagwörter
Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik