Entwicklung einer neuen Sicherheitswerkbank zur sicheren Handhabung von Zytostatika und anderen physiologisch/biologisch aktiven Substanzen
Projektdurchführung
Berner International GmbH (BIG)
Mühlenkamp 6
25337 Elmshorn
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
In der Krebstherapie eingesetzte Arzneimittel (z. B.: Zytostatika) sind häufig krebserzeugend, erbgutverändernd und fortpflanzungsgefährdend. Es werden Sicherheitswerkbänke eingesetzt, um während der Zubereitung freigesetzte, partikelförmige Schwebstoffe vom Personal wegzuführen und auf einem Faserfilter, sog. HEPA (High Efficiency Particulate Air)-Filter, abzuscheiden. Gasförmige Anteile der Zytostatika werden nicht zurückgehalten, gelangen in den Aufstellungsraum (Labor) der Sicherheitswerkbänke und kontaminieren das Personal und die Umwelt. Ferner werden gasförmige Anteile der Zytostatika gemäß der Umluftfunktionsweise in den Arbeitsraum der Sicherheitswerkbänke rezirkuliert und können sich so aufkonzentrieren.
Projektziel war die Entwicklung von Filtermedien und Verfahren, die physiologisch-biologisch aktive Substanzen innerhalb der Sicherheitswerkbank zu ungefährlichen Abbauprodukten umsetzen oder dauerhaft binden.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten Methoden· Untersuchung verschiedener Filtermedien und Verfahren auf ihre Abscheidleistung.
· Aufbau und Inbetriebnahme eines Versuchsstandes.
· Variation von Adsorptionsmitteln mit Auswertung auf ihr Rückhaltevermögen.
· Adsorptionsverhalten bei gleichzeitigem Auftreten von Zytostatika- und Isopropanolmolekülen.
· Druckverlustmessungen in Abhängigkeit von der Schütthöhe für verschiedene Medien.
· Untersuchungen alternativer Filterkonzepte.
· Erstellung eines Pflichtenhefts für die neue Sicherheitswerkbank.
· Auslegung und Konstruktion der neuen Sicherheitswerkbank in Anlehnung an DIN 12980.
· Implementierung einer Reinigungsmöglichkeit für gasförmige Bestandteile der Zytostatika.
· Untersuchung der Möglichkeit für einen kontaminationsarmen Filterwechsel.
· Konfektionierung und Validierung des neuen Filtermediums.
· Methodenuntersuchung zu umweltverträglicher Filterentsorgung.
· Fertigung eines Musters des Adsorptiv-Reaktiv-Filters.
· Integrieren des Adsorptiv-Reaktiv-Filters in eine Sicherheitswerkbank.
Ergebnisse und Diskussion
Es wurden verschiedenen Verfahren untersucht, die physiologisch/biologisch aktiven Substanzen zu ungefährlichen Abbauprodukten umzusetzen oder diese dauerhaft zu binden. Der Einsatz von üblichen adsorptiv wirkenden Filtern zur Abscheidung von Gasen, z.B. auf der Basis von Aktivkohle, ist im besonderen Fall der Zubereitung von Arzneimittel-Applikationen in der Krebstherapie keine Lösung. Während der Zubereitung wird Alkohol in großer Menge zur Sprühdesinfektion eingesetzt. Bei der Adsorption großer Mengen von z. B. Isopropanol-Molekülen und den in wesentlich geringerer Konzentration vorhandenen Arzneimittel-Molekülen werden diese durch das Isopropanol vom Adsorbens verdrängt. Gasförmig vorliegende Arzneimittel können somit weiterhin das Filtersystem durchbrechen und in den Aufstellungsraum der Sicherheitswerkbänke gelangen. Deshalb muss das Isopropanol in Vorfiltern sicher zurückgehalten werden. Als praktikable Lösung stellte sich ein Filtermedium bestehend aus einer optimierten Abfolge von Trägermaterialien, Aktivkohlen und Zeolithen heraus.
Zur Integration der Reinigungseinheit im Hauptfilter wurde Kontakt mit entsprechenden Filterkonfektionären aufgenommen. Die produktionstechnischen Festlegungen beanspruchten aufgrund der technischen Anforderungen an den Beschichtungsprozess wesentlich mehr Zeit als ursprünglich vorgesehen war. Das Adsorptiv-Reaktiv-Filter in Form eines Patronenfilters wurde konstruiert. Entscheidend war das Erreichen eines möglichst geringen Strömungswiderstandes im Filter, bei gleichzeitig relativ geringen Einbaumaßen. Da die Größe der effektiven Filterfläche und die Abmaße des Filters mit dem Druckabfall in einer reziproken Wechselbeziehung stehen, musste diesbezüglich ein Kompromiss akzeptiert werden.Das Adsorptiv-Reaktiv-Filter wurde unter Sollwertbedingungen bzgl. der sicheren Betriebsweise einer Sicherheitswerkbank auf einem Teststand untersucht. Dazu wurde es mit der Zytostatika-Ersatzsubstanz (Marker) Mesitylen beaufschlagt. Hierbei wurden die Bedingungen für das Abscheideverhalten im Sinne eines worst-case-Tests erfüllt. Das Adsorptiv-Reaktiv-Filter wurde in die Sicherheitswerkbank integriert.
Die neue Sicherheitswerkbank ist u. a. mit einem zweistufigen Hauptfilter ausgestattet. Die erste Hauptfilterstufe ist ein HEPA-Filterstufe zum Abscheiden der partikelförmigen Phase. Die zweite Stufe hat die Funktion eines Adsorptiv-Reaktiv-Filters für die Abscheidung gasförmiger Arzneimittel. Der nach DIN 12980 geforderte kontaminationsarme Filterwechsel wurde bei der Konstruktion berücksichtigt; das Hauptfilter ist aus mehreren Teilfiltern aufgebaut, die in die gebräuchlichen genormten Entsorgungsbehälter passen. Die für eine sichere Funktionsweise einer Sicherheitswerkbank wichtigen Sollwertbedingungen, wie etwa Verdrängungsströmungsgeschwindigkeit im Arbeitsraum, Lufteintrittsströmungsgeschwindigkeit in der Arbeitsöffnung und der hieraus resultierende Gesamtvolumenstrom wurden eingehalten. Die Konstruktion der Sicherheitswerkbank ist im wesentlichem abgeschlossen.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Die Präsentation des Projektes erfolgte bei diversen Firmen, Behörden, Messen (z.B. Hannover Messe 2002) und auf Seminaren.
Fazit
Die Konstruktion der neuen Sicherheitswerkbank ist im wesentlichen abgeschlossen. Das neue Adsorptiv-Reaktiv-Filter konnte als Filterstufe zum Abscheiden der gasförmigen Phase in die Sicherheitswerkbank integriert werden. Es sollte in Zukunft in Praxi (z. B. Apotheke) eine mit Adsorptiv-Reaktiv-Filter bestückte Sicherheitswerkbank unter realen Bedingungen getestet werden, um die unter Laborbedingungen ermittelten Ergebnisses zu bestätigen.
Fördersumme
318.637,10 €
Förderzeitraum
16.09.1998 - 15.05.2002
Bundesland
Schleswig-Holstein
Schlagwörter
Klimaschutz
Umweltforschung
Umwelttechnik