Projekt 07491/01

Förderschwerpunkt Bioabfallverwertung: Steigerung der Verwertung von Klärschlamm durch verbesserte Produkte, Qualitätsnormungen und erweiterte Märkte

Projektdurchführung

EKO-PLANT GmbH
Karlsbrunnenstr. 11
37249 Neu-Eichenberg

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Das Verfahren der Vererdung von Klärschlämmen in schilfbewachsenen Beeten hat seine Praxistauglichkeit durch eine wachsende Anzahl realisierter Anlagen hinlänglich unter Beweis gestellt. Bislang fehlte es an praxisrelevanten Untersuchungen, die insbesondere die Leistung des Verfahrens hinsichtlich
a) der Qualität des Endprodukts Klärschlammerde und
b) der Eignung von Klärschlammerde für spezifische Verwertungspfadebeschreiben. Die beispielsweise von der Klärschlammverordnung (AbfKlärV) hierzu vorgesehenen Parameter sind zur Qualitätsbeurteilung von Klärschlammerden allein unzureichend. Das Forschungsprojekt schließt die bestehenden Informationslücken.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie Klärschlammverordnung unterscheidet z. B. nicht zwischen der Verwertung von Flüssigschlamm und mittels Kalk entwässerten Schlämmen. Auf der Basis umfangreicher Analytik wurde
a) Klärschlammerde eingeordnet in ein Qualitätsfenster zwischen Flüssigschlamm, entwässertem Klärschlamm, Klärschlammkompost, Bioabfallkompost sowie Boden und es wurden
b) die Eigenschaften von Klärschlammerde umfassend charakterisiert und geeignete Parameter zur Aufstellung von Güterichtlinien identifiziert.
c) Mittels zweier repräsentativer Marktanalysen wurde einerseits die Nachfrage nach dem Vererdungsverfahren und andererseits das Absatzpotential für das Endprodukt Klärschlammerde ermittelt.
d) In Versuchen wurden verschiedene Anwendungsmöglichkeiten der Klärschlammerde für den Garten- und Landschaftsbau und die Rekultivierung überprüft.
e) Die in der Vererdung ablaufenden Bodenbildungsprozesse konnten durch die Gegenüberstellung von Prozessdaten und Literaturwerten bodenkundlich beschrieben werden.
f) Eine Bilanzierung der Stoffströme beim Klärschlammvererdungsverfahren wurde durchgeführt.


Ergebnisse und Diskussion

1. Verfahrenskennzeichen der Klärschlammbehandlung in Schilfbeeten
Die Bilanzierung einer vollständigen Vererdung von Nassschlamm in Schilfbeeten zeigt in Abhängigkeit von Bemessung sowie Betrieb folgende Verfahrensleistungen:
Je nach Durchführung der Vererdung werden Trockensubstanzgehalte
· nach Betriebsende von 10 bis 20 % TS,· nach Durchführung einer Trockenphase von 15 bis 50 % TS
· und nach einer einfachen Nachlagerung von 25 bis 55 % TS in der Klärschlammerde erreicht.
· Bezogen auf die eingetragene organische Trockensubstanz (OTS) des Klärschlammes werden 50 bis 80 % der organischen Substanz mineralisiert und damit die Gesamtmasse entsprechend reduziert.
· Unter Einbeziehung der organischen Trockensubstanz des Pflanzenaufwuchses (Summe der OTS des Klärschlamms und der OTS der Schilfbiomasse) werden 60 bis 80 % der organischen Substanz mineralisiert.
· 35 bis 60 % der in den Prozess eingebrachten Klärschlamm-Trockensubstanz werden im Behandlungszeitraum vermindert.
Die Rückbelastung der Kläranlage durch Filtratwasser liegt bei diesem Verfahren im Vergleich zu konventionellen Entwässerungsaggregaten auf deutlich niedrigerem Niveau. Stoßbelastungen wie bei der mechanischen Entwässerung treten aufgrund der Retention im Beetkörper nicht auf.
Hinsichtlich der Umweltverträglichkeit der Vererdungsanlagen wurde festgestellt, dass Klärschlammerde stark mit Kompostwürmern, Hundert- und Tausendfüßlern, Saftkuglern und anderen Tieren besiedelt ist. Auf der Basis einer hohen Masseproduktion von Schilf- und Detritusfressern baut sich eine artenreiche Räubertierwelt auf.

Die bodenkundlich-systematische Betrachtung kennzeichnet die Klärschlammbehandlung in Schilf-beeten als einen Bodenbildungsprozess, wie er bei der Bildung von Niedermoor und Gyttja/Mudde bzw. deren vererdeten Formen anzutreffen ist. Der Werdegang vom Klärschlamm als Rohbodenstadium bis einschließlich zum Endpunkt der Verwertung kann entsprechend in folgende Prozessphasen gegliedert werden:
· Primäre Vererdung, bestehend aus den im Vererdungsbeet ablaufenden anaeroben und aeroben Konditionierungsprozessen.
· Sekundäre Vererdung, d. h. einer Konditionierung der Klärschlammerde nach Räumung des Vererdungsbeets, ausgerichtet auf einen spezifischen Verwertungspfad. Dies umfasst eine Vielzahl von Optionen wie die Nachlagerung oder das Aufbereiten mit anderen Materialien.
2. Produkteigenschaften Das Verfahren der Klärschlammbehandlung in Schilfbeeten führt mit Beendigung der Stufe der primären Vererdung zu einem stabilen Produkt, das durch folgende Eigenschaften gekennzeichnet ist:
biologisch: hohe biologische Stabilität (Atmungsaktivität kann auf <5 mg O2/g TS geführt werden); geringe Eluierbarkeit von Inhaltsstoffen; geringe Mineralisierungsrate des organisch gebundenen Stickstoffs; hohe Pflanzenverträglichkeit; seuchenhygienische Unbedenklichkeit; hoher Besatz mit artenreicher Bodenfauna
chemisch: hohe Austauschkapazität der organischen Substanz; günstige C/N-Verhältnisse; niedrige Salzgehalte; leicht saurer pH-Wert (H2O)
physikalisch: feste, poröse Krümelaggregate (Mull); hohe Aggregatsstabilität; großes Porenvolumen mit hoher nutzbarer Feldkapazität

Im Vergleich der Klärschlammerde mit Untersuchungen an Klärschlamm und Klärschlammkompost ergibt sich folgende Einordnung:
· Klärschlamm (Nassschlamm) kann als Rohboden bezeichnet werden (biologisch instabil, unreif und strukturarm), wenn er als Inputmaterial für einen entsprechenden Vererdungsprozess dient.
· Klärschlammkompost ist vergleichbar mit einem Rohboden bzw. Rohhumus (biologisch stabil, aber unreif; gekennzeichnet z. B. durch niedrige Kationenaustauschkapazität und geringe Gefügestabili-tät).
· Klärschlammerde weist je nach Aufbereitung bzw. Prozessführung die Qualität von Reifekompost (Rottegrad >5) bis Boden auf. Diese naturwissenschaftliche Beschreibung ist unabhängig von der gesetzlichen Definition des Produkts zu verstehen, da juristisch ein Produkt aus Klärschlamm weiter Klärschlamm ist bzw. bleibt.

3. MarktforschungDie durchgeführte Marktforschung bei Städten und Gemeinden zeigt, dass derzeit überwiegend technische Aggregate (Dekanter und Pressen) zur Schlammentwässerung eingesetzt werden. Andererseits ist die Akzeptanz für alternative Verfahren der Schlammbehandlung groß.
In einer zweiten Untersuchung wurden die guten Absatzchancen bei der Verwertung von Klärschlammerde im Garten- und Landschaftsbau sowie der Rekultivierung aufgezeigt. 22 % der Befragten würden Klärschlammerde vorbehaltlos und weitere 27 % unter definierten Bedingungen in ihrem Betrieb einsetzen.
Die meisten Befragten wünschen sich eine unabhängige Qualitätskontrolle durch die Vergabe eines Gütesiegels für Klärschlammprodukte.

4. Anwendung von Klärschlammerde Die Untersuchungen zur Produktentwicklung weisen die Klärschlammerde aufgrund ihrer Materialeigenschaften als gut geeignete Komponente zur Herstellung von Erdenprodukten für den Garten- und Landschaftsbau (z. B. Vegetations- und Auffüllsubstrat) aus. Eine grundsätzliche Eignung zur Herstellung und Verwertung von Produkten für den Hobbygartenbau (z. B. Blumenerde) wurde nachgewiesen.
Die systematische Überprüfung bezüglich der Eignung von Klärschlammerde als Substratbestandteil erfolgte in einem Anwendungsversuch. Versuchserden mit unterschiedlichen Klärschlammerde-Anteilen wurden unter Praxisbedingungen hergestellt und in Großlysimetern getestet. Dabei wurde festgestellt, dass die Zugabe von Klärschlammerde den Wasserhaushalt der Versuchsböden mit der Erhöhung der Wasserspeicherfähigkeit positiv beeinflusst. So führt im Messjahr ein hoher Klärschlammerdeanteil zu niedrigeren Abflüssen in Höhe von 33 bis 35 % des Inputs (Summe Niederschlag und Beregnung von 1.200 mm; 390 bzw. 420 mm Systemabfluss). Modellrechnungen zeigen, dass mit weiterer Konsolidierung der Böden in Verbindung mit höheren Transpirationsleistungen der Vegetation sich die Abflussquote auf ein Niveau von 20 bis zu 0 % vermindert. Diese Ergebnisse stellen deutlich das Potential einer Abflussreduzierung durch eine Wasserhaushaltsschicht auf Basis von Klärschlammerde z. B. für Rekultivie-rungsschichten von Deponien dar.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Ergebnisse des Forschungsprojekts wurden in Form von Fachartikeln und Vorträgen auf Fach- und Fortbildungsveranstaltungen veröffentlicht. Aus dem Bericht werden Empfehlungen für kommunale Ent-scheider zum Einsatz des Klärschlammvererdungs-
verfahrens aufgezeigt. Darüber hinaus fließen die Ergebnisse in die Erarbeitung von Güterichtlinien für Klärschlammprodukte sowie in Fachgremien wie DIN, CEN und VGVA ein.


Fazit

Das Forschungsprojekt zeigt, dass die Vererdung von Klärschlämmen in Schilfbeeten leistungsfähig und kostengünstig ist. Die in die Vererdungsbeete aufgelandeten Nassschlämme werden entwässert, aggre-giert und verlieren ihren klärschlammtypischen Charakter. 35 bis 60 % der in die Vererdungsbeete einge-brachten Klärschlammtrockenmasse wird über den Behandlungszeitraum reduziert. Die bei der Beeträumung entnommene Klärschlammerde eignet sich aufgrund ihrer physikalischen, chemischen und biologischen Eigenschaften besonders für einen Einsatz im Landschaftsbau und der Rekultivierung. Ihr Einsatz als Düngemittel in der Landwirtschaft ist darüber hinaus ebenso möglich. Die Ergebnisse bilden die Grundlage zur Beschreibung der Produktqualität von Klärschlammerde und fließen in die Erarbeitung von Normen und Richtlinien ein.
Die gemachten Aussagen zur Vererdung beziehen sich auf ein Verfahren, das als EKO-PLANT-st-Verfahren® durch eine spezifische Anlagen- und Betriebskonzeption gekennzeichnet ist.

Übersicht

Fördersumme

518.038,38 €

Förderzeitraum

01.01.1997 - 31.12.1999

Bundesland

Hessen

Schlagwörter

Ressourcenschonung
Umwelttechnik