Projekt 07435/01

Modellvorhaben zur Beseitigung und Verhütung bergbaubedingter Schäden am Dom St. Marien in Zwickau (Sachsen)

Projektdurchführung

Ev.-Luth. Nicolaigemeinde in Zwickau
Domhof 10
08056 Zwickau

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Der Steinkohlenbergbau wurde im Zwickauer Revier 1978 planmäßig eingestellt. Unter dem Dom wurde vorwiegend im Zeitraum nach 1920/1930 in etwa 400 m Tiefe Steinkohle abgebaut. Die seinerzeit sorgfältig dokumentierten Bergsenkungen hatten zu Bauschäden am Dom und zur Überschreitung statischer Normen geführt, außerdem zum Nachweis einer tektonischen Störung diagonal unter dem Dom. Unerwartet traten etwa 1989/90 neue Risse am Dom auf, die durch Hebungen verursacht wurden. Der Hebungsvorgang wurde regional erfasst und berechnet. Die Beobachtungen am Dom waren dabei in mehrere andere Programme integriert. Die Bearbeitungsergebnisse der sekundären, bergbauinduzierten Hebungen erreichten Modellcharakter für die Bergschadenstheorie. Das Abklingen der bergbauinduzierten Bewegungen war Voraussetzung für die Beseitigung der Bauwerksschäden am Dom.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenEs bestand eine gute Kooperation zu Arbeitsprogrammen des Freistaates Sachsen. Die historischen Dokumentationen zum Dom, aktuelle Kontrollmessungen zur Bauwerkssicherheit und sorgfältige Beobachtungen zum Grundwasserstand an den beiden neu angelegten Dommessstellen waren wertvolle Bausteine. Es wurde nachgewiesen, dass die sekundäre Hebung erneut tektonische Linien aktivierte. Die Spezialmessungen zum Dom waren wertvolle Ergänzungen zur Modellierung des Hebevorganges und zur sicheren Aussage des Abklingens des Hebungsvorganges nach 1999. Parallel wurden Methoden zur Bausicherung an historischen Gebäuden weiterentwickelt, die ebenfalls Modellcharakter besitzen. Es ging darum, auseinandergerissene Bauwerksteile durch Rissverschluss und Vernadelung wieder zum vollen Querschnitt und Lastabtrag zu ertüchtigen, auch um andere Bereiche vor Überlastung und Brüchen zu schützen. Dazu mussten Verträglichkeitsprüfungen der verwendeten Materialien (Kohlefaserstäbe statt Stahlnadeln; geeignete Vergießmörtel) zum historischen Mauerwerk des bedeutenden Baudenkmals erfolgen.


Ergebnisse und Diskussion

Die Bauwerkskontrollmessungen qualifizierten die regionale Berechenbarkeit der sekundären bergbau-induzierten Hebungen. Nach dem nachgewiesenen Ende der Bewegungen mussten vor allem die vertikal gerissenen Pfeiler der Nordseite des Domes saniert werden. Bei der vorhandenen Pfeiler-Gewölbe-Konstruktion und der erheblichen Länge der erforderlichen Anker wurde ein Verfahren gewählt, das die Weichheit der Konstruktion berücksichtigt und gleichzeitig temperaturbedingte Änderungen des Ankermaterials ausschließt. Notwendigerweise sind die Horizontalkräfte aus der Gewölbekonstruktion sicher über die Strebepfeiler in das Fundament abzuleiten und die für die Rissbildung hervorgerufene Lastumlegung, die zu Überlastungen des verbleibenden tragenden Querschnittes des Natursteinmauerwerkes geführt hatte, war zu verhindern. Wegen der optischen Beeinträchtigungen in dem hochwertigen Kulturdenkmal musste ein nach Abschluss der Maßnahmen unsichtbares Vernadelungs- und Verpressverfahren gewählt werden.
Entsprechend des Sanierungsvorschlages wurden zunächst alle inneren Risse und Gefügestörungen in dem Mauerwerk der Strebepfeiler durch Auffüllen mit geeignetem Verfüllmaterial verschlossen. Damit war überhaupt die Möglichkeit gegeben, geschlossene Bohrkanäle, die bis zu 4 m Länge erforderlich waren, herzustellen. Als Injektionsanker sind hochfeste, temperatur- und dehnungsunempfindliche Kohlefaseranker verwendet worden.
Ein Problem stellte die Auswahl des Injektionsmörtels dar, der einerseits die langen schlanken Bohrkanäle vollständig auszufüllen hatte, gleichzeitig über die notwendige Auszugfestigkeit der Injektionsanker verfügen musste und keine naturwerksteinzerstörenden Quelleffekte aufweisen durfte.
Nach Abschluss der statisch-konstruktiven Sicherungsarbeiten sind die Pfeiler entsprechend der denkmalpflegerischen Zielstellung steinsichtig lasiert und die Verfugung ist bestandsgerecht wieder hergestellt worden.
Gemäß der denkmalpflegerischen Zielstellung wurde auf der Südseite das Fundament des 5. Strebepfeilers zunächst vollständig freigelegt. Innere Hohlräume des Fundamentes wurden durch Verpressung mit Injektionsmörtel geschlossen. Eine Armierung erfolgte oberseitig auf der Fundamentaußenseite durch ein CF-Laminat. Anschließender Überputz mit entsprechendem Sperrmaterial schloss diese Maßnahme ab. Schleusen im Fundamentbereich sind instandgesetzt worden.
Daraufhin wurde der 5. Strebepfeiler vollständig und der Jochbereich zwischen 4. und 5. Strebepfeiler mit einem speziellen konstruktiven Gerüst eingerüstet. Eine Verpressung der inneren Hohlräume des 5. Strebepfeilers ist durchgeführt worden. Diese Kohlefaseranker wurden ca. 60 cm über den Rissverlauf hinaus in das Naturwerksteinmauerwerk des Domes eingebracht. Die Neigung dieser Bohrkanäle mit einer Steigung von 10 % ermöglichten eine vollständige Verfüllung dieser Bohrkanäle mit einem Verpressmörtelmaterial. Die Erfahrungen der Sanierung der Pfeiler Nordseite nutzend ist hier ein bereits erprobter Mörtel eingesetzt worden.
Im Anschluss an die statische Sanierungsarbeit ist das Naturwerksteinmauerwerk der Pfeiler sowie die Bauzier der denkmalschutzrechtlichen Auflagen entsprechend instandgesetzt worden. Die Armierungen der Maßwerke wurden aufgearbeitet und durch einen neuen formschlüssigen Verbund mit dem vorhandenen Naturwerksteinmauerwerk wieder voll funktionsfähig gemacht. Die Gestaltung der Bauzier erfolg-te entsprechend des Bestandes mit dem abschließenden Versetzen der Apostelfigur Bartholomäus.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die erreichten geologisch-tektonischen und geodätischen Ergebnisse waren bereits mehrfach Gegenstand von Fachtagungen und einschlägigen Publikationen. Einige Hauptaussagen wurden und werden in den Informationsheften Dom St. Marien Zwickau publiziert, Heft 9/1998 und 12/2003, herausgegeben vom Förderverein zur Erhaltung des Domes St. Marien zu Zwickau e.V.


Fazit

Durch engagiertes Zusammenwirken unterschiedlicher Fachbereiche und gute Kooperation zu anderen Untersuchungsprogrammen (Geologie, Tektonik, Bergbaugeschichte, Bergbaufolgeprobleme, Geodäsie, Baustatik, Materialkunde) wurden bei der Sanierung des Baudenkmales Zwickauer Dom Ergebnisse erzielt, die auf mehreren Teilgebieten Modellcharakter erreichten.

Übersicht

Fördersumme

351.111,29 €

Förderzeitraum

05.10.1998 - 31.12.2003

Bundesland

Sachsen

Schlagwörter

Kulturgüter
Umwelttechnik