Entwicklung und Etablierung von Vermarktungswegen für Produkte aus naturgemäßer Landwirtschaft und für touristische Angebote als Basis einer umweltschonenden Regionalentwicklung in der mittleren Elbtalaue
Projektdurchführung
Naturschutzbund Deutschland e. V.
Landesverband Niedersachsen
Alleestr. 36
30167 Hannover
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Die Elbe gehört zu den großen Stromtälern in Europa, die als Lebensadern für unsere Landschaft von grundlegender Bedeutung sind. Nach den Planungen zu Beginn des Projektes sollte an der Elbe das größte binnenländische Biosphärenreservat unter Beteiligung von 5 Bundesländern entstehen und in der Kernzone ein Nationalpark durch das Land Niedersachsen ausgewiesen werden. Mit diesem Projekt sollte ein Beitrag dazu geleistet werden, dass eine am Biosphärenreservat und dem Nationalpark orientierte Regionalentwicklung mit Pilotprojekten im Bereich Landwirtschaft und Tourismus initiiert wurde. Als Grundlage dient dazu der Kapitalstock Natur, der durch umweltschonende Nutzungsformen erhalten bleiben sollte.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenUm Anschluss an die wirtschaftliche Entwicklung der Bundesrepublik zu halten, ist es für die Elbtalaue erforderlich, sich auf die traditionellen Stärken der Region zu besinnen und die beiden wirtschaftlichen Standbeine, die Landwirtschaft und den Fremdenverkehr, zu selbsttragenden Säulen einer eigenständigen Entwicklung auszubauen. Die im Projekt vorhandenen Mitarbeiter entfalteten ihre Wirkung im beratenden und organisatorischen Bereich zur Unterstützung der landwirtschaftlichen Betriebe, zu Fragen des Ökologischen Landbaus bzw. der beteiligten Hoteliers zum Aufbau eines Naturtourismus-Angebotes. Der Ablauf gliedert sich in eine Orientierungs-, eine Beschreibungs-, eine Erprobungsphase und eine Abschlussphase. In enger Abstimmung mit dem Naturschutz wurden Nutzungsformen entwickelt, die die Naturausstattung in der Elbtalaue schonten. Diese Naturausstattung wurde in einem Biomonitoring untersucht, dass als Kontrolle für die wirtschaftlichen Initiativen im Bereich Landwirtschaft angelegt war.
In der Zusammenarbeit mit den landwirtschaftlichen Betrieben wurde zu Beginn vom Institut für Ökologie und Naturschutz eine Analyse zur standortgerechten Landbewirtschaftung auf den ausgewählten Betriebsflächen vorgenommen. Parallel dazu wurde in Zusammenarbeit mit der Universität Göttingen eine betriebswirtschaftliche Bestandsaufnahme der Betriebe im Hinblick auf eine Umstellung auf den Ökologischen Landbau vorgenommen. Die Auswertung einer Status quo Analyse des regionalen Fremdenverkehrs erfolgt im Hinblick auf ein potentielles Angebot seitens des im Projekt involvierten Reisemittlers Otto Reisen, über den ein Pauschalangebot für Reisen in die Elbtalaue angeboten werden sollte.
Ergebnisse und Diskussion
Im Naturschutz erlaubt die Gesamtschau der Ergebnisse in bezug auf die Laufkäfer den Rückschluss, dass diese Tiergruppe von der Umstellung auf den Ökologischen Landbau profitieren kann. Auf dieser Basis ergeben sich interessante Tendenzen in bezug auf die Vögel, die die ökologisch bewirtschafteten Flächen als verbesserte Nahrungshabitate verstärkt annehmen könnten. Es ist sehr sinnvoll, diese An-fänge weiter zu bearbeiten. Der Naturschutz hat seine Kontroll- und Begleitfunktion im Tourismus vor allem in der Planungsphase entfaltet, z.B. bei der Streckenführung für die Radwanderkarte.
Im landwirtschaftlichen Bereich konnten in Kombination mit dem Marketing ein Betriebe auf den Ökologischen Landbau umgestellt werden. Es handelt sich um eine vollständige Umstellung eines Milchvieh haltenden Betriebes mit 160 ha und 600.000 Litern Biomilch pro Jahr. Ein weiterer Betrieb gliederte einen Mutterkuhbetrieb aus. Als Verarbeitungsprodukt ist eine Bio-Kalbsbratwurst entwickelt und bei dem Handelsunternehmen Tengelmann gelistet worden. Weitere Testverkäufe mit Frischfleisch und Dauerwurstprodukten im Lebensmitteleinzelhandel wurden durchgeführt. Der im Projekt entwickelte Frischfleischversand an Endkunden ist von einem weiteren landwirtschaftlichen Partnerbetrieb übernommen worden.
Im touristischen Bereich konnten Pauschalreiseangebote entwickelt und bis in die dritte Saison hinein angeboten werden. Diese Angebote sind in namhafte Kataloge wie ITS und TUI aufgenommen worden. Erfolgreich wurde zum ersten Mal ein Gänsekiekerwochenende als Urlaubsangebot getestet. Ausgehend von zwei Hoteliers waren zuletzt sechs Hotels beiderseits der Elbe als Partner eingebunden. Im Projekt sind 20 qualifizierte Gästeführer aus der Region ausgebildet worden, die künftig für Reiseveranstalter zur Verfügung stehen werden. Es wurde ein Kochseminar mit 14 Gastronomen zum Thema regionale Spezialitäten (Lammfleisch) durchgeführt. Zum Abschluss wird eine Radwanderkarte erstellt, die fünf Bundesländer (von Schleswig-Holstein bis Sachsen-Anhalt) und sieben Landkreise verbinden wird.
Der Nationalpark Elbtalaue ist im Januar 1998 per Kabinettsbeschluss und nachfolgend als Verordnung durch das Niedersächsische Umweltministerium eingerichtet worden. Gegen die Verordnung wurde mit einer Normenkontrollklage eines Landwirtes vorgegangen und im Februar 1999 erklärte das Oberverwaltungsgericht in Lüneburg den Nationalpark für nichtig. Das Projekt Leben im Großschutzgebiet Elbtalaue begann im Oktober 1996 und verlief für drei Jahre parallel zum Ausweisungsverfahren des Nationalparks Elbtalaue. Im Ergebnis waren beide Handelsbereiche durch den Wegfall des Nationalparks negativ betroffen. Es ist aus Sicht der Projektkonzeption und den mit dem Argument Zusatznutzen Nationalpark erzielten Erfolgen im höchsten Maße bedauerlich, dass dieses Schwergewicht in der Pro-duktbewerbung nicht mehr zur Verfügung steht. Die Verwendung des zusätzlichen Argumentes Nationalpark als Bestandteil der Produktentwicklungsstrategie hat sich bewährt. Im Bereich Marketing wurden Grundsteine für die Erfolge in der Umstellung auf den Ökologischen Landbau gelegt, indem ein Abnehmer am Markt vermittelt werden konnte, der im Jahr 1998 einen Bedarf von circa drei Millionen Litern Biomilch hatte. Mit diesem Angebot konnte ein Betrieb komplett umgestellt werden. Trotz des um circa 30 % höheren Entgeltes für den Liter Biomilch im Vergleich zur konventionellen Milch, hat sich ein weiterer konventionell wirtschaftender Betrieb gegen die Umstellung entschieden. Diese Entscheidung lässt sich nicht mit einer möglichen unterschiedlichen Bewertung der betriebswirtschaftlichen Kalkulationen des Betriebes oder einem nicht ausreichend höheren Milchpreis erklären.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Über den gesamten Projektverlauf wurde in Zeitung, Rundfunk und Fernsehen regional und überregional über das Projekt kontinuierlich berichtet. In der Folge entwickelten sich gute und intensive Kontakte zu weiteren Betrieben in der Region, die sich an dem Projekt beteiligen wollten. Es handelte sich um vier landwirtschaftliche Betriebe und zwei Hoteliers. Diese Partner haben den Kontakt zum Projekt nach der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes Lüneburg zur Aufhebung des Nationalparks Elbtalaue abgebrochen.
Fazit
Aus dem Blickwinkel der organisatorischen Abwicklung der einzelnen Entwicklungs- und Erprobungsschritte im Projekt ist ein Zeitraum von drei Jahren Projektlaufzeit für alle Bereiche deutlich zu kurz. Es wird empfohlen, Projekte zur Regionalentwicklung mit eigenen Phasen von Umstellung der Produktion, Produktentwicklung und Vermarktung für mindestens fünf Jahre zu planen. Das Oberverwaltungsgericht in Lüneburg erklärte im Februar 1999 die Nationalparkverordnung für nichtig. Einen der wesentlichen Bausteine im Projekt bildete der Nationalpark, der - in Form einer Arbeitshypothese - als Auszeichnung für die Region verstanden wurde und mit dem wirtschaftliche Chancen und Perspektiven für eine Regionalentwicklung erarbeitet werden sollten. Eine abschließende Bilanzierung und Bewertung dieses Projektansatzes in bezug auf die Richtigkeit der Arbeitshypothese kann nach dem Wegfall des Nationalparks während der Projektlaufzeit nicht vorgenommen werden. Es wird angenommen, dass die in Planung befindliche Ausweisung des Gebiets als Biosphärenreservat als Ersatz genutzt werden kann. Der Nationalpark hat sich aber als das beste Argument in der Ansprache der Handelsunternehmen herausgestellt. Es kann empfohlen werden, dass andere Nationalparkregionen in Deutschland den Begriff Nationalpark in der Bewerbung ihrer regionalen Produkte offensiv und engagiert einsetzten. In dieser Form kann der Naturschutz über die Produktvermarktung einen eigenständigen Beitrag für eine Regionalentwicklung leisten.
Fördersumme
1.173.223,13 €
Förderzeitraum
01.10.1996 - 31.08.2000
Bundesland
Bundesrepublik Deutschland
Schlagwörter
Bundesrepublik Deutschland
Landnutzung
Naturschutz
Ressourcenschonung
Umweltkommunikation
Umwelttechnik