Korrosionsschutz für umweltgeschädigte Industriedenkmäler aus Eisen und Stahl (Modellvorhaben)
Projektdurchführung
Deutsches Bergbau-Museum BochumForschungsstelle Archäologie undMaterialwissenschaften
Herner Str. 45
44787 Bochum
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Modellhafte Entwicklung von geeigneten Konservierungstechniken für umweltbelastete Objekte aus Eisen und Stahl, schwerpunktmäßig durchgeführt für den Bereich Industriedenkmäler mit zusätzlicher Berücksichtigung von Kunstgussobjekten. Das Ziel ist es, bestehende Defizite in der konservatorischen Behandlung dieser Denkmalobjekte aus Eisen und Stahl auszugleichen, sowie besonders die Eignung in Hinblick auf Wirksamkeit und Dauerhaftigkeit von transparenten Beschichtungssystemen soll untersucht und bewertet werden. Die denkmalgerechte Reinigung der korrodierten Eisenoberflächen und besonders die Art und Verwendung von transparente Beschichtungssystemen ( Lacke, Öle, Wachse, Ormocere,) auf ihre Wirksamkeit überprüft und bewertet werden.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie Untersuchungen werden mit einer Schadensaufnahme an drei ausgewählten unterschiedlich umweltbelasteten Denkmälern (Hochofen, untertägigen Maschinen, Kunstgussskulpturen) begonnen (Zeitaufwand: 8 Monate). Die Schadenskartierung der korrodierten Eisenoberflächen soll Aufschluss darüber geben, welche verschiedenen Korrosionserscheinungen (z.B. Lochfraß, Korrosion unter Altbe-schichtungen,) vorliegen und darüber hinaus eine optimale Auswahl der Testflächen an den Objekten für die anschließenden Reinigungs- und Beschichtungstests ermöglichen. Alle Objektbereiche werden vor der Behandlung soweit als möglich in materialkundlicher Weise charakterisiert. Zeitgleich soll eine Vorauswahl aus der Vielzahl der angebotenen Beschichtungssysteme durch Bewitterungsschnelltests anhand vorkorrodierten Test-Eisenblechen im Labor und Freiland getroffen werden ( Zeitaufwand: 15 Monate). Nach der Beurteilung der Beschichtungssysteme bzgl. z.B. des Glanzverlustes, der Transparenz, UV-Beständigkeit, Dauerhaftigkeit und Reversibilität sollen die erfolgreichsten Kandidaten auf den ausgewählten Musterflächen appliziert werden. Die beschichteten Testflächen sollen dann über einen Mindestzeitraum von 8-12 Monaten in regelmäßigen Abständen (mindestens alle vier Wochen) beurteilt und auf ihren Zustand überprüft werden. Nach einer Jahresperiode soll eine erste intensive Begutachtung der Schutzsysteme stattfinden. Hierdurch wird eine detaillierte Bewertung der vorhandenen Mittel und Bearbeitungstechniken ermöglicht. Zugleich soll dann abgeschätzt werden, ob eine weitere Begutachtungszeit sinnvoll ist, um eine endgültige Aussage über die Dauerhaftigkeit und den Wartungsbedarf der Schutzsysteme zu erhalten.
Ergebnisse und Diskussion
Da die Arbeiten im Vorhaben sich auf Labor- und Testflächenuntersuchungen aufteilen, werden die Ergebnisse beider Teilbereiche nachfolgend separat vorgestellt.
Laborversuche:
· Korrodierte Substratoberflächen stellen eine schwierigere Beschichtungsoberfläche für alle lackartigen Systeme (auch ORMOCERe) dar, speziell wenn anschließend eine hohe Feuchtebelastung eintritt. Die Schutzwirkung aller Lacksysteme (ausgedrückt durch den Neurostgrad) nimmt bis aud den Sonderfall des Kriechöls Owatrol beim Übergang vom blanken zum korrodierten Substrat deutlich ab. Die getesteten Wachssysteme reagieren hier gutmütiger.
· Bei den Lacken zeigt sich der Kondenswasserkonstantklima-Test im Vergleich zur Belastung in simulierter Industrieatmosphäre (SO2-Test) als die stärkere Belastung für die Beschichtung.
· Die getesteten Korrosionsschutzwachse sind den Lacke in ihrer Schutzwirkung durchaus ebenbürtig, zum Teil sogar besser. Dabei muss eingeschränkt werden, dass keine Bestrahlung und ablaufende Regenbelastung simuliert wurde.
· Im Vergleich Wachs zu Lack sprach das optische Erscheinungsbíld (matte, unaufdringliche Oberfläche) immer für die Wachse.
· Beim Einsatz von Wachsen sind solche mit Inhibitorzusätzen in ihrer Korrosionsschutzfunktion deutlich effizienter als reine Wachsmischungen.
· Eine Unterscheidung der Lacke erfolgt günstigerweise auf korrodierten Blechen im Kondenswassertest. Dabei konnten die optimierten ORMOCER-Systeme, die Polyurethanlacke, das System Kydal 50L Hinblick auf den Neurostgrad überzeugen. Bei allen Systemen führte die Anhebung der Schichtdicke zu einer besseren Korrosionsbarriere.
· Die ORMOCER-Systeme zeigen speziell bei der Untersuchung auf korrodierten Substraten eine Abstufung untereinander, die eine Auswahl für die Außentests an Objekten ermöglicht. Das System OR1-GFL(5c!) mit einem fünfschichtigen Aufbau erzielte die besten Testergebnisse.
· Im Vergleich mit der ORMOCERe mit den favorisierten handelsüblichen Lacken ist dem System OR 1-GFL(5c!) eine sehr gute Schutzwirkung und Haftung zuzusprechen. Eine dramatische Verbesserung im Ergebnisvergleich ist jedoch nicht zu konstatieren.
Objekttestflächen:
Frei Bewitterung (Henrichshütte Hattingen): Die Wachssysteme werden bei direkter Regen- und Sonneneinwirkung stärker abgebaut als die besten Lacke. ORMOCERe und Polyurethansysteme sind die Testsieger und in etwa ebenbürtig (im Hinblick auf die Bewertung nach einer zweijährigen Bewitterung). Der stark glänzende Eindruck bei ORMOCEren und dem 2K-PUR-System (abgeschwächt auch beim EK-PUR-Sytsem) verfälscht allerdings das originale Erscheinungsbild. Die Problematik dieser Systeme (vor allem Polyurethanen) liegt in der Schwierigkeit, sie bei Bedarf wieder vom Untergrund zu lösen und die Fläche anschließend neu zu behandeln. In geschützten Lagen sind Wachse durchaus konkurrenzfähig, zumal sie sehr viel einfacher zu reparieren sind. Bei stark belasteten Bereichen (stehende Feuchte, Korrosionsauflagerungen) versagen alle transparenten Systeme, hier kann nur ein rechnisches KS-System eingesetzt werden. Entsprechende Systeme haben sich in den Labortest für die Beschichtung der Kunstgussfiguren in Wolkenburg als deutlich überlegen erwiesen.
Innenraumsituation (Erzaufbereitungsanlage am Rammelsberg): Lacke (auch ORMOCERe) scheinen hier eher etwas überdimensionierte Schutzsysteme zu sein. Wachse weisen zu dem einen weniger ins Auge fallenden Oberflächencharakter auf (mattr). Besonders zurückhaltend und damit sehr positiv wirkt das Cosmoloid H80. Dabei muss aber an Stellen mit hohem Korrosionspotential (z. B. im Innenbereich der Flotationszellen) eine weitere, genaue Beobachtung erfolgen, um rechtzeitig eine voranschreitende Neukorrosion zu erkennen.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Was verträgt ein Denkmal?, Symposium vom 5.-6. März 1997 in BochumKorrosionsschutz für Industriedenkmäler ais Eisen und Stahl, Tagung, 11.-13. Mai 2000 in BochumKlassik trifft Moderne, Symposium am 29. September 2000 auf Schloss Wolkenburg.
Fazit
Die vorliegenden Untersuchungen haben ein gutes Fundament für die Beurteilung unterschiedlicher transparenter Beschichtungsstoffe im Hinblick auf ihre Eignung zum denkmalgerechten Korrosionsschutz bei Stahloberflächen geliefert. Die Fülle der zu untersuchenden Stoffe ermöglichte allerdings nur grundlegende Aussagen. Transparente Beschichtungen (auch ORMOCERe) sind keinesfalls Wundermittel für den Schutz von Industriedenkmälern. Sie erlauben aber einen guten temporären Schutz, wenn auch voraussichtlich mit deutlich geringeren Standzeiten als Standard-KS-Systeme. Transparente Beschichtungen fordern somit ein hohes Maß an Verantwortung vom Objektzuständigen, um a) die richtige Auswahl zu treffen und b) die notwendige Pflege bereits beim Beginn der ersten Maßnahme zu bedenken.
Fördersumme
382.955,06 €
Bundesland
Nordrhein-Westfalen
Schlagwörter