Ökologisch orientiertes Regionalmanagement in niedersächsischen Landkreisen, am Beispiel des Landkreises Goslar
Projektdurchführung
Universität HannoverInstitut für Landesplanung und Raumforschung
Herrenhäuser Str. 2
30419 Hannover
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Regionsentwicklungen werden derzeit von einer Vielzahl nicht koordinierter Einzelaktivitäten bestimmt. Regionalmanagement als strategisches Handlungsmodell für eine ökologisch orientierte Kreisentwicklungspolitik soll anhand zentraler Probleme einer Region die Akteure in ihren darauf ausgerichteten Aktivitäten enger koordinieren. Probleme sollen dabei positiv als Chance der Regionsentwicklung begriffen werden, deren Bewältigung in einem entsprechend weit gewählten Lösungsraum erfolgt (mehrdimensionale Problembearbeitung statt eindimensionaler Lösungssuche). Durch das gemeinsame Interesse an der Lösung von Kernproblemen soll die Verständigung der relevanten Akteure auf regionale Entwicklungspfade ermöglicht werden.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenProjektorganisation: Aufbau eines Gremienverbundes mit Fachleuten aus Verwaltung, Privatwirtschaft und Verbänden der im Kreis einflußreichen Institutionen (Expertengruppe=kreative Problembearbeitung), Repräsentanten der Institutionen (Promotorengruppe=politisch-kritische Begleitung, Akzeptanzsicherung) und Vertretern der benachbarten Landkreise (Projektbeirat=Sicherung der Breitenwirksamkeit) Planungsprozeß: Durchführung von fünf moderierten Expertenrunden, zwei Promotoren- und einer Beiratssitzung / Problembestimmung (Spannungsfeld: Verkehr-Tourismus-Nationalpark) und Abgrenzung des Planungsraumes / Identifikation der regionalen Stärken, Schwächen und Entwicklungspotentiale / Bestimmung und Priorisierung von mittelfristigen, regionalen Entwicklungskorridoren, die das Problem mindern und gleichzeitig einen Beitrag zur ökonomischen und ökologischen Entwicklung des Kreises leisten / Sammlung und Konkretisierung von Detailprojekten und Projektverbänden (Projektclustern) zur Operationalisierung der Entwicklungskorridore / Initiierung konsensuell ausgewählter Detailprojekte. Aufgaben des ILR: Veranstaltungsorganisation, Sitzungsdokumentation (Sekretariatsfunktion) / Erarbeitung von Vorlagen, wissenschaftliche Begleitung, Ideenentwicklung und -einspeisung in den Planungsprozeß (Braintrust-Funktion) / Nutzung der Wissenschaftsnetzwerke zur Einbeziehung des jeweils benötigten, aber regional nicht verfügbaren Fachwissens (Wissenspool-Funktion) / Moderation der Experten- und Promotorenrunden (ca alle 2 bzw. 6 Monate) (Moderationsfunktion)
Ergebnisse und Diskussion
Regionalmanagement (RM) soll die Bemühungen der Nds. Landesplanung unterstützen, die Regionalplanung auf Kreisebene als Instrument der ökologischen Umsteuerung zu effektivieren und Regionalplanung in Richtung Vollzug zu ergänzen. Die Fragestellung des Projektes richtete sich darauf,
1. ob RM auf Landkreisebene Beiträge zur ökologischen Umsteuerung leisten kann,
2. ob RM als problembezogene Form kommunikativer Planung leistungsfähig ist resp. wie sie leistungsfähiger gemacht werden kann,
3. ob es sinnvoll ist, die Nds. Regionalplanung stärker auf RM auszurichten.
Im Verlauf des Modellvorhabens wurde deutlich, daß die Antworten darauf nicht einfach zu finden sind, da das Vorhaben kein crucial test, sondern nur ein Anwendungsbeispiel ist - das Projekt wurde stark von regionalen Kontextbedingungen mitbestimmt. Zwar erwies sich der Ansatz als wirksam zur konstruktiven Bearbeitung regionaler Kernprobleme, aber erst der Vergleich mit ähnlichen Ansätzen ließ Aussagen erwarten, ob RM ein besonders wirksames Verfahren ist. Aus diesem Grund wurden die wichtigsten Modelle in einer Art Stärke-Schwächen-Analyse gegenübergestellt (Internationale Bau-Ausstellung Emscher Park (IBA Emscher Park),das bayerische Teilraumgutachten, Regionale Entwicklungskonzepte (REK), Konzept der Städtenetze). Aus dem Vergleich ließ sich der Schluß ziehen, daß die Methodik zur Bearbeitung regionaler Entwicklungsaufgaben einerseits vom Zweck des Methodeneinsatzes, zum ande-ren vom Problemfeld (bestimmt durch Thematik, Aktorenkonstellation und Institutionenrahmen) abhängt. RM steht dem Teilraumgutachten relativ nahe, ist jedoch nicht durch diesen Ansatz zu ersetzen, da Teilraumgutachten relativ schwach sind, wenn Kooperation als Prozeß gestaltet werden muß, in dem Gemeinsamkeiten und Handlungsorientierung noch gefunden werden sollen. Zu überlegen wäre, ob man - aus Gründen höherer Zeiteffizienz - den im Teilraumgutachten genutzten Ansatz, über externe Gutachter Entscheidungsvorbereitungen erarbeiten zu lassen, übernehmen könnte. Dagegen spricht jedoch, daß die kollektive Suche nach Problemlösungen sehr hohe integrative und konstruktiv-kooperative Wirkung hat und stärker die kontextspezifischen Belange und Interessenlagen berücksichtigt; somit der Zeitvorteil relativ zu sehen ist, sofern die externen Vorlagen mehrfach überarbeitet werden müssen.
Eine weitere Ergebnislinie des Modellvorhabens bezieht sich auf die Überprüfung und Weiterentwicklung der zugrunde gelegten Elemente des Verfahrens, der Methodik und der inhaltlichen Gestaltungsmöglichkeiten. Bei der Überprüfung des Verfahrens wurden Aussagen zur Kooperationsbereitschaft, zur Trennung in Experten und Promotoren, zur Auswahl und Zusammensetzung der Gruppen, zur Problemlösungsfähigkeit der Expertengruppe und zur Verfahrensdramaturgie gemacht. Der Methodik-Vergleich von Soll und Ist enthält Hinweise zur inneren Gestaltung des Projekts, d.h. zur Projektinitiative, zur Problematik extern initiierter Netzwerke, zum Prozeß der Problemdefinition, zur Problemhistorie, zur Auswahl von Entwicklungskorridoren, zum Umsetzungsbezug und Zeithorizont, zu Regelsetzungen und zur Gremienvernetzung und zum Umgang mit der Öffentlichkeit. Sofern erforderlich, wurden für den jeweiligen methodischen Schritt daraus Schlußfolgerungen gezogen. Die Diskussion der inhaltliche Gestaltungsmöglichkeiten bezieht sich auf die Eigendynamik aus dem Spannungsverhältnis zwischen eher deduktivem Managementkonzept und eher induktiv operierenden Gruppenprozesses. Die Eigendynamik hatte selektive Wirkung: Gestaltungsmöglichkeiten werden zwar theoretisch vom Kernproblem und identifizierten Entwicklungskorridoren bestimmt. Praktisch aber sind andere Faktoren häufig wichtiger, die selektiv wirken, worauf aber das Projektmanagement keinen Einfluß hat. Zu unterscheiden waren (1) paradigmatisch-kognitive Begrenzungen (Ideen-Reservoir der Gruppe, paradigmatische Ausrichtungen der Akteure, zurückhaltende Einstellung der Promotoren) (2) Kapazitätsbegrenzungen (geringe Personalkapazität der Oberharzgemeinden, begrenzte Sekretariats-Kapazität des ILR) und (3) Entscheidungen im Vorfeld des Regionalmanagements. Auf solche Selektivitäten ist Rücksicht zu nehmen, da der Prozeß des RM kann nur entscheidungsvorbereitende Funktion haben kann und in der Wirksamkeit von den politischen Gremien abhängt.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Das Modellvorhaben bzw. die umgesetzten Teilprojekte wurden über folgende Wege der (Fach-) Öffentlichkeit präsentiert: Pressearbeit, Vorträge (u.a. Telearbeitssymposium, Vorstellung im Nds. MI), Arbeitsmaterialien / Projektbroschüren, Ausstellungen (Detailprojekt Städtebaulicher Wettbewerb Torfhaus), Einspeisung von Projekten in die REKs Harz und Süd-Ost-Niedersachsen, Veröffentlichung des Endberichtes (Fürst, D.; Löb, S. 1999: Ökologisch Orientiertes Regionalmanagement.- Pro Universitate Verlag)
Fazit
Die in dem Projekt erzielten Ergebnisse zeigen, daß RM ein erfolgversprechender Ansatz zur ökologischen Umsteuerung der Nds. Landkreise sein kann. Der Ansatz findet dort seine Grenzen, wo für ausgewählte Projekte weder finanzielle Ressourcen noch die erforderliche Umsetzungskapazität in den zuständigen Institutionen zu finden sind. Da RM aus der Region selbst gestaltet werden muß, kann der Ansatz nur erfolgreich sein, wenn Kernprobleme wirklich als drängend empfunden werden und die Bereitschaft für innovativere Lösungswege als Folge des Leidensdrucks ein gewisses Niveau erreicht hat.
Fördersumme
210.282,59 €
Förderzeitraum
01.01.1996 - 27.05.1999
Bundesland
Niedersachsen
Schlagwörter
Landnutzung
Umweltkommunikation