Reaktivierung der Wasserkraftanlage des Klosterstifts St. Marienthal, Ostritz
Projektdurchführung
Zisterzienserinnenabtei Klosterstift St. MarienthalKörperschaft des öffentlichen Rechts
St. Marienthal 1
02899 Ostritz
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Reaktivierung der 1967 eingestellten Stromerzeugung bei weit höherer Effizienz unter Beibehaltung der örtlichen Gegebenheiten, die von den Rahmenbedingungen des Denkmalschutzes vorgegeben werden. Verzicht auf tiefe Eingriffe in den Unterlauf des Flusses, der durch Brückentrümmer des zweiten Weltkrieges im Ablauf Störungen zeigt. Trotz höherer Wasserentnahme als bei der historischen Anlage soll die Durchgängigkeit für Fische mittels einer Fischtreppe verbessert werden. Ziel ist es, das Kloster selbst und das auf seinem Gebiet eingerichtete Internationale Begegnungszentrum St. Marienthal vom Jahresertrag her selbst zu versorgen und überschüssigen Strom in das Netz der Energieversorgung Sachsen Ost AG einzuspeisen.
Die Besonderheit dieser Anlage besteht darin, die bestehenden historischen Bauwerke weiter zu nutzen, die umweltverträgliche Nutzung der o. g. Wasserkraft zu demonstrieren und im Rahmen der energieökologischen Modellstadt Ostritz darzustellen.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenZunächst müssen die Auflagen der Genehmigung abgearbeitet und das Finanzierungsmodell mit der Bank abgestimmt werden, um im Anschluss daran die nötigen Fachingenieure vertraglich bis zur Ausführungsphase binden zu können. Die Oberbauleitung soll dabei einem Ingenieurbüro übertragen werden, das sich verpflichtet, den vorgegebenen Kostenrahmen und die Auflagen der Genehmigung strikt einzuhalten. Auch sind alle baulich bedingten Belastungen der Umwelt auf ein Mindestmaß zu reduzieren.
Die Ausführungsplanung soll bis Juni 1999 vorliegen, um die Inbetriebnahme im Dezember 1999 zu ermöglichen. Mit dem Einbau der Technik sollte auch die Fischaufstiegshilfe in das Wehr integriert und die Wehrkrone erneuert werden.
In der gesamten Planungs- und Bauzeit wird das Vorhaben durch Prof. Horlacher von der TU Dresden wissenschaftlich betreut.
Sämtliche Daten zur Erzeugung des elektrischen Stromes werden öffentlich dargestellt.
Mit der Fertigstellung wird der letzte Ausstellungspunkt der energieökologischen Modellstadt Ostritz auf der EXPO 2000 erfüllt.
Ergebnisse und Diskussion
Die gesteckten Ziele hinsichtlich Termintreue, Leistung und Kosten wurden nicht im vollen Umfang erreicht. Zunächst verzögerte sich die Projektierung, so dass ein Baubeginn erst im Oktober 1999 erfolgen konnte. Damit war die Inbetriebnahme der Anlage für den Probelauf erst im August 2000 realisiert worden. Bedingt durch eine extrem geringe Wasserführung der Neiße konnte bis zum März 2001 keine Optimierung der Anlage erfolgen. Die höheren Wasserstände der Neiße im Frühjahr 2001 legten offen, dass auch die projektierte Leistung von 103 kW in keinem der Betriebszustände erreicht werden konnte. Hier sind noch Nacharbeiten nötig, die im Rahmen der Garantieleistung erbracht werden. Die äußeren Bedingungen und Vorgaben der Denkmalpflege, die die alte Ansicht mit dem Grobrechen verlangte, schaffte Strömungsbedingungen, die für solch eine Anlage in der bestehenden Form bei mittlerer Leistung einen Fallhöhenverlust von 10 - 15 cm bringt. Die Anordnung der Brückenpfeiler um etwa 45° gegen die Strömungsrichtung und der nicht im vollen Umfang mögliche Zulaufquerschnitt vor diesen Bauteilen bringen weitere Verluste. Korrekturen müssen hier noch erfolgen.Gegenüber der Kostenberechnung der Ingenieure mit allen Eventualitäten ergab sich bei der Ausschreibung schon eine Kostensteigerung von ca. 10 %. Es konnte im Vorfeld des Vorhabens nicht exakt geklärt werden, ob bei Probebohrungen vorgefundene Steine Bestandteil einer Gründung der angrenzenden Gebäude oder des Baugrundes waren. So musste die Wand des angrenzenden Mühlengebäudes mittels einer HDI-Unterfangung zusätzlich neu und tiefer gegründet werden. Die Vorgaben für die Wasserhaltung während der Bauzeit wurden zwar vom Baubetrieb eingehalten, erwiesen sich in der Realität als zu niedrig. So wurde die Baustelle im Winter durch aufgefrorenes Eis am nächsten Wehr und durch Schmelzwässer fünf Mal überschwemmt, was durch die Baufirma nicht zu verantworten war.
Die positiven Effekte überwiegen. So ist der Gesamteindruck der fertiggestellten Anlage sehr harmonisch in ein Denkmal eingeordnet worden. Auch in der Öffentlichkeit wird das Umfeld des neu eingerichteten Fischpasses für Erholung und Entspannung stark frequentiert. Abgesehen von diesem nicht projektierten Nutzen erweist sich der Fischaufstieg als funktionstüchtig. Beim Probefischen durch die Fischereibehörde konnte ein der Neiße vergleichbarer Fischbesatz festgestellt werden. Schon vor dieser Kontrolle wurde durch diese Behörde erstmals eine Fischart oberhalb dieses Passes neu festgestellt.Im durchschnittlichen Jahresertrag erreichen wir zwar nicht die projektierte Jahresarbeit von 600.000 kWh, aber bedingt durch Strompreissteigerungen und eine sehr hohe Zuverlässigkeit der Anlage mit über 8.500 Benutzungsstunden im Jahr wird der projektierte Nutzen erreicht.
Große Probleme sehen wir in der Schwemmgutentsorgung. In Sachsen muss alles berührte Schwemmgut entnommen und durch den Betreiber einer Anlage entsorgt werden. Hier sollten bundeseinheitlich Vorgaben erarbeitet und untersucht werden. Nach unserem Verständnis kann es durch Anreicherung mit pflanzlichen Teilen, die auch schon in der Vergangenheit eingetragen wurden zu keiner Nährstoffüberreicherung des Wassers kommen. Diese entnommenen Teile sollten auch dem Fluss wieder zugeführt werden können. Die größeren Schwierigkeiten liegen aber in der Müllvermeidung und Mülltrennung. Es ist enorm, welche Mengen Verpackungen, Schuhe, Spielzeug, Autoreifen und Baufolien in die Neiße und deren Zuflüsse entsorgt werden. Wenn wir schon verpflichtet werden, diesen Müll soweit möglich zu bergen, sollten uns dafür aber nicht die Kosten zugeschrieben werden.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Die Gesamtanlage ist zur Besichtigung freigegeben. Im Klostergelände werden unter dem Thema Mensch-Energie-Werkstatt Führungen angeboten, die die Besichtigung der Dauerausstellung, das historische Sägewerk und die Wasserkraftanlage beinhalten. Über das Internet kann man sich in die Anlage einwählen und bei Vorhandensein des entsprechenden Programms alle Daten, die zu Verwaltung der Anlage gebraucht werden, auslesen. Für spezielle Interessenten können besondere Führungen vereinbart werden.
Fazit
Die Vorbereitung solch einer Maßnahme erforderte viel Zeit, wenn ausländische Stellen mit einbezogen werden müssen. Die Wirtschaftlichkeitsgrenze ist sehr schnell erreicht, wenn wasserbauliche Maßnahmen erforderlich sind. Die Einordnung eines Fischpasses ist je nach Gestaltung nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern durchaus ein architektonisches Gestaltungsmittel. Erst mit der Nutzung aller Möglichkeiten an Energiegewinnung aus erneuerbaren Energieträgern lässt sich ein gewisser Ausgleich zum Bedarf herstellen. Für das Modell der Stadt Ostritz sollte noch eine Möglichkeit der Energiespeicherung in größerem Maß geschaffen werden.
Fördersumme
449.936,86 €
Förderzeitraum
18.06.1998 - 18.06.2000
Bundesland
Sachsen
Schlagwörter
Klimaschutz
Naturschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik