Methodische Produktentwicklung durch Informationskreisläufe zwischen Geräteherstellern und Recyclern
Projektdurchführung
Universität KaiserslauternLehrstuhl für Fertigungstechnik undBetriebsorganisation
Gottlieb-Daimler-Str.
67663 Kaiserslautern
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Große Zeitspannen zwischen Produktentwicklung und Recycling stellen besondere Anforderungen an die Gestaltung von Produkten und deren Ursprungs- und Zustandsdokumentation. Die stetige Weiterentwicklung der Recyclingtechnologie, eine umweltorientierte Produktion und die Veränderungen eines Produktes durch und während des Gebrauchs müssen in eine recyclinggerechte Produktgestaltung eingehen. Zukünftige Recyclingprozesse sind heute schon als Visionen und Szenarien vorauszudenken und durch präventive Maßnahmen zu unterstützen. Derartige präventive Maßnahmen beziehen sich auf die Werkstoffauswahl und -kombinationen, die Demontage, aber auch auf die Oberflächenbehandlung und den Korrosionsschutz.
Die Grundlage für diese präventiven Maßnahmen ist das Wissen über die zukünftigen Entwicklungen des Recyclings. Dieses Wissen ist zielorientiert bereitzustellen und in einen methodischen Produktentwickungsprozeß zu integrieren.
Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Unterstützung, zukünftige Produkte umweltfreundlicher, insbesondere recyclinggerechter zu gestalten. Dies geschieht durch die Einbindung von speziellem Recycling-Know-How in den Produktentwicklungsprozeß. Dabei werden vorhandene und neue Ansätze der integrierten Produktentwicklung mit einbezogen und ein Gesamtkonzept für einen recyclingorientierten Entwicklungsprozeß erstellt.
Durch die Gestaltung recyclinggerechterer Produkte in der dargestellten Weise sollen
· primäre Rohstoffe und natürliche Ressourcen geschont werden, durch die Berücksichtigung der Wiederverwendung und -verwertung der Altprodukte im Gestaltungsprozeß zukünftiger Produkte
· die Entstehung von Abfällen vermieden werden, durch die Unterstützung der Rückführung der Altprodukte und -stoffe in einen neuen Lebenszyklus und damit die natürliche Umwelt bewahrt werden.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenTechnologische Allianzen und interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Entwicklungsteams und Recyclern ermöglichen und sichern den notwendigen Know-How-Transfer. Mit Hilfe eines dynamischen Kooperationsmodells zwischen Produktentwicklung und Recycling sollen Überlegungen und Entwicklungen zukünftiger Strategien im Recycling und zukünftige Recyclingtechnologien die Produktgestaltung wesentlich mit bestimmen.
Dieses dynamische Kooperationsmodell ist gekennzeichnet durch folgende Merkmale:
· Durch das Einbringen von Erfahrungs- und Technologiewissen des Recyclers in den Produktentwicklungsprozeß werden Produkte im Sinne zukünftiger Recyclingprozesse recyclinggerechter gestaltet.
· Dem Recyclingpartner werden produktbeschreibende Informationen als Basis der Planung ökonomischer und ökologischer Recyclingprozesse übermittelt.
· Sich verändernde Rahmenbedingungen, wie die Entwicklung neuer Recyclingtechnologien, neue Trends auf dem Markt für Sekundärprodukte oder sich ändernde gesetzliche Bestimmungen, können in das Kooperationsmodell einfließen.
In Zusammenarbeit mit den am Projekt beteiligten Unternehmen wurde bei der Erstellung des Gesamtkonzepts die Anwendungsorientierung und die Praxisgerechtheit in den Fordergrund gestellt. Ziel war nicht die Entwicklung und Implementierung von neuen aufwendigen Methoden und Hilfsmitteln, sondern bestehende Methoden und Hilfsmittel zu nutzen und entsprechend der Aufgabenstellung anzupassen und zu kombinieren.
Aus dieser Maßgabe entstand das Gesamtkonzept eines dynamischen Kooperationsmodells, das sich aus folgenden Einzelschritten zusammensetzt:
1. Möglichst frühzeitig innerhalb des Produktentwicklungsprozesses wird die Recyclingstrategie für das zu entwickelnde Produkt (oder für die gesamte Produktsparte) ermittelt. Die Recyclingstrategie be-schreibt den Verbleib des Produktes nach dem Gebrauch, d. h. es wird festgelegt, was mit dem Produkt nach der Nutzung geschehen soll.
Die Recyclingstrategie muß möglichst frühzeitig festgelegt werden, da sich am Verbleib der Produkte nach dem Gebrauch die Recyclinganforderungen orientieren, die bei der Gestaltung der Produkte innerhalb des Produktentwicklungsprozesses berücksichtigt werden müssen.
Recyclinganforderungen sind Anforderungen, die im Hinblick auf eine Optimierung des späteren Recyclingprozesses der Altprodukte an das Neuprodukt gestellt werden. Diese Optimierung bezieht sich auf den Prozeßaufwand, wie die Prozeßzeit und die Prozeßkosten, und auf das Prozeßergebnis, wie die Qualität der Sekundärprodukte und die Menge des entstehenden Abfalls.
2. Im Anschluß werden Anforderungen für die Gestaltung recyclinggerechter Produkte erstellt, die sich an der ermittelten Recyclingstrategie orientieren (siehe oben). Ziel dieser Recyclinganforderungen ist in erster Linie die Vermeidung der Recyclingprozesse oder, falls das Vermeiden der Prozesse nicht möglich ist, die Recyclingprozesse zu unterstützen.
3. Nach der Erstellung der Recyclinganforderungen erfolgt deren Umsetzung innerhalb des Produktentwicklungsprozesses. Zur Umsetzung der Anforderungen sind folgende Schritte notwendig:
a) In einem ersten Schritt sind die Recyclinganforderungen den Tätigkeiten innerhalb des Entwicklungsprozesses zuzuordnen und an die spezifischen Problemstellungen anzupassen.
b) Nach der Durchführung der jeweiligen Tätigkeiten ist die Umsetzung der Anforderungen zu kontrollieren.
c) Da sich einerseits die Bedingungen, die für die Festlegung der Recyclingstrategie verantwortlich waren, während der Produktentwicklung ändern können und andererseits das Produkt während des Entwicklungsprozesses oftmals fortwährenden Änderungen in Funktionen und Gestalt unterliegt, ist in festzulegenden Zyklen die ermittelte Recyclingstrategie auf ihre Aktualität zu kontrollieren.
4. Schließlich erfolgt die Erstellung der Produktdokumentation. Innerhalb der Produktdokumentation werden die für das Recyclingunternehmen relevanten Informationen abgelegt.
5. Innerhalb der Primärproduktion des Geräteherstellers wird das entwickelte Produkt realisiert. Nach dem Produktgebrauch erhält das Recyclingunternehmen somit einerseits Altprodukte, die auf ihren Sekundärproduktionsprozeß - der Begriff Sekundärproduktion beschreibt ein Recycling nach industriellen Prinzipien - abgestimmt sind und andererseits Produktinformationen, die ein effektives und effizientes Recycling der Altprodukte unterstützten.
Ergebnisse und Diskussion
Die Projektergebnisse für die beteiligten Unternehmen spalten sich auf in konkrete Hinweise für die recyclinggerechte Gestaltung ihrer Produkte, die sich aus der engen Zusammenarbeit mit dem Recyclingunternehmen ergaben, und in eine Erweiterung des Wissens der Unternehmen bezüglich der Zusammenarbeit zwischen Geräteherstellern und Recyclingunternehmen und der Möglichkeiten, die für die Unternehmen im Recycling enthalten sind.
· Konkrete Hinweise für die recyclinggerechte Gestaltung von Produkten
Im folgenden sind beispielhaft einige konkrete Gestaltungshinweise aufgeführt, die aufgrund der Ergebnisse der Analyse der betrachteten Produkte ermittelt wurden:
· Einspritzteile aus Zinklegierung
Generell sind heutzutage Einspritzteile aus Metall in Kunststoff bei der Verwertung kein Problem mehr. Durch die Verwendung von Hammermühlen zur Trennung der Metalle von den Kunststoffen und durch nachgeschaltete Sortierprozesse ist eine sortenreine Fraktionierung möglich. Die im betrachteten Fall verwendete Zinklegierung ist jedoch sehr spröde und zerfällt in der Hammermühle in sehr viele kleine Bruchstücke, die sich im Kunststoff verhaken und somit nur schwer vom Kunststoff zu trennen sind. Durch die Verwendung von Einspritzteilen aus Stahl kann der Verschmutzung der Kunststofffraktion vorgebeugt werden.
· Verwendung von verzinkte Bauteile
Bestimmte Lacke blättern bei der Zerkleinerung in Hammermühlen oder in Shredderanlagen von Metalloberflächen ab und damit ist die Trennung von Grundwerkstoff und Oberflächenbeschichtung sehr einfach. Bei der Verwendung von Zink als Oberflächenbeschichtung ist dies nicht der Fall. Das Zink paßt sich der Verformung des Grundwerkstoffes an. Somit kann das Werkstück nur niederwertig als Blechschrott verwertet werden. Es ist also anstelle von Zink ein entsprechender Lack als Oberflächenschutz zu verwenden.
· Kunststoffteile aus POM
POM ist grundsätzlich ein sehr leicht zu verwertender Kunststoff. Da aber POM im betrachteten Fall nur in einem Einzelteil Verwendung findet und somit nur geringe Mengen vorhanden sind, ist ein wirtschaftliches Verwerten von POM kaum möglich. Die Ersetzung des Werkstoffs POM ist anzustreben.
Die innerhalb des Projekts erarbeiteten Gestaltungshinweise werden, soweit dies möglich ist, in die Gestaltung neuer Produkte eingehen und damit die Produkte recyclinggerechter machen. Vielfach sind damit sogar Einsparungen bei der Primärproduktion verbunden, wie bei der Reduzierung der Werkstoffvielfalt und dem Ersetzen von teueren Zinklegierungen.
· Erweiterung des Wissens bezüglich Zusammenarbeit und Recycling
Aufgrund der Durchführung des Projekts konnten sich die beteiligten Unternehmen umfangreiche Kenntnisse über die Möglichkeiten aneignen, die die Zusammenarbeit zwischen Geräteherstellern und Recyclingunternehmen birgt und über die Art und Weise, wie eine derartige Zusammenarbeit aussehen kann. Diese Kenntnisse beziehen sich insbesondere auf:
· zu erwartender Input von den kooperierenden Unternehmen
Der Input bezieht sich auf das fachspezifische Wissen der Gerätehersteller und der Recyclingunternehmen, das dem jeweiligen Kooperationspartner zur Unterstützung seiner Arbeit zur Verfügung gestellt wird, d. h. das Recycling-Know-how, das in den Gestaltungsprozeß einfließt und das Produktwissen, das die Planung und die Durchführung der Recyclingprozesse unterstützt.
· Gestaltung der Teamsitzungen
Die Gestaltung der Teamsitzungen beinhaltet die Vorbereitung der Sitzungen, d. h. die Zusammenstellung der Unterlagen und die Kenntnisse, die zur Durchführung der Sitzungen notwendig sind, die Zusammensetzung des Teilnehmerkreises und die Festlegung der jeweiligen Arbeitsinhalte.
· Zeitpunkte der Durchführung von Sitzungen
Wann werden die Sitzungen durchgeführt, sodaß sie möglichst effektiv und effizient sind?
· zu erzielende Ergebnisse
Die Ergebnisse für den Gerätehersteller beziehen sich auf das Produkt, das im Rahmen der Möglichkeiten der einzelnen Unternehmen in hohem Maße recyclinggerecht gestaltet ist und somit nach dessen Gebrauch möglichst geringe Kosten verursacht - insbesondere durch die enge Zusammenarbeit mit dem Recyclingunternehmen. Den Recyclingunternehmen bietet sich, insbesondere aufgrund der mit dem Gerätehersteller abgestimmten Produktdokumentation, die Möglichkeit, Recyclingprozesse im vorhinein zu planen und somit möglichst effizient zu gestalten.
Zusätzlich zu den beschriebenen Kenntnissen, die sich die Unternehmen aufgrund des Projektes aneignen konnten, erfolgte innerhalb der Unternehmen eine Sensibilisierung bezüglich der Problemstellungen innerhalb des Recyclings von Altprodukten, die Auswirkungen auf die gesamte Unternehmenskultur gezeigt hat. So wird auch noch nach Projektabschluß bei der Gestaltung von Produkten von den Konstrukteuren in Eigenregie auf eine recyclinggerechte Gestaltung der Bauelementen geachtet. Bei der Auswahl von Werkstoffen wird auf recyclinggerechte Alternativen zurückgegriffen oder aber von den Verantwortlichen selbstständig nach recyclinggerechten Alternativen gesucht. Somit hat das Projekt neben der Erarbeitung der innerhalb des Berichts dargestellten Ergebnissen auch noch zur Erhöhung des Umweltbewußtseins der Mitarbeiter bei den beteiligten Unternehmen beigetragen.
Im Rahmen des Projekts wurde ein Recyclinganforderungskatalog, der Anforderungen an recycling-gerechte Produkte, und ein Informationstransferkatalog, der den vom Recyclingunternehmen benötigten Informationsbedarf enthält, erstellt.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
· Vortrag innerhalb des Symposiums Integrierter Umweltschutz, Universität Kaiserslautern, 02. März 1996
Titel: Effektive Gestaltung des Produktentwicklungsprozesses unter besonderer Berücksichtigung des Recyclings
Veröffentlichung des Beitrags in einem Tagungsband
· Vortrag innerhalb der Veranstaltung First International Working Seminar on Reuse, Universität Eindhoven, Holland, 11.-13. November 1996
Titel: A Cooperation Model of Product Development and Recycling
Veröffentlichung des Beitrags in einem Tagungsband
· Abschlußpräsentation 21.02.1997
Fazit
Die im Projekt erzielten Ergebnisse zeigen, daß die Kooperation zwischen Recyclingunternehmen und Geräteherstellern insbesondere für klein- und mittelständische Unternehmen eine sehr effektive und effiziente Möglichkeit darstellt, Stoffkreisläufe zu schließen und Abfall zu vermeiden. Das erstellte Konzept zur Realisierung von Informationskreisläufen zwischen Geräteherstellern und Recyclern hat sich aufgrund seiner Orientierung an den praktischen Abläufen innerhalb der Unternehmen und der Verwendung unternehmensinterner Methoden der Produktentwicklung bewährt. Weitere Ansatzpunkte sind in der verstärkten EDV-Unterstützung derartiger Informationskreisläufe zu sehen.
Fördersumme
172.305,36 €
Förderzeitraum
21.11.1994 - 26.02.1998
Bundesland
Rheinland-Pfalz
Schlagwörter
Ressourcenschonung
Umweltkommunikation
Umwelttechnik