Projekt 05210/01

Realisierungsgrundlage für die Entwicklung und modellhafte Umsetzung eines Sortiermoduls für ganze Wein- und Sektflaschen

Projektdurchführung

Ganz-Glas-Zentrum im Umweltzentrum
August-Bebel-Str. 16 - 18
33602 Bielefeld

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

In anbaufernen Gebieten gibt es die vor 30 Jahren überall verbreitete Mehrwegflasche bei den Getränken Wein und Sekt kaum noch. Die Mehrwegquote für das Getränk Wein betrug 1993 rund 29% für ganz Deutschland (Mittelwert der regional unterschiedlichen Quoten von 3,5% bis zu 62%). Wein ist das einzige Getränk, bei dem in den letzten Jahren ein Sinken der Mehrwegquote beobachtet wurde.
Zwar hat Wein mit einem Pro-Kopf-Verbrauch von ca. 21 Litern nicht die Umweltrelevanz von Bier mit über 130 Litern. 2 Milliarden Flaschen mit einem Gewicht von 1 Mio. Tonnen für den bundesdeutschen Weinkonsum eines Jahres verdeutlichen jedoch die enormen Auswirkungen der Art der Verwertung der anfallenden Verpackungen auf die Umwelt.
Wein und Sekt werden im Unterschied zu anderen Getränken nicht über einen regionalen Fachgroßhandel einschließlich der Logistik des Leergut-Rücktransportes zu beispielsweise Brauereien vertrieben. Das Spülen einer Flasche erfordert unter 0,1 Kilowattstunden Energie (ohne Berücksichtigung des Energieaufwandes für den Rücktransport) im Gegensatz zur Neuherstellung einer Flasche aus dem Scherbenrecycling mit 1,1 Kwh Energiebedarf. Dieses verdeutlicht das enorme Energieeinsparungspotential.
Mehrwegweinflaschen müssen in der Regel in die Anbaugebiete, die die Abfüllkapazitäten vorhalten, transportiert werden, ebenso wie auch die neuen Weinflaschen von den Glashütten. Die flaschenherstellenden Glashütten sind über ganz Deutschland verteilt, während die Weinabfüllbetriebe in den Weinanbaugebieten im Süden angesiedelt sind. Beim Neuglastransport wäre eine Entfernung von 350 km als eher unterdurch schnittlich anzusehen. 1992 wurden über 450.000 Tonnen Flaschen importiert; die hier zurückgelegten Entfernungen betragen im Einzelfall mehrere Tausend Kilometer. Aber auch bei einer Entfernung von 400 km bis zur Abfüllregion unterscheidet sich der Energieverbrauch des LKW-Flaschentransportes noch erheblich von der Neuproduktion in einer Glashütte in der Abfüllregion. Da Sortierzentren nach dem Bielefelder Modell immer in Zentren des Weinverbrauchs liegen, ergibt sich für die Spediteure die Möglichkeit, Wein aus den Weinbauregionen zu liefern und ohne zeit- und energieaufwendige und damit umweltbelastende Umwege gebrauchte Flaschen als Rückladung aufzunehmen.
Seit über 10 Jahren erprobt das GGZ das Modell eines regionalen Sortier- und Verteilzentrums für ganze Wein- und Sektflaschen. In dieser Zeit wurde ein patentierter Transportbehälter entwickelt. Mit 150 Sammelbehältern in sozial sehr unterschiedlich strukturierten Quartieren konnten aussagefähige Erfahrungen über die Akzeptanz dieser Art der Sammlung gemacht werden. Vor allem tragfähige Abnehmerbeziehungen zu allen Abfüllregionen in Deutschland und für den internationalen Verkehr bis nach
Frankreich wurden entwickelt. Diese vielfältige Struktur ermöglicht es, fast 40 Flaschentypen zu vermarkten und den Output vergleichbar mit der Mehrwegquote in Rheinland-Pfalz auf ca. 70% zu erhöhen.
Eine weitere Ausweitung der Ganz-Glas-Erfassung scheitert jedoch an den unzureichenden Sortiermöglichkeiten, da die angelieferten Flaschen von Hand sortiert werden. Die Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter sind durch Lärm, Staub und ungünstige Körperhaltungen stark belastend und nur für wenig qualifizierte Mitarbeiter geeignet. Die Einführung der Ganz-Glas-Erfassung könnte auch an anderen Stellen verbesserte Arbeitsbedingungen biete.
· Aus Gründen kurzer Transportwege und mit dem Ziel, die belastenden Arbeiten wegzurationalisieren, soll in einem Projekt ein Sortiermodul entwickelt werden, das an jedem Verbrauchszentrum von Wein und Sekt mit einer Einzugsgebietsgröße ab 500.000 bis zu 1 Mio. Einwohnern adaptiert werden kann. Es erscheint möglich, den Output an ganzen Flaschen auf über 80% zu erhöhen, wenn es gelingt, die Sortierung zu mechanisieren. In Bielefeld sowie den Kreisen Lippe und Gütersloh ist die Ganz-Glas-Sammlung eingeführt worden. Das GGZ bekommt für die Einsammlung einen tonnenbezogenen Preis auf dem Niveau des Scherbenrecyclings und hat gleichzeitig das Recht, die ganzen Flaschen selbst zu vermarkten. Bevor das Sortiermodul modellhaft für ganze Weinflaschen entwickelt und umgesetzt werden kann, sind in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Bielefeld folgende Arbeitsschritte im Rahmen einer ersten Phase als Realisierungsgrundlage geplant:

· Erstellung eines Lastenheftes unter Berücksichtigung der Aspekte:
Leistung des Systems, Sortierkriterien, Realisierungsstufen, Flächen vorgaben, Module, Wareneingang / Verteilung, Prüfung / Qualität, Mechanisierung / Automatisierungsgrad.
· Markt- bzw. Patentrecherche über schon vorhandene Anlagen bzw. Anlagenteile.
· Angebotseinholung von Firmen.
· Bewertung des Gesamtsystems sowie eine Auswahl von Einzelkomponenten.
· Nach Festlegung der Systemkonfiguration wird eine Simulation des gesamten Systems an der FH ins Auge gefaßt.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie Fachhochschule Bielefeld, Fachbereich Industrielle Bewegungstechnologie, FML Fördertechnik/Materialfluß/Logistik (Herr Professor Dr.-Ing. Ralf Hörstmeier ) führte die Bewertung und Auswahl von Teil- bzw. Gesamtsystemen durch.
Die FH recherchierte in einem ersten Schritt Anbieter von Sortiermaschinen und Logistiklösungen der Getränkeindustrie. In einem zweiten Schritt wurden einzelne Firmen um Angebote für die festgelegte Aufgabenstellung gebeten. Angebote für die einzelnen Funktions- und Schnittstellenträger bzw. für komplette Anlagen wurden nach einem Punkteraster mittels Nutzwertanalysen bewertet. Dazu legte das FML folgende Kriterien fest: Automatisierungsgrad, Preis, Erweiterungsfähigkeit, gegebene Kompatibilität und Zugänglichkeit.


Ergebnisse und Diskussion

Das GGZ mußte gemeinsam mit der FH Bielefeld feststellen, daß kein Hersteller von Komplettanlagen oder Einzelkomponenten ein Konzept geliefert hatte, da sofort umsetzbar war bzw. ist. Alle Konzepte erscheinen für das augenblickliche Aufkommen überdimensioniert und sind damit ökonomisch nicht zu rechtfertigen. Es stellte sich insbesondere heraus, daß keiner der Anbieter ein befriedigendes Konzept für die Zuführung der ungeordneten Flaschen in Gitterkörben auf ein Förderband erstellen konnte.
Dennoch hat sich gezeigt, daß vorhandene Komponenten aus der Geträn-keindustrie zu-sammen mit Neuentwicklungen zu einer Lösung der Aufgaben führen können.
Die Lieferfirmen und die Ergebnisse sind im einzelnen dem Projektbericht der FH vom Oktober 1995 zu entnehmen. Zur Auswertung der Nutzwertanalyse sei auf die Seite -21- des Berichtes verwiesen.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Kontaktadresse:
GGZ Ganz-Glas-Zentrum, Hakenort 65, 33609 Bielefeld
Ansprechpartner ist Herr Andreas Thiel, Tel. + Fax 0521 / 322488.

Das GGZ hat in der Zwischenzeit mit dem Anbieter, der von der FH Bielefeld am besten bewertet wurde, eine erste einfache Konzeption erstellt. Für die Aufgabe der Flaschen auf ein Primärförderband muß ein optimales Verfahren gefunden und entwickelt werden.
Das vom GGZ im November 1996 beantragte Anschlußprojekt AZ 05120/02 bezieht sich vor diesem Hintergrund auf eine Umsetzung der Sortiertechnik. In einem ersten Schritt soll die FH Bielefeld wiederum als Kooperationspartner die Flaschenaufgabe auf das Primärsortierband entwickeln. In einem zweiten Schritt soll eine teilmechanisierte Sortieranlage mit Optionen zu weiteren Mechanisierungssschritten umgesetzt werden. Diese Anlage soll gleichzeitig im GGZ Bielefeld und in einem kurz vor der Gründung stehenden GGZ in Berlin umgesetzt werden.


Fazit

Die gemeinsame Vorauswahl des GGZ und der FH Bielefeld ist im Hinblick auf das geplante eigentliche modellhafte Umsetzungsprojekt wichtig gewe-sen (siehe auch Kapitel B., Punkt 5.) und war angesichts der konkreten Benennung eines geeigneten Anlagenherstellers als möglicher Kooperations-partner sowie des vom GGZ vorgelegten Folgeantrages erfolgreich.
Das Vorprojekt zeigt, daß ein kleiner, durch die Geschäftsstelle mit Fördermitteln unterstützter erster Schritt für den Projektdurchführenden und den Fördermittelgeber gleichermaßen eine gute Grundlage für weitere Arbeiten liefern kann.

Übersicht

Fördersumme

9.463,50 €

Förderzeitraum

31.03.1995 - 17.07.1997

Bundesland

Nordrhein-Westfalen

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik