Projekt 04174/01

Untersuchungen zur Bedeutung von Saumbiotopen (Streifenmanagement) in intensiv genutzten Agrarlandschaften zur Reduktion des Pflanzenschutzmitteleinsatzes

Projektdurchführung

Universität HannoverInstitut für Pflanzenkrankheiten und Pflanzenschutz
30419 Hannover

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Durch künstlich angelegte, streifenförmige Saumbiotope im Inneren von Getreidefeldern soll die botanische und strukturelle Diversität in intensiv genutzten Agrarlandschaften erhöht werden, um so zu einer Schonung und Förderung von natürlichen Gegenspielern von Getreideschädlingen beizutragen. Auf diese Weise könnte eine Umweltentlastung durch eine Reduktion des Pflanzenschutzmittelaufwands erreicht werden. Ebenso kann mit solchen Krautstreifen durch die Schaffung von Refugien und Überwinterungsquartieren für viele Arthropodenarten ein Beitrag zum angewandten Natur- und Artenschutz in der Agrarlandschaft geleistet werden.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenAn zwei Versuchsstandorten südlich von Hannover (Calenberger Börde) wurden innerhalb von Winterweizenfeldern jeweils zwei schmale Ackerwildkrautstreifen (Abstand 30 m) mit einer speziellen Ansaatmischung ausgesät.
Es wurde untersucht, ob sich durch solche Krautstreifen der Prädationsdruck durch Blattlausantagonisten erhöhen läßt und ob auf diese Weise ein Beitrag zu einer natürlichen Regulation des Blattlausbefalls geleistet werden kann, so daß sich möglicherweise Insektizidbehandlungen einsparen lassen. Ebenso wurde geprüft, wie sich die Streifen auf Individuen- und Artenzahlen von Spinnen sowie auf Verbreitungsprozesse auswirken, und ob dies einen Einfluß auf die Wiederbesiedlung insektizidbehandelter Flächen hat.
Der Befallsverlauf der Getreideblattläuse wurde im Weizen mittels visueller Zählungen erfaßt. Die Abundanz der Spinnen in Krautstreifen und definierten Abständen im Feld wurde mit Hilfe eines D-vac-Sauggerätes bestimmt; zur Ermittlung der Aktivitätsdichte dienten in Form von Transekten angeordnete Bodenfallen. Über Austauschprozesse auf der Bodenoberfläche im Grenzbereich Streifen/Feld sowie über mögliche Barriereeffekte der Streifen sollten Richtungsbodenfallen und Markierung-Wiederfang-Versuche mit Wolfsspinnen Aufschluß geben.
Die Probenahmen erfolgten zwar kontinuierlich im Jahresverlauf, vor und nach der Anwendung eines Pyrethroids (zu Beginn der Weizenblüte) jedoch besonders intensiv, um Einflüsse der Wildkrautstreifen auf Aphidendichten und Wiederbesiedlung durch Spinnen feststellen zu können.


Ergebnisse und Diskussion

Die Untersuchung konnte zeigen, daß sich nach gelungener Ansaat in den Streifen dichte, vielfältig struturierte und blütenreiche Pflanzenbestände etablieren lassen. Die Pflanzensukzession in den Krautstreifen war im ersten Jahr von einer Dominanz von Therophyten gekennzeichnet, während im zweiten und dritten Jahr Hemikryptophyten den Aspekt prägten. Die Deckungsgrade der Streifenvegetation lagen vom ersten Sommer nach Ansaat an bei 80 - 100 %. Nach Umbruch der Streifen war eine Restverunkrautung durch einige Pflanzenarten der Saatmischung sowie durch Gräser und Disteln zu beobachten.
Für die Spinnen ließ sich vor allem in den Krautstreifen eine erhöhte Abundanz und Artendiversität feststellen, die positiv mit der Komplexität der Streifenvegetation korreliert war. Damit bestätigten sich Ergebnisse anderer Autoren, die einen engen Zusammenhang zwischen Arten- und Individuendichten von Spinnen und der Vegetationsstruktur belegen, der sich u. a. mit einem höherem Beuteangebot und mehr Möglichkeiten für den Netzbau erklären läßt. Vom zweiten Versuchsjahr an ließ sich auch eine Erhöhung der Individuen- und Artenzahl im streifennahen Feldbereich feststellen, d.h. die Krautstreifen trugen zu einer erhöhten Diversität und Spinnendichte im Weizenbestand bei. Obwohl die Linyphiiden auch in den Krautstreifen die arten- und individuenreichste Familie waren, boten die Streifen mit zunehmendem Alter ebenso Spinnenarten Lebensraum, die zur Vollendung ihres Lebenszyklus auf die Nähe unbeeinflußter Habitate angewiesen sind, wie z.B. Lycosiden.
Ebenso konnte gezeigt werden, daß die Krautstreifen für viele Spinnen besonders während der Wintermonate ein geeignetes Refugialhabitat darstellen, dabei nutzten auch typische Ackerarten wie Erigone atra und Oedothorax apicatus die Streifen zur Überwinterung. Insbesondere für O. apicatus konnte eine Besiedlung des Weizenfeldes aus den Streifen im Frühjahr nachgewiesen werden. Da sich die meisten Linyphi-idenarten durch Ballooning verbreiten, ließ sich für die Spinnen insgesamt eine Ausbreitung in erster Linie anhand steigender Dichten im Feld im Verlauf der Vegetationsperiode nachvollziehen.
Die Bedeutung der Krautstreifen für den Naturschutz wird am Vorkommen einiger Rote Liste-Arten deutlich, die ihren Verbreitungsschwerpunkt überwiegend in feuchten Habitaten haben. Sie konnten den Streifen bzw. den angrenzenden Feldbereich offenbar vorübergehend als Lebensraum nutzen. Aus ökologischer Sicht wäre eine größere Streifenbreite, ein längerer Zeitraum vor dem Umbruch sowie eine stärkere Vernetzung mit anderen Saumbiotopen wünschenswert.
Die Pyrethroidbehandlungen hatten eine nachhaltige Reduktion der Spinnendichten zur Folge. Bei der Art Oedothorax apicatus ließen signifikant höhere Bodenfallenfänge in den Insektizidparzellen mit Streifen auf eine Wiederbesiedlung behandelter Flächen schließen. Für die Spinnen insgesamt sowie für Erigone atra konnte dagegen aufgrund der vorherrschenden Verbreitung durch Fadenflug (s.o.) eine Wiederbesiedlung nicht eindeutig nachgewiesen werden.
Die Krautstreifen hatten ebenfalls Effekte auf die Aphidendichten: In Jahren mit eher geringem Befallsdruck blieb der Aphidenbefall in den Versuchsparzellen mit Krautstreifen unterhalb der Bekämpfungsschwelle von 4 Aphiden je Ähre und Fahne zur Zeit der Weizenblüte, so daß in solchen Situationen auf eine Insektizidbehandlung verzichtet werden könnte. Da in allen drei Untersuchungsjahren kein hoher Aphidenbefall zu verzeichnen war, lassen sich diese Ergebnisse jedoch nicht verallgemeinern. Ein Einfluß der Krautstreifen auf die Blattlauspopulation ließ sich auch an ansteigenden Aphidendichten mit zunehmendem Abstand zu den Streifen erkennen. Konkrete Rückschlüsse auf regulierende Effekte durch bestimmte Gegenspieler ließen sich jedoch aus den vorliegenden Daten nicht ziehen. Vermutet wird ein Einfluß eines ganzen Komplexes verschiedener Blattlausantagonisten, zu dem auch die Spinnen beigetragen haben.
Die Krautstreifen hatten keinen erkennbaren Effekt auf die Ernteerträge.
Der Versuch einer ökonomischen Bewertung der Anlage von Ackerkrautstreifen anhand einer vereinfachten Nutzen-Kosten-Analyse zeigte, daß auf Seiten des Landwirts die Kosten (Anlage und Pflege der Streifen, Arbeitserschwernis, Flächenverlust durch die Streifen, Beseitigung der Folgeverunkrautung) überwiegen, die in Form von Ausgleichszahlungen kompensiert werden müßten.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Posterbeitrag bei der Tagung der Deutschen Phytomedizinischen Gesellschaft in Münster, 1996
Fachvorträge: DGaaE-Arbeitskreistreffen Epigäische Raubarthropoden in Münster, 1996; IOBC-Arbeitskreistreffen Integrated Control in Cereal Crops in Llerida, Spanien, 1997; Entomologen-Tagung (DGaaE) in Bayreuth, 1997; Publikationen: 1.Zum Einfluß von Ackerwildkrautstreifen im Winterweizen auf die Abundanz von Getreideblattläusen und Spinnen, Mitt. Dtsch. Ges. all. angew. Entomol. 11, 237-240. 2. Effects of sown weed strips in cereal fields on the abundance of spiders (Arachnida: Araneae) and cereal aphids (Homoptera: Aphididae), IOBC-Bulletin, in Vorb.; geplant: Vortrag bei der Entomologen-Tagung in Basel, 1999; weitere Publikationen


Fazit

Mit der Anlage von Ackerwildkrautstreifen lassen sich Spinnen der Agrarlandschaft fördern, dabei scheint gerade die Funktion als Überwinterungshabitat innerhalb der Ackerflächen von Bedeutung zu sein. Bei geringem Befallsdruck durch Getreideblattläuse lassen sich Insektizidbehandlungen einsparen.
Bei einer Umsetzung des Streifenkonzeptes in die landwirtschaftliche Praxis müßten arbeitswirtschaftliche Aspekte stärker berücksichtigt werden und durch Ausgleichszahlungen finanzielle Anreize geschaffen wer-den.

Übersicht

Fördersumme

96.320,23 €

Förderzeitraum

01.04.1994 - 31.03.1997

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter

Landnutzung
Naturschutz