Entwicklung und Umsetzung von Handlungsstrategien für eine umweltgerechte Raumnutzung in dünn besiedelten Gebieten der neuen Bundesländer
Projektdurchführung
Universität Hannover
Institut für Entwicklungsplanung und Strukturforschung
GmbH
Leonhardtstr. 8
30175 Hannover
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
In den dünn besiedelten, strukturschwachen Regionen der neuen Bundesländer hat es neben einer rapide gesunkenen Geburtenrate massive Abwanderungsbewegungen gegeben. Damit sind für die Zukunft die Gefahren einer demographischen Entleerung und weiterer Strukturverluste gegeben. Um dieser Gefahr entgegenzutreten, werden in den dünn besiedelten Regionen verschiedene Maßnahmen und Strategien propagiert, die Arbeitsmöglichkeiten und damit Lebensperspektiven für die ansässige Bevölkerung schaffen. Es nehmen bestimmte Schwerpunkte Gestalt an wie die Tourismusentwicklung, Abfallentsorgungsprojekte, Betriebe zur Verarbeitung land- und forstwirtschaftlicher Produkte einschließlich aller technischer. Dabei herrscht Unsicherheit über die sozialen und ökologischen Konsequenzen von Strategien, die nur betriebswirtschaftlichen Rentabilitätsgesichtspunkten folgen. Deshalb geraten die regionalen/-lokalen Investoren und Entscheidungsträger bei der Realisierung von Maßnahmen und Vorhaben oft in Zielkonflikte, die aus einer unterschiedlichen Bewertung der Nutzung dünnbesiedelter Räume durch den Menschen bzw. der ökologischen, ökonomischen und sozialen Folgen der Raumnutzung wie Arbeiten - Bauen und Siedeln - Erholung - Versorgung - Fortbewegung resultieren.
Ziel des Projektes ist es, beispielhafte Maßnahmen und Strategien zur Verbesserung der Lebensperspektiven der Bevölkerung in den dünn besiedelten Regionen der neuen Bundesländer aufzuzeigen und Handlungsstrategien für Kommunen zu sammeln, die dem Leitbild einer umweltgerechten Raumnutzung folgen und dadurch Alternativen zu herkömmlichen Entwicklungsmodellen erschließen.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenIm Rahmen von insgesamt sieben Werkstattgesprächen zu verschiedenen Handlungsbereichen wird eine Auswahl der recherchierten Beispiele einer interessierten Fachöffentlichkeit präsentiert und in methoden-gestützten Arbeitgruppen diskutiert. abschließende Broschüre soll die Arbeitsergebnisse in einer Hand-buchsystematik dokumentieren.
Ausgewählte Handlungsbereiche sind: Energie, Tourismus- und Erholungsvorhaben, Siedlungs- und Verkehrskonzepte, Land- und Forstwirtschaft, technische Ver- und Entsorgungseinrichtungen (Abfall, Abwasser) sowie die örtliche und regionale Koordination der verschiedenen Maßnahmen in diesen Bereichen.
Die Übertragbarkeit der mit den Beispielen vorgestellten Handlungsstrategien soll von Praxisvertretern der einzelnen Umwelt- sparten, ihren Organisationen sowie von Experten aus der Wissenschaft. Die Werkstätten haben die Funktion einer Ideenbörse und dienen gleichzeitig dem Erfahrungsaustausch. Gleichzeitig wird ein Neztwerk von Ansprechpartnern für vergleichbare Initiativen und Projekte aufgebaut.
Ergebnisse und Diskussion
Als Leitbegriff des Projekts hat sich der Begriff der Umweltvorsorge etabliert. Er hat seine Wurzeln in der ökologischen Ethik. Im Blickpunkt steht dabei das vorbeugende Handeln, das in ethischer Verantwortung und kalkulierter Strategie Wege einschlägt, die der Erhaltung der nichtmenschlichen Natur und somit auch dem Erhalt des menschlichen Lebens dienen. Die Umweltvorsorge ist ein zentraler Ansatzpunkt für die Schonung der Ressourcen und die Sicherung von Umweltfunktionen. Eine wirkungsvolle Umweltvorsorge läßt sich vor allem im Rahmen einer umweltgerechten Raumentwicklung und Raumnutzung erreichen. Denn das umweltbezogene Vorsorgehandeln hat einen erheblichen Raumbezug.
Ein wesentliches Kennzeichen der Umweltvorsorge ist der Einbezug aller Handelnden. Vor diesem Hintergrund muß die Rolle der Akteure neu definiert werden: Denn die Verantwortung und Gestaltungskraft liegt nicht mehr allein bei den professionellen Planungsgruppen. Private Akteure des politischen und wirtschaftlichen Bereichs sind als Schlüsselpersonen des Energie-, Stoff- und Flächenverbrauchs und der Bestimmung von Nutzungsintensitäten in gleicher Weise an dem Prozeß beteiligt. Ein modernes Regionalmanagement der Umweltvorsorge muß die verschiedenen Gruppen von Akteuren deshalb nicht nur aktiv einbeziehen, sondern auch vernetzend aufeinander beziehen. Es sind geeignete Kooperationsstrukturen zu schaffen, die als Schnittstelle das Handeln von oben (institutionelle Akteure) mit dem Handeln der Initiativen von unten (informelle, private Akteure) verbinden.
In Werkstattgesprächen wird eine Auswahl der gesammelten Beispiele einer interessierten Fachöffentlichkeit vorgestellt und systematisch erörtert. Die Arbeitsfragen richten das Interesse auf:
- die lokalen und regionalen Potentiale für eine nachhaltig-umweltgerechte Entwicklung,
- die konkreten Handlungsmöglichkeiten der Kommunen und Regionen in planerischer, rechtlicher, ordnungspolitischer und informeller Hinsicht und
- die örtlichen und regionalen Kooperationsformen, Organisationsweisen, Vernetzungen und Instrumente.
Besondere Aufmerksamkeit wird dem Handlungswissen der Akteure gewidmet, denn dies ist einer der zentralen Aspekte für die Übertragbarkeit von örtlichen Beispielen auf andere regionale Kontexte. Insofern werden aus dem Vorhaben Umweltvorsorge und Raumnutzung Anhaltspunkte für die Förderkulisse zur Entwicklung des strukturschwachen ländlichen Raumes im Rahmen von Modellprojekten gewonnen.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Werkstatt1: Beispiele zur umweltgerechten Entwicklung der ländlichen Räume in den neuen Bundesländern am 18. 10.1994, Werkstatt 2: Energie im ländlichen Raum, am 28.02/01.03.1995 in St. Marienthal, Werkstatt 3: Nachhaltige Regionalentwicklung durch Tourismus am 20.-21. 06 1995 in Templin, Werkstatt 4: Umweltgerechte Flächennutzungen, Siedlungen und Verkehrslösungen am 20.-21. 11.1995 in Herzberg/Parchim, Werkstatt 5: Umweltgerechte Land- und Forstwirtschaft am 20.-21.02.1996 in Hitzacker, Werkstatt 6: Umweltorientierte Produktion, Ver- und Entsorgung im Sommer 1996 in Thüringen, Werkstatt 7: Umweltkoordination zur nachhaltigen Entwicklung im Herbst 1996 in Hannover. Die ausgewerteten Beispiele und Arbeitsergebnisse werden abschließend in einem Leitfaden für örtliche und regionale Akteure zusammengefaßt.
Fazit
Im Rahmen des Projekts werden erfolgreiche Lösungen einer umweltvorsorgenden Raumentwicklung gesammelt, in der Kommunikation mit Fachleuten bewertet und auf verallgemeinerbare Aussagen überprüft. Dadurch werden die aktuellen guten Beispiele einer Umweltvorsorge durch örtliche und regionale Initiativen im Rahmen des Projekts als paradigmatische Ansätze verbreitet. Die akteursbezogene Handlungsforschung hat sich darin bewährt herauszuarbeiten, welche Strategien der Umweltvorsorge Akzeptanz finden und unter welchen Rahmenbedingungen sie erfolgreich sein können. Die Erfahrungen zeigen, daß die örtlichen und regionalen Akteure durch Mitwirkung und Mitverantwortung in den Diskussionsprozessen sowie durch die Ausstrahlung guter Beispiele überzeugt werden und daß sie aus dem Kontakt untereinander neue Einsichten für ihre Praxis vor Ort mitnehmen.
Die Erkenntnisse des Projekts wurden als Buch bei der Dr. Josef Raabe Verlags-GmbH, Düsseldorf unter dem Titel Beispiele nachhaltiger Regionalentwicklungen (ISBN 3-88649-531-0) publiziert.
Fördersumme
459.835,47 €
Förderzeitraum
01.01.1994 - 08.05.1998
Bundesland
Niedersachsen
Schlagwörter