Biologische Untersuchungen zur Teilstrombehandlung hochbelasteter Färbereiabwässer
Projektdurchführung
Technische Universität BraunschweigInstitut für Bioverfahrenstechnik
Gaußstr. 17
38106 Braunschweig
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Ziel des Gesamtforschungsvorhabens ist die Erarbeitung biologischer und bioverfahrenstechnischer Grundlagen der Teilstrom-
behandlung von Färbereiabwässern sowie die Umsetzung der erhaltenen Ergebnisse in eine Pilotanlage, um Möglichkeiten und Grenzen der Wiederverwertung des Mischabwassers eines Textilveredlungsbetriebes zu ermitteln.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenAm Beispiel recalcitranter Reaktivfarbstoffe und des Abwassers der KKV-Färbung werden grundlegende biologische und bioverfahrenstechnische Untersuchungen zur Teilstrombehandlung dieser hochkonzentrierten Abwasserteilströme durchgeführt sowie die erhaltenen Ergebnisse in einer Pilotanlage umgesetzt. Die erzielten Untersuchungsergebnisse sind die Basis zur Konzeptionierung eines Teilstrombehandlungsverfahrens und ermöglichen die Auslegung einer Teilstrombehandlungsanlage im technischen Maßstab.
Innerhalb der Projektlaufzeit wurden die im Labor erzielten Ergebnisse in einer 30 l-Pilotanlage mit dem Betriebsabwasser des Kooperationspartners getestet. Die Arbeiten zur Teilstrombehandlung der Restflotten wurden soweit vorangetrieben, daß eine verfahrenstechnische Auslegung ermöglicht wird. Alle im Forschungsprojekt durchgeführten Versuche wurden so ausgerichtet, daß die Ergebnisse grundsätzlichen Modelcharakter für die Behandlung hochkonzentrierter Färbereiabwässer mit wasserlöslichen Azofarbstoffen aus der Textilveredlungsindustrie (TVI) besitzen.
Ergebnisse und Diskussion
Bei dem entwickelten Abwasserbehandlungsverfahren zur Reinigung hochkonzentrierter Restflotten der Reaktivfärberei findet innerhalb eines 7tägigen Behandlungszeitraumes in einem sequentiell absatzweise betriebenen Kombinationsreaktor (Sequencing Batch Reactor, SBR) zeitlich nacheinander eine anoxische Reduktion und eine aerobe Behandlung statt. Die Entfärbung erfolgt durch eine anoxische Farbstoffspaltung (pH = 8,5 Redoxpotential < 350mV, 35°C, 12 gBTM/L). Sowohl mit einzelnen Reaktivfarbstoffen als auch mit realem Abwasser der KKV-Färberei mit einer mittleren Farbstoffkonzentration von 20 g L-1 wurde innerhalb eines Zeitraumes von 20 und 60 h ohne Zugabe von Auxiliarsubstrat eine nahezu vollständige reduktive Entfärbung erzielt. Die hierfür erforderliche unspezifische Bakterienmischkultur wird in einem nachgeschalteten aeroben Prozeß beim weitergehenden biologischen Abbau der Spaltprodukte und durch die gleichzeitig aerobe Behandlung eines im Betrieb anfallenden Teilstromes mit leicht verwertbaren Abwasserinhaltsstoffen (Weißausbrennerflotte) produziert und bereitgestellt. Um eine weitere Verbesserung des biologischen Abbaus der unter anoxischen Bedingungen gebildeten und teilweise hemmend wirkenden Spaltprodukte zu erreichen, wurde das Verfahren um eine Teiloxidation mit Hilfe von Ozon erweitert. Diese Oxidation erfolgt im Bypass zur aeroben Phase, währende die Biomasse mit Hilfe einer Querstromfiltration zurückgehalten wird. Mit dieser Prozeßführung wurde bei realen KKV-Restflotten eine Steigerung der biologischen Abbaubarkeit der Spaltprodukte um 90% und des Gesamt-CSB des Textilabwassers um 95% bei einem spezifischen Ozonverbrauch von 5,7 gOzon/gDOC in Laboruntersuchungen und 2,2 gOzon/gDOC in der Pilotanlage erzielt. Wenn die Teiloxidation im Kreislaufstrom einer biologischen Stufe durchgeführt wird, so daß teilweise oxidierte Spalt-
produkte unmittelbar biologisch umgesetzt werden, dann führt diese Prozeßführung zur Verbesserung der Reaktionsselektivität und damit zur Einsparung von Ozon. Die Konzentration an adsorbierbaren halogenorganischen Verbindungen (AOX) wurde durch die Teiloxidation von 1600 µg/L AOX auf Werte von 140 µg/L AOX um etwa 90% verringert. Der im Entwurf des Anhang 38 vorgesehene Grenzwert von 500 µg/L AOX für ein Mischabwasser wird somit in diesem behandelten, vormals hochbelasteten Abwasserteilstrom deutlich unterschritten. Mit Hilfe unterschiedlicher Hemmtests (Leuchtbakterientest mit Vibrio fischeri, Daphnien-Test mit Daphnia magna und Sauerstoffverbrauchhemmtest mit Pseudomonas putida) wurde der Behandlungsverlauf in der aeroben Phase des Behandlungsprozesses kontrolliert. Bei Toxizitäten von ca. G = 2600 nach der anoxischen Farbstoffspaltung nimmt die Hemmwirkung während der Teiloxidation bis auf Werte von G = 16 bei einem Ozonverbrauch von 2,2 g03/gDOC ab. Es konnte gezeigt werden, daß kein direkter Zusammenhang zwischen akuter Toxizität, organischer Belastung und Gehalt an absorbierbaren halogenorganischen Verbindungen besteht. Basierend auf den in einer 30 l-Pilotanlage experimentell ermittelten Ergebnissen konnten die Investitions-
kosten für eine technische Anlage, die etwa 1,5 m3 konzentrierte KKV-Restflotte bzw. 6 m3 konditionierte Restflotte behandelt mit ca. 450.000,00 DM und die jährlichen Betriebskosten dieser Anlage mit ca. 55.000,00 DM abgeschätzt werden. Insbesondere vor dem Hintergrund steigender Abwassergebühren, Schlammentsorgungskosten sowie der Forderung nach einer Behandlung von Teilströmen der Färberei gemäß Entwurf zum Anhang 38 zur Allgemeinen Rahmen-AbwasserVwV ist die Reinigung derartig hochbelasteter Teilströme der Textilveredlung mit dem entwickelten kombinierten biologisch-chemischen Behandlungsverfahren wirtschaftlich und ökologisch sinnvoll.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
7 Publikationen, 6 Vorträge, 3 Posterpräsentationen,1 Messeexponat auf der Achema `97
Fazit
Im vorliegenden Forschungsprojekt wurde ein Sequencing Batch-Verfahren zur Teilstrombehandlung hochkonzentrierter Restflotten der Reaktivfärbung aus der Textilveredlungsindustrie entwickelt und in einer Pilotanlage untersucht. Die Restflotten der KKV-Färberei aus dem Betrieb des Industriepartners (maximaler Tagesausstoß hochkonzentrierter Flotten ca. 1,1 m3 d-1) können mit dem entwickelten Reinigungsverfahren bei jährlichen Kosten von ca. 95.000,00 DM in bezug auf die Abwasserparameter DOC, CSB zu ca. 90% gereinigt und zu 98% entfärbt werden (Parameter DFZ). Die akute Hemmwirkung von toxischen Verbindungen in Leuchtbakterien-, Daphnienbewegungs- und Sauerstoffverbrauchshemmtests wird zu 99% verringert. In Untersuchungen an einer technischen Anlage im Textilveredlungsbetrieb muß nun gezeigt werden, daß der gereinigte, vormals hochbelastete Teilstrom der KKV-Färberei das Mischabwasser nicht mehr färbt, so daß ein Recycling eines Teils des Mischabwassers möglich wird. Hierzu wäre zusätzlich ein Konzept zur Behandlung gering belasteter Spülwässer beispielsweise durch Oxidation mit Ozon sinnvoll. Die gesamten Behandlungskosten müssen dann mit den Kostenersparnissen beim Fällungs- und Flockungsmitteleinsatz in der Mischabwasser-
behandlung sowie den Schlammentsorgungskosten verglichen werden. Die Kosten für eine Flockungs- und Fällungsbehandlung von Mischabwasser aus Textilveredlungsbetrieben betrugen bereits im Jahr 1984 1,61 DM x m-3. Bei einem Abwasseraufkommen im Betrieb des Industriepartners von ca. 629.000 m3 pro Jahr betragen die gesamten Betriebskosten für diesen Behandlungsschritt somit etwa 1 Mio. DM jährlich. Etwa 75% der emittierten Farbstofffracht des Betriebes des Industriepartners stammen aus der Foulardfärberei mit reaktiven Azofarbstoffen. Die Restflotten aus den Färbefoulards enthalten ca. 73% der insgesamt im Betrieb emittierten Reaktivfarbstoffe. Geht man davon aus, daß die Flockungs- und Fällungschemikalien nur zu etwa 20% für die Entfernung dieser Farbstofffracht verwendet werden, so betragen die Kosten, die für die konventionelle Behandlung dieses konzentrierten Teilstroms aufgebracht werden müßten, ca. 110.000,00 DM pro Jahr. Diesen Kosten für die konventionelle Behandlung stehen jährliche Kosten für die Anschaffung und den Betrieb der hier entwickelten Teilstrombehandlungsanlage von etwa 95.000,00 DM gegenüber. Berücksichtigt man, daß der Schlamm aus der Flockung und Fällung in Zukunft nur unter sehr viel höherem Kosten- aufwand zu entsorgen sein wird, so bietet der Einsatz des erarbeiteten Abwasserbehandlungsverfahrens neben den ökologischen auch wirtschaftliche Vorteile.
Fördersumme
252.605,80 €
Förderzeitraum
01.02.1995 - 19.10.1998
Bundesland
Nordrhein-Westfalen
Schlagwörter
Ressourcenschonung
Umwelttechnik