Förderschwerpunkt Bioabfallverwertung: Einfluß des Behältersystems und der Abfuhrintervalle auf die Hygiene und die Geruchsemissionen bei der Sammlung kompostierbarer Stoffe
Projektdurchführung
Fachhochschule MünsterFachbereich BauingenieurwesenLabor für Abfallwirtschaft, Siedlungswasserwirtschaft,Umweltchemie
Corrensstr. 25
48149 Münster
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Bei der zunehmenden Einführung der getrennten Bioabfallsammlung stellt sich vermehrt die Frage nach der hygienischen und ästhetischen Bewertung der verschiedenen Systeme. Diese Untersuchung soll zur Klärung der derzeitigen Verunsicherungen bei der Auswahl des Behältersystems und der Festlegung des Abfuhrrhythmus beitragen, wobei die Auswirkungen im Hinblick auf die Hygiene und die Geruchsemissionen für den Nutzer der Biotonne bewertet werden.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenIn einem städtischen Versuchsgebiet wurde der Einfluß des Behältersystems und der Abfuhrintervalle auf die Hygiene und die Geruchsemissionen bei der Bioabfallsammlung unter Berücksichtigung verschiedener Einflußgrößen untersucht. Um die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf die unterschiedlich strukturierten Kommunen zu gewährleisten, wurden die Untersuchungen in zwei verschiedenen Gebietsstrukturen mit den jeweils charakteristischen Abfallzusammensetzungen durchgeführt: offene Mehrfamilienhausbebauung (GS 3) mit hohem Küchenabfallanteil sowie Ein- und Zweifamilienhausbebauung (GS 4) mit hohem Gartenabfallanteil.
Im Zeitraum von Februar bis November 1994 wurden auf die Jahreszeiten verteilt insgesamt vier Untersuchungskampagnen durchgeführt, wobei bei jedem Durchgang jeweils dieselben Behälter mit acht Varianten beprobt wurden: zwei Gebietsstrukturen (GS 3 / GS 4), je zwei Behältertypen (unbelüftet / belüftet), je zwei Abfuhrrhythmen (wöchentlich / zweiwöchentlich). Insgesamt wurden 272 Biotonnen untersucht.
Die Untersuchungen erstreckten sich auf die Erfassung der abfallwirtschaftlichen Daten (Abfallmenge und -zusammensetzung; Fachhochschule Münster), die Hygiene (Luft- und Substratkeimbelastung; Universität Hohenheim) sowie die Geruchsemissionen (olfaktometrische Bestimmung der Geruchsstoffkonzentration und der Intensität; Institut für Abfall- und Abwasserwirtschaft e. V.).
Ergebnisse und Diskussion
Bei den abfallwirtschaftlichen Untersuchungen wurde ein Einfluß des Abfuhrrhythmus und des Behältersystems auf die Bioabfallmenge und -zusammensetzung nicht festgestellt.
Die Hygiene-Untersuchungen ergaben, daß beim ordnungsgemäßen Umgang mit der Biotonne für den Nutzer von keiner gesundheitlichen Gefährdung auszugehen ist. Auch eine Abfuhr nach einer Standzeit von zwei Wochen ist vertretbar und nicht mit einem erhöhten Gesundheitsrisiko verbunden. Es wurden zwar in der Regel nach zwei Wochen höhere Keimgehalte v. a. im Bioabfall festgestellt, es konnten aber bereits nach einer Woche vergleichbar hohe Keimgehalte ermittelt werden. Da der Benutzer zudem nicht direkt in Kontakt mit dem Bioabfall kommt, ist gegen eine zweiwöchentliche Abfuhr nichts einzuwenden. Die Luftkeimgehalte in der Umgebung bei Öffnung der Biotonnen, die für die Bewertung des gesundheitlichen Risikos für den Benutzer entscheidender sind, waren zwar höher als die der Nullproben (Außenluft), aber die Unterschiede bewegten sich innerhalb einer Zehnerpotenz und stellen somit keine Gefährdung für den Menschen bei der Benutzung der Biotonne dar. In Einzelfällen wurden Werte erreicht, die die diskutierten Arbeitsplatz-Grenzwerte für Luftkeime geringfügig überschreiten. Da der Befüllungsvorgang aber nur eine sehr kurze Zeitspanne in Anspruch nimmt, ist dies nicht von seuchenhygienischer Bedeutung.
Unterschiede bei den Keimgehalten in bezug auf die beiden untersuchten Behältersysteme (konventionelle und belüftete Ausführung) konnten nicht eindeutig festgestellt werden.
Von den Geruchsemissionen bei der Biotonne geht keine direkte Gesundheitsgefährdung aus. Hier handelt es sich eher um hygienisch-ästhetische Gesichtspunkte bzw. um ein mögliches Belästigungspotential. Die im Rahmen dieser Untersuchung in den Behältern ermittelten Geruchspegel lagen im Mittel nach einer Standzeit von zwei Wochen höher als nach einer Woche. Die maximalen Geruchspegel können dagegen auch nach einer Woche bereits hohe Werte erreichen und über den Durchschnittswerten der zweiwöchigen Standzeit liegen.
Die Konzentrations- und Intensitätsmessungen haben in Verbindung mit einer modellhaften Verdünnungsbetrachtung Abstände von maximal 6 - 8 m vom Behälter ergeben, in denen bei kurzzeitigem Öffnen des Deckels und schwachen Windverhältnissen deutlich wahrnehmbare Gerüche auftreten können. Die Dauer der jeweiligen Geruchseinwirkung ist für den Benutzer sehr kurz und deshalb - solange es sich nicht um ekel- bzw. übelkeitsauslösende Gerüche handelt - vertretbar. Es wurde aber auch deutlich, daß neben dem Standzeiteinfluß die jahreszeitlich bedingte Außentemperatur sowie die Abfallzusammensetzung einen starken Einfluß auf die Geruchsentwicklung in der Biotonne besitzen und den Standzeiteinfluß überlagern können.
Unterschiede beim Geruchsbelästigungspotential in bezug auf die beiden untersuchten Behältersysteme (belüftet / unbelüftet) konnten nicht eindeutig festgestellt werden.
Als wesentliche Einflußkriterien scheinen sich, neben der Standzeit, die Abfallzusammensetzung (verbunden mit der Siedlungsstruktur) und die Art der Befüllung sowie die Standplatzbedingungen der Behälter herauszustellen, wobei diese Zusammenhänge in der hier dargestellten Untersuchung im einzelnen nicht vollständig zu erfassen waren. Es wurde jedoch bei allen untersuchten Aspekten deutlich, daß Probleme in der warmen Jahreszeit am ehesten in der Mehrfamilienhausbebauung auftreten, in der sich der Bioabfall aufgrund der fehlenden Gartenfläche im wesentlichen aus Küchenabfällen ohne Strukturmaterial (Strauchschnitt etc.) zusammensetzt. Zusätzlich bewirkt hier die Nutzung von Gemeinschaftsbehältern einen weniger bewußten und durch den einzelnen Bürger weniger zu beeinflussenden Umgang mit der Biotonne.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Die Studie liegt als Veröffentlichung vor (GALLENKEMPER, B., BECKER, G. (Hrsg.); Einfluß des Behältersystems und der Abfuhrintervalle auf die Hygiene und die Geruchsemissionen bei der Sammlung kompostierbarer Stoffe; Fachhochschule Münster, Labor für Abfallwirtschaft·Siedlungswasserwirtschaft· Umweltchemie, Band 9, Münster 1995) und kann beim Bewilligungsempfänger bezogen werden.
Fazit
Die durchgeführten Hygiene- und Geruchsuntersuchungen bestätigen somit grundsätzlich die Zulässigkeit einer 14-tägigen Leerung für den Bioabfall, die damit als Regellösung empfohlen werden kann. Um die Akzeptanz des Systems zu erhöhen, wird oft über eine Verkürzung des Leerungsintervalls insbesondere während der Sommermonate auf einen wöchentlichen Rhythmus diskutiert, was jedoch zu organisatorischen Problemen und Mehrkosten bei der Bioabfallsammlung führt. Auf der Grundlage der Untersuchungsergebnisse wurde eine entsprechende Empfehlung erarbeitet.
Fördersumme
80.784,12 €
Förderzeitraum
18.08.1993 - 05.03.1996
Bundesland
Nordrhein-Westfalen
Schlagwörter
Landnutzung
Ressourcenschonung
Umwelttechnik