Projekt 03132/01

Rückgewinnung von Abwärme aus Trocknerabgas

Projektdurchführung

Universität StuttgartInstitut für Technische Thermodynamik undThermische Verfahrenstechnik
Pfaffenwaldring 9
70569 Stuttgart

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Bei einer Vielzahl technologischer Verfahren, wie der Destillation, den Eindampf- und Kochprozessen, der Trocknung und Verbrennung fallen Abluftströme an, die einen hohen Anteil an fühlbarer und latenter Wärme enthalten. Obwohl im verfahrenstechnischen Prozeß selbst häufig ein Wärmebedarf im Niedertemperaturbereich besteht, kann die Wärme dieser Brüden mit herkömmlichen Wärmerückgewinnungsverfahren wegen prozeßbedingter Verunreinigungen durch Stäube und Tröpfchen bisher kaum effektiv genutzt werden.
Hier bietet sich der Einsatz von offenen Sorptionskreisläufen an. Dieses neuartige Verfahren ermöglicht eine Verbindung der Abwärmenutzung mit einer Abgaswäsche. Ziel des Projektes war deshalb die Erprobung des Verfahrens mit einer halbtechnischen Versuchsanlage unter industriellen Einsatzbedingungen zur Schaffung einer Basis für die Auslegung von Großanlagen.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenIm Vorfeld der experimentellen Untersuchungen wurde zunächst ein detailliertes thermodynamisches Modell zur Prozeßbeschreibung erarbeitet. Die mit Hilfe eines entsprechenden thermodynamischen Simulationsprogrammes durchgeführten Parameterstudien waren die Grundlage des Projektes. Schwerpunkte der Simulation bildeten hierbei der Einfluß von Ablufteintrittsfeuchte sowie Waschflüssigkeitskonzentration auf die realisierbaren Betriebszustände bei verschiedenen Schaltungsvarianten.
Im Rahmen eines ersten Schrittes in diesem Projekt erfolgte die Entwicklung eines Anlagenkonzeptes sowie die detailierte Auslegung der Apparate- und Meßtechnik.
Nach Aufstellung und Anbindung der Versuchsanlage an den Prozeß der Trestertrocknung bei der Lindavia Fruchtsaft AG sowie einer umfassenden Funktionsprüfung wurden während der Kampagne, die sich über einen Zeitraum von drei Monaten erstreckte, anhand eines unter Nutzung des Simulationsprogrammes erarbeiteten Versuchsplanes verschiedene Prozeßgrößen variiert. Die für die Prozeßführung und Auswertung relevanten Parameter wurden über ein Meßdatenerfassungssystem online erfaßt und gespeichert.
Mit Hilfe der im Rahmen der Auswertung der ersten Meßkampagne gewonnenen Erkenntnisse konnten das Modell korrigiert und Lösungsmöglichkeiten für die durch die Einbindung der Versuchsanlage in den verfahrenstechnischen Prozeß aufgetretenen Probleme erarbeitet werden.

Die zweite Meßkampagne diente im wesentlichen der Anpassung des Abwärmerückgewinnungsverfahrens an die Gegebenheiten des technologischen Prozesses des Trestertrocknung. Die hierbei gewonnenen Daten wurden in der anschließenden Auswertung anhand thermodynamischer Bewertungsgrößen beurteilt und dem Modellprozeß gegenübergestellt.
Das nach Abschluß der Versuchsreihen unter Nutzung der gewonnenen Erkenntnisse erarbeitete Anlagenkonzept für die Nutzung des gesamten im Ergebnis der Trestertrocknung anfallenden Brüdens war Ausgangspunkt für eine ökonomische Bewertung.


Ergebnisse und Diskussion

In Anlehnung an Ergebnisse vorangegangener theoretischer Untersuchungen sollte im Rahmen des wissenschaftlichen Vorhabens durch eine halbtechnischen Versuchsanlage aus einem Abluftstrom von ca. 2700 m3/h mit einer Tautemperatur von ca. 67°C eine Wärme von 80 kW ausgekoppelt und zur Aufheizung von Brauchwasser von 30°C auf 80°C eingesetzt werden. Mit Hilfe der errichteten Ver-suchsanlage wird die Brüdenabwärme in einem Wäscher zunächst an eine CaCl2-Lösung übergeben und anschließend über einen Wärmeübertrager und einen Regenerationskreislauf ausgekoppelt.
Die angestrebten Parameter konnten während der ersten Versuchsreihen nur teilweise erreicht werden. Wesentliche Ursachen hierfür waren einerseits ein zu geringer Vordruck des Brüdens aus der Trestertrocknung, so daß lediglich ein Abgasdurchsatz von ca. 1700 m3/h realisiert werden konnte. Andererseits bildete sich auf Grund der Verunreinigungen des Brüdens durch mitgerissene Partikel aus der Trestertrocknung in verschiedenen Teilen der Anlage Schaumschichten aus, die die Aufheizung des Brauchwassers im Regenerationskreislauf behinderte.
Zur Realisierung des geplanten Rauchgasdurchsatzes wurde deshalb vor Beginn der zweiten Meßkampagne ein zusätzlicher Saugzug mit einer Klemmleistung von 0,75 kW installiert. Weiterhin verhinderte eine gezielte Prozeßführung weitestgehend die Schaumbildung. So konnte im Rahmen der zweiten Meßkampagne bei der Aufheizung von Brauchwasser auf 80°C aus der Brüdenabwärme bis zu 118 kW ausgekoppelt werden.
Weiterhin führte die mit der Abwärmerückgewinnung verbundene Gaswäsche zu einer wesentlichen Verringerung der Staubemission. Erhebliche Feststoffmengen konnten im Wäscher abgeschieden werden.
Das parallel zu den experimentellen Untersuchungen unter Einbindung der gewonnenen Daten aufgestellte und verbesserte allgemeine Modell gibt das Prozeßverhalten der Versuchsanlage sehr gut wieder und ist somit als Basis für die Auslegung von Großanlagen geeignet.
Eine mit Hilfe dieses Modells angestellte Parameterstudie zeigt, daß im Vergleich zu konventionellen Abwärmerückgewinnungsverfahren, die nur die fühlbare Wärme des Rauchgases nutzen, durch offene Sorptionskreisläufe wesentlich mehr Wärme aus dem Rauchgas ausgekoppelt werden kann.
Durch den Einsatz des gesamten bei der Lindavia Fruchtsaft AG in der Trestertrocknung anfallenden Abgasstromes von 70.000 m3/h könnte man ca. 4,2 Tonnen Dampf pro Stunde einsparen. Die notwendigen Investitionskosten belaufen sich hierbei auf ca. 582 TDM, so daß sich bei regulärem Kampagnebetrieb (1000 h/a) und einem Dampfpreis von 50,00 DM eine Kapitalrückflußdauer von ca. 3 Jahren ergibt.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Ergebnisse der Untersuchungen wurden auf dem VDI-GET Thermodynamik-Kolloquium vom 7.- 9. Oktober 1996 in Oldenburg veröffentlicht. Weitere Publikationen sind vorgesehen


Fazit

Die im Rahmen des Projektes an einer industriellen Versuchsanlage erzielten Ergebnisse zeigen, daß auch die in vielen verfahrenstechnischen Prozessen anfallende, durch starke Verunreinigungen gekennzeichnete Brüdenabwärme durch den Einsatz offener Sorptionskreisläufe effektiv genutzt werden kann. Neben der Verringerung des Primärenergieverbrauches erlaubt dieses Verfahren eine kostengünstige Verbindung der Abgaswäsche mit der Wärmerückgewinnung.
Im Ergebnis der ökonomischen Bewertung eines konkreten Anwendungsfalles ergab sich bei Bezug auf einen Brennstoffpreis von 3,95 Pf/kWh eine Kapitalrückflußdauer von etwa 7 Jahren. Eine wesentlich kürzere Rückflußdauer kann bei längerer jährlicher Benutzungsdauer erzielt werden. So beträgt beispielsweise im ganzjährigen Zweischichtbetrieb (4500 h/a) die Rückflußdauer weniger als 19 Monate. Im Dreischichtbetrieb (7000 h/a) verkürzt sich diese auf ca. 1 Jahr.

Übersicht

Fördersumme

248.285,89 €

Förderzeitraum

02.09.1994 - 27.08.1997

Bundesland

Baden-Württemberg

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik