Projekt 02082/01

Umweltverträgliche Raumordnung und Raumnutzung im norddeutschen Küstenraum am Beispiel der Nordseeinsel Norderney

Projektdurchführung

Universität HannoverInstitut für Geobotanik
Nienburger Str. 17
30167 Hannover

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Anlaß zur Durchführung des Projektes sind die auf den Watteninseln der Ostfriesischen Küste bestehenden Konflikte zwischen dem Naturschutz und den unterschiedlichen anthropogenen Einflüssen, die sich aus dem Tourismus, aus dem Dünenschutz, aus dem Verkehr, und aus der Grundwassergewinnung ergeben. Am Beispiel Norderneys wird analysiert, wie sich die verschiedenen Nutzungen und Aktivitäten - hierbei insbesondere diejenigen, die mit dem Fremdenverkehr im Zusammenhang stehen - auf die Landschaft auswirken, welche Prozesse dabei ablaufen und welches Gewicht sie jeweils haben. Das Projekt soll als Basis für ein langfristiges Nutzungskonzept dienen.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenEs wurde im geobotanisch-vegetationskundlichen Vergleich auf der Basis einer Dissertation von Hobohm (1991) aus dem Institut für Geobotanik der Universität Hannover zunächst die komplette floristisch-pflanzensoziologische Erfassung der Vegetation von Norderney erneut durchgeführt. Ergebnisse dieser Erforschung sind Vegetationstabellen auf Assoziationsbasis sowie Vegetationskarten, die später durch boden- und gewässerkundliche Untersuchungen unter Einbeziehung physikalisch-hydrochemischer Aspekte untermauert wurden. Mit Hilfe dieser Daten konnte ein naturwissenschaftlich fundierter Vergleich der Vegetations- und Landschaftsentwicklung der Insel erarbeitet werden, der modellhaft konkrete und vergleichbare Hinweise zur Vegetations- und Populationsdynamik sowie zum Sukzessionsgeschehen vor allem der Dünenlandschaften aller Ostfriesischer Inseln liefert. Darüber hinaus wurde in einem zweiten Schritt die sozio-ökonomische Struktur von Nordnerney vor dem Hintergund der monostrukturierten Tourismusentwicklung erfaßt und bewertet. Die Auswirkungen auf die Stadtentwicklung und -planung wurden dafür dokumentiert. Abschließend konnten so in Verflechtung mit der ökologischen Zustandsbewertung Prognosen zu den künftigen Ansprüchen an die Raumnutzung gestellt werden. Hieraus wurden Empfehlungen abgeleitet, wie unter Minimierung bzw. Vermeidung negativer Auswirkungen auf die Landschaft künftige raumwirksame Nutzungen geplant und festgelegt werden können.


Ergebnisse und Diskussion

Der Schwerpunkt des Forschungsprojektes lag auf der Untersuchung von Auswirkungen, die anthropogene Einflüsse, besonders der Fremdenverkehr, in der Landschaft haben.
Es hat sich gezeigt, daß die mittlerweile sehr große Anzahl an Besuchern direkt keine Bedrohung für den Erhalt der Landschaft auf Norderney darstellt. Viele Einflüsse, die von den Touristen ausgehen, haben einen räumlich sehr begrenzten, linienhaften Charakter. Trotzdem ist deutlich geworden, daß gerade das z.T. sehr stark frequentierte Wegenetz zukünftig Ausgangspunkt für eine Schädigung des Landschaftshaushalts sein kann. Von daher ist notwendig, hier zukünftig in bestimmten zeitlichen Abständen boden- und vegetationskundliche Vergleichsuntersuchungen durchzuführen, um eine Kontrolle zu ermöglichen.
Limitierender Faktor für den Tourismus auf Norderney kann der Zustand der Süßwasserlinse als Trinkwasserreservoir sein. Eine zu starke Beanspruchung führt nicht nur zu einer Beeinträchtigung der Wasserqualität, sondern auch zur Gefährdung wertvoller Feuchtbiotope, wie in einigen Bereichen bereits angedeutet ist. Grundsätzlich muß aber deutlich gesagt werden: Die Größe der Süßwasserlinse und die Menge der jährlichen Grundwasserneubildung reichen allemal für die Eigenversorgung von Norderney, jetzt und in der Zukunft.
Insgesamt wurde deutlich, daß die touristische Nutzung der Insel in ihrer gegenwärtigen Intensität vor dem Hintergrund einer umweltverträglichen Raumnutzung akzeptabel ist, wenn zukünftig eine Kontrolle der o.g. Faktoren gewährleistet ist und die im Rahmen des Projektes erarbeiteten Maßnahmen durchgeführt werden.
Ein besonderes Problem stellt die Kaninchenpopulation dar. Sie muß durch eine stärkere Bejagung dezimiert oder bestenfalls ganz beseitigt werden, um wieder einen naturnahen Zustand von Vegetation und Landschaft zu erreichen.
Auch die vielfältigen Insel- und Dünenschutzmaßnahmen wirken sich auf den Naturhaushalt der Insel Norderney aus. Es muß aber akzeptiert werden, daß vor allem der Erhalt des besiedelten Bereiches in keiner Weise zur Disposition gestellt werden kann. Dies ist Teil eines Kompromisses zwischen Mensch und Natur, ohne den eine umweltverträgliche Raumnutzung im norddeutschen Küstenraum nicht zu erreichen ist.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

- Symposium am 18. April 1997 auf Norderney
- Veröffentlichung einer etwas geänderten Fassung des Abschlußberichtes in den Abhandlungen aus dem Westfälischen Museum für Naturkunde 61, Münster 1999, Beiheft


Fazit

Das Projekt hatte Pilotfunktion; es mußte also zunächst einmal geklärt werden, welche Störpotentiale überhaupt vorliegen, bevor im einzelnen untersucht werden konnte, welche Wirkung sie entfalten. Basis hierfür war die grundlegende Erfassung der naturräumlichen Situation; so ist z.B. die große Anzahl an Vegetationsaufnahmen zu erklären. Anders hätte aber auch kein Beleg dafür erbracht werden können, daß die Schädigungen der Pflanzendecke durch Radfahrer oder Fußgänger räumlich stark eingeschränkt bleiben: Bei der Planung vergleichbarer Projekte kann nun der Aufwand für pflanzensoziologische Untersuchungen im Bereich der Wegenetze geringer veranschlagt werden. Dagegen müßte die Anzahl an Bodenanalysen deutlich vergrößert werden, da sich zeigte, daß der Stickstoffeintrag in die Dünenlandschaften mittelfristig ein weit größeres Problem darstellen könnte, als dies aktuell der Fall ist. Ein dauerhaftes Monitoring ist auch hinsichtlich der Grundwassersituation und der Kaninchenproblematik unerläßlich: so wäre zum Beispiel eine feste Installierung von Dauerbeobachtungsflächen zu befürworten, besonders dann, wenn die Anzahl der Kaninchen entweder ansteigen oder etwa durch eine verstärkte Bejagung zurückgehen sollte. Auch müssen Besucherströme genauer und über das ganze Jahr erfaßt werden. Nur so kann im Bedarfsfall eine geeignete Lenkung erfolgen.
Insgesamt war es möglich, raumwirksame Einflüsse des Fremdenverkehrs von weniger wirksamen Faktoren zu trennen. Vergleichbare Untersuchungen und Folgeuntersuchungen können nun auf der Grundlage dieser Ergebnisse möglichst schnell und effizient durchgeführt werden.

Übersicht

Fördersumme

98.065,78 €

Förderzeitraum

01.07.1994 - 23.04.1998

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter

Landnutzung
Naturschutz
Ressourcenschonung
Umweltkommunikation
Umwelttechnik