Projekt 01853/01

Förderschwerpunkt Bioabfallverwertung: Optimierung und Bilanzierung der Kompostierung unter besonderer Berücksichtigung mikrobiologisch relevanter Parameter: Steigerung der Umsatzleistung und Reduktion der Emission geruchsintensiver Stoffwechselprodukte

Projektdurchführung

Technische Universität DarmstadtInstitut für Mikrobiologie
Schnittspahnstr. 9
64287 Darmstadt

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Trotz der langen Geschichte der Kompostierung - z.B. in China seit Jahrtausenden durchgeführt - bestehen noch immer einige Fragen bezüglich dieses mikrobiologischen/biochemischen Prozesses. So ist z. B. das Problem der Geruchs- und Keimemissionen nicht zuletzt durch den Übergang vom Komposthaufen hinter dem Haus zu einer large-scale Biotechnologie entstanden. Auch die theoretische Behandlung des Prozesses ist noch keineswegs abgeschlossen, z. B. die Bilanzierung der Masse- und Wärmeströme, die die Grundlage der Modellierung liefern könnten. - Dieses Vorhaben sollte hierzu einen Beitrag liefern, wobei der Kompostierungsprozeß unter definierten Bedingungen in Laboranlagen durchgeführt wurde. Das Hauptinteresse galt der Bilanzierung des Prozesses sowie der Entwicklung der mikrobiellen Biozönose und deren Aktivität.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenFür die Durchführung der Kompostierung im Labormaßstab wurden vier Anlagen unterschiedlicher Größe und Betriebsweise konstruiert: (1) Vier parallelgeschaltete 4L-Dewargefäße mit speziellen Umbauten für die Kompostierung unter spontaner Selbsterhitzung; (2) ein 10L temperierbarer Reaktor für isothermale oder adiabatische Betriebsweise; (3) ein 10L doppelwandiger Glaswandreaktor mit Rührwerk: Dieser erwies sich wegen Blockierung des Rührwerkes durch faseriges Material für diese Versuche ungeeignet; (4) ein 100L-Drehtrommelreaktor mit Schikanen in einer Klimakammer. - Die Charakterisierung des Rotteverlaufes und die Massebilanzierung erfolgte auf Grund folgender Kenndaten: Temperaturverlauf (registriert online), Belüftungsstärke (variierbar und für die Temperaturregulierung eingesetzt), abgebaute organische Substanz (= D Glühverlust), Trockengewicht, C/N-Verhältnis, z.T. Gasanalyse mittels BINOS-100 Analysator (O2-Aufnahme, CO2-Bildung, CH4-Nachweis). - Die mikrobiologische Untersuchung umfaßte die Ermittlung der mesophilen und thermophilen Bakterien, Actinomyceten und Pilze sowie die Abtötung von Enterobakterien (E. coli als Indikator für hygienisch rele-vante Bakterien) im Verlauf der Kompostierung. Dabei wurden zum einen mittels Selektivmedien einzelne Keimgruppen bestimmt, zum anderen ausgewählte Isolate, insbesondere thermophile Bacillus-Arten und thermophile Actinomyceten, bis zur Spezies identifiziert. - Als biochemischer Parameter der Kompostierung wurde der Cellulose-Abbau untersucht. Dazu wurde die cellulolytische Aktivität in Bioabfall und Kompost bestimmt sowie ein Screening von 111 Stämmen thermophiler Actinomyceten (einschließlich Thermoactinomyces) durchgeführt.


Ergebnisse und Diskussion

Die Kompostierung im Labormaßstab hat sich als vorzügliche Methode erwiesen, den Einfluß einzelner Faktoren auf diesen Prozeß zu bestimmen. Ferner erlaubt sie, die Entwicklung einzelner Mikroorganismengruppen im Verlauf des Prozesses zu untersuchen, und schließlich, eine Masse- und Wärmebilanzierung anhand einiger Analysedaten vorzunehmen. Als Ergänzung zu Untersuchungen in der Praxis ist diese Methode nicht mehr wegzudenken (z. B. zur Untersuchung der Kompostierbarkeit umweltrelevanter Materialien). Selbst mit unserer vergleichsweise einfachen Ausrüstung konnten sinnvolle Versuche durchgeführt und brauchbare Ergebnisse erhalten werden. (Inzwischen sind hochtechnisierte Anlagen zur Laborkompostierung mit ähnlicher Ausstattung wie Bioreaktoren zur Flüssigfermentation kommerziell verfügbar. - Die Masse-Bilanzierung der einzelnen Versuche wurde auf Grund der ermittelten Daten für Glühverlust, Wassergehalt und Aschegehalt vor und nach der Kompostierung vorgenommen. Bei der Annahme der Reaktionsgleichung: 100g abgebaute organische Substanz + 80g O2 Þ 110g CO2 + 45g H2O + 25g neue Biomasse wurde für jeden Versuch ein Säulendiagramm erstellt, in dem die genannten Größen im stöchiometrischen Verhältnis nach obiger Gleichung stehen. Diese Bilanzen wurden dann bezüglich der gewählten Versuchsbedingungen diskutiert. - Die Wärmebilanz ist weniger einfach zu erstellen, da der kalorische Wert der abgebauten Fraktion des Eingangsmaterials sowie des Produktes nicht bekannt war und die verschiedenen Wärmeverluste über die Abluft (Abluft-Enthalpie minus Zuluft-Enthalpie), über Konvektion, Konduktion und Strahlung mit der verfügbaren Ausrüstung nicht erfaßt werden konnten. Dennoch wurde in Anlehnung an Arbeiten von Bidlingmaier und Krogmann versucht, aus den Temperaturkurven die Wärmeproduktion in kJ/(h * kg) zu berechnen. - Die Entwicklung der Mikroorganismen-Population entsprach den Temperaturphasen der Kompostierung: Im Ausgangsmaterial herrschen mesophile Keime vor, die während der ersten Phase bis 45°C eine starke Zunahme erfahren; dann treten sie gegenüber den thermophilen Mikroorganismen zurück, mesophile Pilze verschwinden fast völlig. In der folgenden Phase (45 und 65°C) treten thermophile Bakterien, insbesondere Bacillus-Arten, und thermophile Actinomyceten in den Vordergrund, anschließend kommt es erneut zu einer Verschiebung zugunsten einer mesophilen Population. - Bacillus-Arten sind insofern von Interesse, als die mesophilen Vertreter dieser Gattung die hohen Temperaturen der Heißrotte in Form ihrer Sporen überleben und bei Abkühlung wieder aktiv werden, während die thermophilen Vertreter in der Heißrotte ihren Höhepunkt erreichen. - In hygienischer Hinsicht gibt es bei der Kompostierung zwei Probleme: Einerseits soll sie zu einer Abtötung pathogener Keime führen, andererseits kommt es zu einer nicht vermeidbaren Massenentwicklung thermophiler Pilze und Actinomyceten, von denen einige zu Infektionen (Aspergillus fumigatus) bzw. zu allergischen Lungenreaktionen (EAA) führen. Die Abtötung von Enterobakterien konnte auch bei der Laborkompostierung leicht erreicht werden; andererseits wurde eine Zunahme der EAA-Erreger Saccharopolyspora, Saccharomonospora und Thermoactinomyces um das tausendfache (und mehr) festgestellt. (Thermophile Pilze, zu denen A. fumigatus gehört, wurden von uns nicht untersucht.) - Der Abbau der Cellulose dürfte im wesentlichen auf den diesbezüglichen Aktivitäten der Pilz- und Actinomycetenpopulation beruhen, wobei die erste besonders im mesophilen Bereich (Anfang- und Reifephase), die letztere im thermophilen Bereich (zwischen 45 und 60°C) zum Tragen kommt. Von 111 thermophilen Actinomyceten erwiesen sich 48 in mindestens einem der vier Tests als positiv. (Substrates: Carboxymethyl-Cellulose, Avicel-Cellulose, Strohagar, Cellulase-Azur.) In allen Fällen besaß allerdings nur ein Teil der Stämme einer Spezies eine Cellulose-Aktivität, z. B. 9 von 12 bei Thermomonospora fusca und 8 von 13 bei Thermoactinomyces vulgaris. Ferner trat diese Enzymaktivität besonders häufig bei den drei Spezies Saccharomonospora viridis, Streptomyces thermovulgaris und Streptomyces thermoviolaceus auf.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

(1) 5. Hohenheimer Seminar, Univ. Hohenheim, 1994. Forum Städtehygiene 45, 375-385, 1994.
(2) Biotechnology - A Multi-Volume Treatise, Vol. 11a (in press), VCH-Weinheim, 1998.
(3) Zahlreiche Kurzvorträge bzw. Poster auf Veranstaltungen der DECHEMA, Vereinig. Allgem. Angew. Mikrobiologie und Intern. Symp. Biological Waste Management, Bochum, 1995.
(4) T. Jäger, Dissertation, Techn. Univ. Darmstadt, 1997.


Fazit

Die Kompostierung in Laboranlagen ist eine wichtige Methode zum Studium grundlegender Parameter dieses biotechnologischen Prozesses. Sie erlaubt die Erstellung von Masse- und Energiebilanzen sowie die Untersuchung der Mikrobiologie. Derartige Versuche sind zum tieferen Verständnis der Vorgänge bei der großtechnischen Kompostierung unverzichtbar und verdienen weitere Anwendungen und Entwicklung

Übersicht

Fördersumme

96.122,87 €

Förderzeitraum

01.01.1993 - 22.09.1999

Bundesland

Hessen

Schlagwörter

Landnutzung
Ressourcenschonung
Umwelttechnik