Projekt 01649/01

Sanierung von Wasserschutzgebieten

Projektdurchführung

Justus-Liebig-Universität GießenInstitut f. Landsschaftsökologie & Ressourcenmanagement
Heinrich-Buff-Ring 26 - 32
35392 Gießen

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Die Trinkwasserversorgung in den ländlich geprägten Mittelgebirgsregionen der Bundesrepublik Deutschland war viele Jahrzehnte durch eine überwiegend dezentrale Versorgung mit oberflächennahem Grundwasser gekennzeichnet. 1981 bezogen die Wasserversorgungsunternehmen in Hessen noch 12 %, in Bayern sogar 23 % des geförderten Wassers aus Quellfassungen. Diese Struktur wird zunehmend zugunsten einer eher zentralen Versorgung über tiefere Grundwasserleiter aufgegeben, weil die zunehmenden Nitrat-Belastungen der Quellen deren Nutzung temporär oder auch vollständig verhindern.
Ziel der Arbeit war es daher, Quellen von Kluftgrundwasserleitern des mittleren und unteren Buntsandsteins über chemische Wasseranalysen und Stickstofffrachtberech-nungen als Meßsysteme zu nutzen, um mögliche Zusammenhänge zwischen Stickstoffausträgen aus den Einzugsgebieten und dem Belastungspotential aus der landwirtschaftlichen Nutzung aufzuzeigen. Anhand von 17 Testgebieten im nord-osthessischen Bergland sollte der Einfluß unterschiedlich intensiver Landnutzung, hydro-geologischer sowie pedologischer Randbedingungen auf das Nitratbelastungsniveau und den Nitratkonzentrationsverlauf der Quellen zur Ableitung geeigneter Sanierungsstrategien herausgearbeitet werden.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenAn 17 charakteristischen Quellsystem von Kluftgrundwasserleitern wurden von Januar 1993 bis März 1995 kontinuierliche Messungen der Schüttrate und der Wassertemperatur in wöchentlicher Auflösung durchgeführt. Das Wasser selbst wurde im Labor auf die Nitrat- und Chloridkonzentration untersucht.
Die Schüttraten und die Konzentrationsmessungen wurden aufsummiert und als Wasser- bzw. Nitratfracht, bezogen auf das Jahr, dargestellt. Diese Werte wurden verglichen mit den jährlichen Grundwasserneubildungsraten, die aus gemessenen Klimadaten und Modellberechnungen abgeleitet wurden. Die Stickstofffracht wurde mit dem N-Flächenbilanzüberschuß verglichen.
Die Vergleiche zwischen Wassereintrag und -austrag auf der einen Seite sowie dem Nitratein- und -austrag auf der anderen Seite bot die Möglichkeit, die Quellsysteme zum Beispiel im Hinblick auf die Passagezeit zu charakterisieren und Vergleiche zwischen den ausgewiesenen und den tatsächlichen Einzugsgebietsgrößen vozunehmen.


Ergebnisse und Diskussion

Die Auswertung der Meßreihen nach geo-hydraulischen Aspekten zeigte, daß sich die 17 Quellen des osthessischen Berglandes anhand ihres Schüttungs- und Leerlaufverhaltens sowie der winterlichen Temperaturabsenkung in oberflächennahe und tiefgründige Quellen differenzieren lassen. Den oberflächennahen Buntsandsteinquellen ist ein schneller Wasserumsatz gemeinsam, bedingt durch große Anteile hochdurchlässiger Bereiche am Hohlraumvolumen bei kleinräumigen Einzugsgebieten, was hohe Schüttungsvariationen und Temperaturabsenkungen in den Wintermonaten zur Folge hat. Die tiefgründigen Buntsandsteinquellen sind durch große Speicherraum-Anteile am Hohlraumvolumen gekennzeichnet. Schüttungsvariationen und Temperaturabsenkungen fallen deutlich geringer aus. Da aber die Auslaufzeiten der Mindestvorräte unter einem Jahr liegen, kann auch bei diesen Quellen davon ausgegangen werden, daß das im Speicherraum befindliche Grundwasser in wenigen Jahren ausgetauscht wird.
Die Bilanzierung der Schüttmengen mit den flächen- und nutzungsgewichteten Sickerwasserraten konnte zeigen, daß die ausgewiesenen Wasserschutzgebiete deutlich größer sind als die wahren Teileinzugsgebiete.
Die Buntsandsteinquellen, deren Einzugsgebiete teilweise bzw. vollständig landwirtschaftlich genutzt werden, weisen mehr oder weniger ausgeprägte jahreszeitliche Variationen der Nitrat- und Chloridgehalte auf. Nitrat- und Chloridganglinien können gut durch das Mischungsmodell erklärt werden: demnach beruht die Stoffdynamik auf den jahreszeitlich unter-schiedlichen Beiträgen des höher nitratbelasteten Drainage- und des geringer nitrat-belasteten Speicherraums. Aufgrund der hydrogeologisch kurzgeschlossenen Verhältnisse in den Einzugsgebieten kommt es bei einigen Quellen auch während der Sommermonate zu Nitratanstiegen. Intensive Landwirtschaft mit hohem N-Austragspotential (Ackernutzung) im Einzugsgebiet führt zu deutlichen Konzentrationserhöhungen im Winter, während forstwirtschaftliche Nutzung mit Konzentrationsverminderungen einhergeht.
Für 39 dem Unteren und Mittleren Buntsandstein zugeordnete Quellen konnte eine sehr enge Beziehung (r = 0,92) zwischen dem Umfang der Ackernutzung und der Nitratbelastung aufgezeigt werden. Desweiteren wurde für die zehn intensiv untersuchten Schichtquellen eine enge Beziehung zwischen der Intensität der Ackernutzung, ausgedrückt als N-Saldo, und den mittleren Nitratkonzentrationen bzw. den N-Austrägen im Einzugsgebiet ermittelt. Die vier Sanierungsgebiete wiesen trotz deutlich veringerter N-Salden immer noch vergleichsweise hohe Nitratgehalte auf, was mit dem hohen N-Nachlieferungsvermögen der Böden infolge langjähriger organischer Düngung erklärt werden kann.
Die Beziehung zwischen mittleren Nitratkonzentrationen und mittleren N-Austrägen macht deutlich, daß zur Einhaltung des EU-Richtwertes von 25 mg NO3/l maximal Stickstoffausträge um 20 kg pro Hektar Einzugsgebietsfläche tolerierbar sind. Da bei Ackernutzung auf diesen auswaschungsgefährdeten Standorten immer mit unvermeidbaren Auswaschungsverlusten gerechnet werden muß, ist Ackerbau in großem Umfang aus dem Blinkwinkel des Grundwasserschutzes nicht vertretbar. Ist die Einhaltung des EG-Richtwertes gefordert, so können für Quellen im Unteren und Mittleren Buntsandstein des osthessischen Berglandes Ackerflächenanteile im Einzugsgebiet von 20 bis 30 Prozent als tolerierbar angesehen werden.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Ergebnisse wurden bei verschiedenen Beratungsterminen den ortsansässigen Landwirten vorgestellt. Daneben wurden folgende Veröffentlichungen zu diesem Thema eingereicht:
GÄTH, S. UND H.-G. FREDE, 1992: Einfluß der Landnutzungsform auf die Nitratbelastung des Grundwassers im Osthessischen Bergland. - Wasser und Boden 8, 490-493.
GÄTH, S. UND B. WOHLRAB, 1995: Standort- und nutzungsbezogene Maßnahmen zur Reduzierung der Belastungen des Grundwassers mit Nitrat. - Handbuch Bodenschutz, 5050, 24 S.
GÄTH, S., 1996: Methoden der Nährstoffbilanzierung und ihre Anwendung als Agrar-Umweltindikator. - in: Umweltverträgliche Pflanzenproduktion, Deutsche Bundesstiftung Umwelt, Initiativen zum Umweltschutz, 5, 115-126.
MÜLLER, G., S. GÄTH UND H.-G. FREDE, 1995: Zur Schüttungs- und Nitratdynamik von Quellen in Wasserschutzgebieten Nord-Ost-Hessens. Mitteilgn. Dtsch. Bodenkundl. Ges. 74 (II), 1349-1352.


Fazit

Die in dem Projekt erzielten Ergebnisse haben Umsetzung gefunden in die Beratung der Landwirtschaft. Sie bieten die Möglichkeit, mit relativ einfachen Methoden Einzugsgebiete unter Kluftgrundwasserleiteren im Hinblick auf ihren standörtlichen Wasser- und Stickstoffumsatz zu charakterisieren und standortabhängige Landnutzungsoptionen zu entwickeln. Damit wird den ländlichen, dezentralen Wasserversorgungsunternehmen die Chance eröffnet, ihre kostengünstige Wasserversorgung aufrechtzuerhalten.

Übersicht

Fördersumme

117.712,17 €

Förderzeitraum

15.06.1993 - 14.06.1995

Bundesland

Hessen

Schlagwörter

Klimaschutz
Kulturgüter
Landnutzung
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik