WandelWerkstatt: Politische Bildung und BBNE in den Bereichen Polytechnik, Holzverarbeitung und Gastronomie in Jugendwerkstätten

Das Handwerk ist zentraler Akteur bei der Erreichung der SDGs (Sustainable Development Goals). Junge Menschen in prekären Lebensrealitäten erfahren in Jugendwerkstätten Unterstützung bei der Arbeitsmarktintegration. Die Themen Nachhaltigkeit, Klimaschutz und damit einhergehende gesellschaftspolitische Fragestellungen sind aufgrund ihrer Komplexität bislang in Curriculum und Betrieb marginalisiert. Es fehlt an niederschwelligen Zugängen, motivierenden Erlebnissen und innovativen Austauschformaten mit Stakeholdern, um die Zielgruppe der zukünftigen Handwerker*innen für nachhaltiges Wirtschaften zu sensibilisieren. Um dem herrschenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken und gleichzeitig junge, von Arbeitslosigkeit bedrohte Jugendliche didaktisch und fachlich zu unterstützen, richtet sich das Projekt an 36 zukünftige Arbeitnehmende, die in zwei Jugendwerkstätten der Arbeits- und Sozialberatungs-Gesellschaft e. V. (ASG) und LABORA gGmbH auf das Berufsleben vorbereitet werden. Zudem zielt das Vorhaben bundesweit auf rund 150 Fachanleiter*innen, pädagogische Fachkräfte und Leitungen von Jugendwerkstätten und Produktionsschulen, die durch Qualifizierungen und Vernetzung erreicht werden.

Erarbeitung und Erprobung eines Bildungskonzeptes in der BBNE

Im Rahmen der Pilotierung der WandelWerkstätten werden junge Menschen der hannoverschen „Jugendwerkstatt Ahlem“ der ASG in Theorie- und Praxisbausteinen – der grundlegenden Wissensvermittlung, dem Austausch mit Stakeholdern und Praxisprojekten –  an das Themenfeld Nachhaltigkeit in ihrer Berufs- und Lebenswelt herangeführt und erarbeiten gemeinsam mit  einem qualifizierten Team gesellschaftspolitische Schlussfolgerungen. Unterstützt werden sie durch pädagogische Fachkräfte, Fachanleiter*innen und Teamer*innen nach dem Peer-Ansatz. In der Folge werden themenbezogene Methoden, Materialien und Formate überprüft und zusätzlich in der Jugendwerkstatt LABORA gGmbH in Barsinghausen erstmals erprobt. Auf didaktischer Ebene wird dabei die berufliche Bildung für nachhaltige Entwicklung (BBNE) mit niederschwelligen Methoden der politischen Bildung verbunden, um Jugendlichen Wissen hinsichtlich nachhaltigen Wirtschaftens im ganzheitlichen Sinne zu vermitteln und sie selbst als Akteur*innen des Wandels zu stärken. Gemäß einer nachhaltigen Organisationsentwicklung (Whole Institution Approach) bietet das Projekt den Mitarbeitenden der beteiligten Einrichtungen zusätzlich eine Basis, Nachhaltigkeit in Betrieb und Lehre bedarfsorientiert und passgenau zu verankern. Einen Peer-to-Peer-Ansatzberücksichtigend, werden die Jugendlichen bei Entscheidungs- und Umsetzungsprozessen beteiligt.

Konkrete Themen in der Tischlerwerkstatt der Jugendwerkstätte ASG sind zum Beispiel die Reduktion und der Erhalt der Ressource Holz und die nachhaltige Holzwirtschaft, die Fähigkeit des Instandhaltens, die Reparaturfreundlichkeit sowie der Einsatz umweltfreundlicher Hilfsstoffe. Bezogen auf den Bereich der politischen Bildung stellen sich bei Tischlereien unter anderem die Fragen, wie für Holz als CO2-neutraler Baustoff politisch besser geworben werden kann oder auch welchen aktiven Beitrag zum Klimaschutz Holz für Bau und Sanierung leisten kann.

Bei der LABORA wird im Fachbereich der Polytechnik gearbeitet. Während es unter Umweltgesichtspunkten um klassische Fragen zu Energie-, Wasser und Ressourcenschutz sowie Kreislaufwirtschaft geht, werden unter dem Blickwinkel der politischen Bildung Antworten gesucht, um die gesellschaftliche Akzeptanz – auch in politischen Kreisen – zum ressourcenschonenden Umgang mit Wertstoffen zu erhöhen.

Begleitung durch Expert*innen aus der Wissenschaft

Im Rahmen des Vorhabens findet eine fachlich-wissenschaftliche Begleitung statt. Das Institut für Didaktik der Demokratie der Universität Hannover kümmert sich um Fragen der praktischen Anknüpfungspunkte zwischen beruflicher Bildung und BBNE, die Fakultät für Wirtschaft und Informatik der Hochschule Hannover nimmt die betriebswirtschaftlichen Fragestellungen in den Blick. Dazu gehören Lösungen zur Realisierung von möglichen Wettbewerbsvorteilen für Betriebe und Auszubildende durch BBNE und der Blick auf die Bedeutung von BBNE aus unternehmerischer Sicht für Führungskräfte im Handwerk. Die Aufgaben werden von geeigneten Studierenden in Form von Abschlussarbeiten, Hospitationen und Projektarbeiten mit Begleitung durch die Hochschullehrenden übernommen. Ein Projektbeirat aus Wissenschaft, Pädagogik und Fachpraxis begleitet darüber hinaus fachlich.

Transfer, Multiplikation und Vernetzung

Um eine Multiplikation zu erreichen, werden Ansätze guter Praxis, Methoden und die berufsfeldspezifischen Erfahrungen mittels drei zweitägiger Online-Schulungen an je rund 45 Fachkräfte bundesweit verbreitet. Außerdem finden regelmäßige Online-Netzwerktreffen für interessierte Jugendwerkstätten und Produktionsschulen statt, bei denen Inhalte und Methoden der Pilotierung als Ansätze der BBNE diskutiert werden. Zuletzt werden die Projektergebnisse auch in einem bundesweiten Fachtag BBNE mit der Fachöffentlichkeit und rund 80 Entscheidungsträger*innen aus Politik und Verwaltung diskutiert. Eine ausführliche Online-Tagungsdokumentation soll den Wissenstransfer nachhaltig sicherstellen.

Projektdurchführung:
Verein Niedersächsischer Bildungsinitiativen e. V.
Hannover, Niedersachsen

DBU-AZ: 38144

Förderzeitraum: 01.01.2023 – 01.01.2025

Stand: 09.08.2023

Titelbild: © Fotolia – auremar