Grundlage der Analysen des DBU-Bergmischwald-Projektes waren 293 Probeflächen, die im Nationalpark Bayerischer Wald eingerichtet wurden. Auf den Probeflächen wurden möglichst viele (n=24) und möglichst vollständige Artengruppen untersucht. Daneben wurden zeitgleich und auf den gleichen Flächen zahlreiche Umweltparameter (n=28) wie Höhenlage, Klimaparameter, Waldstruktur und Bodeneigenschaften erhoben, gemessen oder modelliert, so dass sich das Auftreten der untersuchten Arten und Artengruppen mit den entscheidenden Umweltvariablen korrelieren ließ. Daraus resultierte eine Reihe ökologischer Schlüsselwerte und Schwellenwerte, die durch Werte aus der Literatur ergänzt werden konnten. Die wichtigsten Schwellenwerte sind nach den Schlüsselwerten gegliedert nachfolgend dargestellt.
Totholzmenge: Totholz besiedelnde Artengruppen und insbesondere bedrohte Arten unter den Totholzbesiedlern profitieren ab Totholzmengen von rund 30 m³/ha. Ab 60 m³/ha ist eine für den Erhalt vieler Artengruppen nachhaltige Totholzmenge erreicht. Untersucht wurden die Artengruppen Flechten, Moose, Pilze sowie holzbewohnende Insekten, insbesondere Käfer und Vögel.
Waldbestandsalter: Ab einem Bestandsalter von rund 200 Jahren (gemessen am ältesten Baum im Probekreis) erreicht die Artendichte bei verschiedenen Artengruppen wie Flechten, Mollusken und Vögeln ein statistisch signifikant höheres Niveau. Der ansteigende Trend beginnt im Bergmischwald bei einem Bestandsalter von rund 140 Jahren. Untersucht wurden die Artengruppen Flechten, Mollusken, Vögel.
Waldlücken: Unter den kühlen klimatischen Bedingungen von Bergwäldern treten lichtbedürftige Arten erst ab Lückengrößen von mindestens 0,5 ha signifikant zahlreicher auf. Einige Artengruppen wie Flechten und holzbewohnende Käfer, treten in diesen Waldlücken erst bei ausreichendem Substrat- also Totholzangebot auf. Ein breiter Gradient der Kronendachöffnung zwischen 15 und 50 % über eine größere Fläche bewirkt, dass alle ökologischen Nischen bei den Strauchbewohnern unter den Vögeln bedient werden und somit eine hohe Artenvielfalt erzeugt wird. Untersucht wurden die Artengruppen Flechten, pflanzenfressende Wanzen, Spinnen sowie holzbewohnende und pflanzenfressende Käfer.
Baumhöhlen: Mindestens fünf Höhlenbäume je ha gewährleisten signifikant hohe Niveaus bei Arten und Individuen bei der untersuchten Artengruppe höhlenbrütende Vögel.
Baumartenzusammensetzung: Natürliche Bergmischwälder weisen in Deutschland einen hohen Buchen- und Tannenanteil auf. Arten, die Laubwälder bevorzugen, sind hier häufig in ihrer Verbreitung durch die Förderung der Fichte zurückgedrängt worden. Ab 60 % Laubbaumanteil je ha nehmen typische Laubwaldarten unter den Singvögeln signifikant zu. Alte Bergahorne stellen besonders wertvolle Refugien u. a. für eine artenreiche und bedrohte Flechtengemeinschaft dar. Untersucht wurden die Artengruppen Flechten und Vögel.
Forstinventurdaten bieten hier eine hervorragende Grundlage, um Schwellenwerte in flächige Naturschutzkonzepte umzusetzen. Sie sind überregional flächig verfügbar, wurden bislang jedoch erst wenig für naturschutzfachliche Anwendungen genutzt. Obwohl Forstinventurdaten aus einem groben Raster bestehen, können sie für betriebliche Gesamtkonzeptionen eine ausreichend genaue Übersicht liefern.
In dem Projekt wurden die Schwellenwerte auf Basis der Inventurdaten in ein Naturschutzkonzept für bergmischwald-dominierte Betriebe exemplarisch umgesetzt. Dazu musste in einem ersten Schritt aus den Inventurpunkt-Daten eine flächige Information erstellt werden. Zu diesem Zweck wurde das so genannte Kriging-Verfahren angewendet, bei dem Inventur-Punktdaten auf die Fläche interpoliert und in folgenden Kategorien abgebildet werden:
1. Flächen, in denen die Schwellenwerte überschritten sind.
2. Flächen, in denen nur Teile der Schwellenwerte überschritten sind.
3. Flächen, in denen keiner der Schwellenwerte überschritten ist.
Auf diesen Flächenkategorien basierend konnten Handlungsempfehlungen abgeleitet werden. Flächen der Kategorie 1 sind naturschutzfachliche Kernflächen. In ihnen steht der Erhalt der Qualität der vorliegenden Schwellenwerte im Vordergrund. Flächen der Kategorie 2 sind Entwicklungsflächen. In ihnen wird das Überschreiten der Schwellenwerte angestrebt. Dabei sollte insbesondere in Beständen mit einem verhältnismäßig hohen Bestandsalter ab rund 140 Jahren angestrebt werden, mindestens 30 m³ Totholz je ha zu erreichen. Diese Bestände bieten eine große Nischenvielfalt, die durch die alten Bäume entsteht. Im Zusammenhang mit hohen Totholzmengen können sie Lebensraum gerade für hoch spezialisierte Tier- und Pflanzengruppen bieten. Flächen der Kategorie 3 sind schließlich ökonomische Vorrangflächen. Dies soll nicht bedeuten, dass dort langfristig nicht auf naturnähere Waldbestände hingearbeitet werden soll (z. B. Laubholzeinbringung in Fichtenreinbeständen, Entwicklung von Biotopbäumen, Erhalt und Markierung von Höhlenbäumen).
Ergebnisse und Empfehlungen wurden in der Wissenschaftlichen Reihe, Heft 19, des Nationalparks Bayerischer Wald 2009 veröffentlicht.
Projektziel | Waldökologische Schlüsselwerte in Bergmischwäldern als Grundlage für ökologisch nachhaltige Waldnutzung |
Stand des Projekts | Abgeschlossenes Vorhaben |
Aktenzeichen | 25227 - 33/0 |
Projektträger | Nationalpark Bayerischer Wald Freyunger Str. 2 94481 Grafenau |
Ansprechpartner | Herr Dr. Jörg Müller |
Telefon | 08552/9600179 |
joerg.mueller@npv-bw.bayern.de |
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Kooperationspartner | - Bayerische Staatsforsten - Landesanstalt für Wald- und Forstwirtschaft |
Internet | www.nationalpark-bayerischer-wald.de |