Aufgrund ihrer strukturellen Ähnlichkeit zu den natürlicherweise vorkommenden α-Peptiden bilden β-Peptide interessante Ausgangssubstanzen für die Entwicklung neuer Pharmazeutika. In diesem Forschungsvorhaben entwickeln die Projektpartner ein enzymatisches Verfahren zur Herstellung dieser ungewöhnlichen und nicht in der Natur vorkommenden Peptide. Voraussetzung dafür sind geeignete Enzyme, die als β-Aminopeptidasen bezeichnet werden. Diese eröffnen den Zugang zu einer Vielzahl von Substanzen, die β-Peptidstrukturen enthalten. Ziel des Vorhabens ist die Entwicklung einer breit einsetzbaren Plattformtechnologie für die Herstellung verschiedener β-Peptide.
Carnosin als Modellsubstanz
Carnosin ist ein natürliches Peptid bestehend aus einer β- und einer α-Aminosäure, das in verschiedenen menschlichen Geweben vorkommt. Carnosin beeinflusst wichtige Stoffwechselfunktionen und verlangsamt die Zellalterung. Viele Studien belegen eine positive Wirkung des Carnosins auf die menschliche Gesundheit; u. a. verlangsamt Carnosin die Entwicklung von Grauem Star und hat Einfluss auf den Zuckerspiegel bei Typ-2-Diabetikern. Die empfohlene Tagesdosis für Carnosin liegt bei einem Gramm und kostet rund 2 €.
Momentan wird diese Substanz chemisch unter Einsatz aggressiver Reagenzien und Lösungsmittel hergestellt. Carnosin wurde aufgrund seiner verhältnismäßig einfachen Struktur als Modellsubstanz ausgewählt, um die enzymatische Synthese von β-Peptiden zu optimieren. Hohe Produktausbeuten und niedrige Konzentrationen an Nebenprodukten erleichtern die nachgeschaltete Produktaufarbeitung und erhöhen die Ökoeffizienz des Verfahrens.
Produktion von β-Aminopeptidasen
Zur umweltfreundlichen Herstellung von β-Aminopeptidasen werden die großtechnische Enzymproduktion und darauffolgende Proteinreinigung aufeinander abgestimmt. Verwendet wurden dazu sowohl genetisch veränderte Hefen als auch Bakterienstämme. Wesentlich ist es dabei, die Enzyme während der Produktion bereits aus der Zelle hinaus in das Nährmedium auszuschleusen und damit die nachfolgende Aufreinigung zu erleichtern. Im Rahmen der Arbeiten wurden die Expression der Enzyme mithilfe der biologischen Produktionssysteme verbessert, das Synthesepotenzial der β-Aminopeptidasen untersucht und die Carnosinsynthese optimiert. Die Projekterfolge wurden in einer Patentanmeldung und einer wissenschaftlichen Veröffentlichung dokumentiert.
Ökoeffizienz
Die potenzielle Umweltentlastung durch das biokatalytische Carnosinverfahren wurde mit zwei chemischen Herstellungsprozessen verglichen. So wurden bereits während der Prozessentwicklung diejenigen Schritte erkannt, deren Optimierung die Ökoeffizienz deutlich erhöht. Bei der biokatalytischen Synthese werden vor allem solche Verfahrensschritte optimiert, die den normalerweise hohen Wasserverbrauch verursachen. Auf den Einsatz aggressiver Reagenzien und Lösungsmittel wird dabei vollständig verzichtet.
Projektthema
Umweltfreundliche Herstellung von β-Peptiden
Projektdurchführung
Technische Universität Dortmund
Fachbereich Bio- und Chemieingenieurwesen
Prof. Dr. Andreas Schmid
Telefon 0231|755-7381
Telefax 0231|755-7382
andreas.schmid@bci.tu-dortmund.de
www.bci.tu-dortmund.de/bt
Projektpartner
Eidgenössische Anstalt für Wasserversorung und Gewässerschutz (EAWAG), Dübendorf, Schweiz
Heinrich-Heine-Universität, Düsseldorf
EMC microcollections GmbH, Tübingen