Ökobilanzen (Life Cycle Assessment, LCA) sind ein anerkanntes Instrument zur Beurteilung der potenziellen Umweltauswirkungen eines Produkts oder einer Dienstleistung. Bei der Erstellung von Ökobilanzen wird häufig auf Hintergrunddaten – Life Cycle Inventory (LCI)-Datenbanken – zurückgegriffen. Sie bieten für Rohstoffe, Vorprodukte, Energiebereitstellung und Transportdienstleistungen durchschnittliche Sachbilanz-Datensätze, die für Vorketten verwendet werden können. Für eine Vielzahl von Materialien stehen jedoch keine solchen Daten zur Verfügung – dies gilt insbesondere für Chemikalien. Die Bewertung der Umweltwirkungen ist dann aufgrund dieser Datenlücken nicht vollständig möglich.
Die ifu Hamburg GmbH hat sich mit dem Projekt »Strukturbasierte Umweltbewertung von Chemikalien« zum Ziel gesetzt, Indikatorwerte für Chemikalien auf einfache Weise zur Verfügung zu stellen: Konkret wurden der Carbon Footprint (GWP100a), der kumulierte Energieaufwand (KEA) und der »Ecoindicator 99« auf einer Internetseite leicht durchsuchbar zugänglich gemacht. Grundlage ist die an der ETH Zürich entwickelte Methodik des »FineChem-Tools«, die die Tatsache nutzt, dass zwischen der Molekülstruktur und den in einer Ökobilanz berechneten Indikatoren deutliche Zusammenhänge bestehen. Um die Nutzung zu vereinfachen, wurde die Auswertung der Molekülstrukturmerkmale (MSM) automatisiert und eine Oberfläche geschaffen, um die berechneten Werte abzurufen.
Die bislang nötige Expertise zur Anwendung des Tools und die dafür notwendigen Kenntnisse chemischer Strukturen stellen damit keine Hindernisse mehr dar. Über eine Textsuche oder mit der CAS-Nummer kann nach Substanzen gesucht werden. Alternativ ist die grafische Struktursuche nach den entsprechenden Molekülen in einer Datenbank mit 40 000 Einträgen möglich. Als Ergebnisse werden, sofern verfügbar, der Carbon Footprint, der kumulierte Energieaufwand und der »Ecoindicator 99« für die gesuchte Substanz ausgegeben. Außerdem wird der Gültigkeitsbereich angezeigt, um die Zuverlässigkeit der Ergebnisse besser einschätzen zu können.
Zwischenzeitlich wurde das Projektergebnis in Form der Website »EstiMol« veröffentlicht. Nach einer kurzen Registrierung können Besucher die Datenbank kostenfrei nutzen.
Die hier entwickelte Lösung hat für Ökobilanzierer einen echten Mehrwert: neben den üblichen kommerziellen Datenbanken bietet EstiMol die Möglichkeit, die Umweltwirkungen für Chemikalien, die in diesen Datenbanken nicht enthalten sind, abzuschätzen. Auch wenn es sich aufgrund der verwendeten Methodik nur um eine Annäherung handelt, die mit den drei Indikatoren GWP, KEA und »Ecoindicator 99« ausgedrückt wird, so sind die Daten dennoch hilfreich: Sie tragen dazu dabei, Datenlücken zu schließen und erlauben eine weitere Vervollständigung der Ökobilanz.
Projektthema:
Strukturbasierte Umweltbewertung von Chemikalien (StUChem)
Projektdurchführung:
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