Stoffpass Gebäude

Während der Gebäude-Energiepass ein etabliertes Hilfsmittel ist, um ein Gebäude energetisch zu bewerten, fehlt derzeit ein Werkzeug zur strukturierten Erfassung der beim Bau eingesetzten Baustoffe.

Der steigende Verbrauch, eine zunehmende Stoffvielfalt und eine komplexe Stoff- und Materialzusammensetzung von Bauprodukten stellen Hindernisse für den Rückbau und die Trennung von Baustoffen dar. Hier liegen die Grundlagen für ein Tool, das zurzeit am Lehrstuhl für Holzbau und Baukonstruktion sowie in der Holzforschung München an der Technischen Universität München entwickelt wird: Der »Stoffpass Gebäude« soll die materielle, stoffliche Zusammensetzung von Neubau- und Bestandsgebäuden inventarisieren und so dazu beitragen, Bauprozesse im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung zu gestalten.

 

Cored Building

Projektentwicklungen finden immer häufiger in Städten statt, wo vorhandene Bausubstanz weiterverwendet oder beseitigt werden muss und die Unsicherheit über enthaltene Materialien und Stoffe sehr groß ist. Insbesondere zu Beginn eines Projektes kann der Stoffpass aufzeigen, wie sich Ressourcen und Materialien effizient verwenden lassen (resource performance) und wie ein Stoffstrommanagement im Lebenszyklus umsetzbar ist (life cycle material flow management). Entwickelt und evaluiert wird der Pass anhand von Proj­ekten des Immobilienunternehmens Bayerische Hausbau GmbH & Co. KG (München). Um Indikatoren und Messgrößen zu ermitteln, werden alle Stoff­-mengen erfasst und sogenannte Risikokonstruktionen bestimmt.

 

Welche Materialien und Stoffe stecken in einem Abbruchgebäude? Der Stoffpass Gebäude gibt Antwort.

Die so gesammelten und in einer Datenbank hinterlegten »Stoff«-Daten eines Gebäudes mit material­wissenschaftlichen und bautechnischen Detailinformationen können in einem zweiten Schritt einerseits mit sogenannten Ökoinventaren für Umweltbewertungen (Ökobilanzen), andererseits auch mit Geoinformationssystemen für städtebauliche Planungen verknüpft werden. Gekoppelt mit ökonomischen Daten bieten diese Gebäudeinformationen die Grundlage für Analysen zur Ressourceneffizienz. Weitere Anwendungsmöglich­keiten des Stoffpasses sind:

• Umweltcontrolling

• Grundlagedaten für Product- oder Corporate Carbon bzw. Environmental Footprint

• Basisinformationen für Integrierte Produktpolitik

• Verwendung in der Gebäude-Nachhaltigkeits- zertifizierung

Planung mit Stoffpass: Der im Projekt untersuchte Wohnungsneubau in München

Mit dem Stoffpass haben Projektentwickler und Planer aber auch Investoren, Käufer, Mieter und Bauherren sowie politische Entscheidungsträger die Möglichkeit, nicht nur wirtschaftliche Aspekte, sondern auch Ressourceneffizienz- und Nachhaltig­keitskriterien in ihre Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Langfristig können ökologisch orientierte Bewertungskriterien von Konstruktion und eingesetzten Baustoffen zur Planung von Stadtquartieren oder ganzer Kommunen herangezogen werden. Dabei ermöglicht es der Stoffpass, lokale stoffliche Ressourcen zu nutzen oder wiederzuverwenden sowie Risikostoffe gezielt zu regulieren. In weiteren­­­ Forschungsprojekten soll der Stoffpass nun erprobt und eine breitere Datenbasis geschaffen werden.

Einsatzmöglichkeiten des Stoffpasses in den verschiedenen Lebenszyklusphasen eines Gebäudes

Projektthema:
Operatives Stoffstrommanagment für Neubau und Bestand

Projektdurchführung:
Technische Universität München
Lehrstuhl für Holzbau und Baukonstruktion
in Kooperation mit der Holzforschung München
Arcisstraße 21
80333 München
Telefon: 089 | 289 22416
bauko@bv.tum.de; hfm@tum.de
www.hb.bgu.tum.de
www.hfm.tum.de

Kooperationspartner:
Bayerische Hausbau

 

AZ 31077