Schutz von Amphibienpopulationen in kleingewässerreichen Ackerbaugebieten

Im norddeutschen Tiefland, vor allem in seinem nordöstlichen Teil, weisen die Agrargebiete oft eine Vielzahl von Kleingewässern auf. Somit sind diese meist intensiv ackerbaulich genutzten Räume oft auch Lebensraum mehrer Amphibienarten.
Die europaweit geschützte Rotbauchunke und der Kammmolch sind dort zum Teil ebenso zu finden, wie die in Deutschland gefährdeten Arten Moorfrosch, Knoblauch- sowie Erdkröte. In dem Maße, wie diese Arten in der Vergangenheit in ihren ursprünglichen Vorkommensgebieten (z.B. den Flussauen) immer weniger Lebensraum fanden, wuchs die Bedeutung dieser kleingewässerreichen Ackerbaugebiete stetig an. Die kontinuierliche Intensivierung der landwirtschaftlichen Produktion schränkt auch dort die Existenzfähigkeit langfristig überlebensfähige Populationen zunehmend ein. Am Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung in Müncheberg wird deshalb gemeinsam mit mehreren Landwirtschaftsbetrieben ein integriertes Konzept für den Amphibienschutz in intensiv genutzten Ackerbaugebieten erarbeitet.
Kleingewässerreiche Ackerbaulandschaft im Osten Brandenburgs. Stillgelegte Gewässerränder schützen vor Stoffeintrag aus der Landbewirtschaftung und schaffen sicheren Landlebensraum für Amphibien

Amphibien weisen verschiedene, meist räumlich getrennte Lebensbereiche auf. Kleingewässer als Orte der Vermehrung sind dabei von zentraler Bedeutung. Im Projekt wird deshalb untersucht, wie diese mittels Gewässerrandstreifen gegen schädliche Stoffeinträge durch die Landwirtschaft geschützt werden können und wann ihre Renaturierung (Entschlammung) erforderlich ist.

Neben dem Aufenthalt in den Laichgewässern besiedeln Amphibien periodisch wiederkehrend auch verschiedene Landareale. Um beispielsweise in Gehölzflächen oder Grassäumen überwintern zu können, müssen sie oft längere Wegstrecken über Ackerflächen zurücklegen. Unsere Untersuchungen belegen, dass eine größere Anzahl von Individuen regelmäßig mit einzelnen Maßnahmen der Ackerbewirtschaftung unmittelbar zusammentrifft. Dabei schädigt der Pflug die betroffenen Individuen vollständig. Andere landwirtschaftliche Geräte, wie zum Beispiel Schwergrubber oder Scheibenegge, führen bei 30 bis 40 % der betroffenen Tiere zu stärkeren Schäden.

Mineraldüngung im Frühjahr schädigt Amphibien dann erheblich, wenn die wandernden Tiere Hautkontakt mit dem noch trockenen Düngergranulat haben. Gelangt dieser meist stark Wasser anziehende Dünger jedoch auf nassen Boden, verliert sich seine Schadwirkung relativ schnell.

Im Spätsommer, wenn viele, vor allem junge Amphibien ihre Laichgewässer verlassen, werden auch die Ackerflächen verstärkt zur Rast bzw. Nahrungssuche aufgesucht. Dicht mit Ausfallgetreide oder –raps bewachsene Stoppelflächen werden, weil mikroklimatisch günstig, häufig besiedelt. Werden diese Flächen zur Aussaat der Nachfrucht bearbeitet, sind Falleneffekte unvermeidbar.

Kammmolch während der Frühjahrswanderung in die Laichgewässer. Dabei werden immer wieder auch Ackerflächen überquert, auf denen vor kurzem Mineraldünger ausgebracht wurde.

Obige Ergebnisse machen deutlich, dass Maßnahmen des Amphibienschutzes auch unmittelbar in die Landbewirtschaftung eingreifen müssen. Alternativen bestehen z.B. darin, einzelne nachteilige Bewirtschaftungsmaßnahmen durch andere, weniger schädigende, zu ersetzen. Statt der mehrmaligen Applikation von Mineraldüngergranulat auf den Boden im Frühjahr kann eine einmalige Injektion eines flüssigen Mineraldüngers in den Boden erfolgen. Auch Pflügen kann oft durch eine Bodenbearbeitung mittels Schwergrubber ersetzt werden. Lösungsansätze bestehen aber auch darin, die Durchführung schädigender Bewirtschaftungsmaßnahmen um lediglich 3 bis 5 Tage zu verschieben. Das ist aber nur dann erforderlich, wenn zum ursprünglichen Bewirtschaftungstermin größere Anteile der Populationen auf den betreffenden Ackerflächen zu erwartenden sind. Neben Handlungsempfehlungen für die Gestaltung von Anbauverfahren wird deshalb auch an einem Frühwarnsystem für die Vorhersage verstärkter Amphibienaktivität auf Ackerflächen gearbeitet.

Mittels Injektionsrad wird flüssiger Mineraldünger in den Boden eingebracht. Schadwirkungen durch Hautverätzung sind nahezu ausgeschlossen. Die insgesamt überrollte Bodenoberfläche beträgt nur etwa 30 %. Amphibien haben dabei gute Überlebenschancen.

Eingriffe in die landwirtschaftliche Produktion wirken sich meist auch betriebs- und arbeitswirtschaftlich sowie technologisch aus. Erträge und damit betriebliche Einnahmen können sich verringern und/oder die Aufwendungen für die Produktion sich erhöhen. Einzelne Bewirtschaftungsalternativen, wie z.B. die Injektionsdüngung, werden meist in Lohnarbeit ausgeführt. Damit wird dem im Betrieb vorhandenen Personal Arbeit entzogen. Das Projekt stellt diese und andere Auswirkungen dar und zeigt die grundsätzliche Notwendigkeit der Finanzierung des Amphibienschutzes in produktiven Agrarlandschaften auf.

Die im Vorhaben entwickelten Lösungsansätze und Beratungswerkzeuge zum Amphibienschutz sind grundsätzlich in andere kleingewässerreiche Ackerbaugebiete übertragbar. In Abhängigkeit von der spezifischen Landschaftsausstattung (Vielfalt und Anteil an Nichtkulturbiotopen oder Größe der Ackerschläge) sowie den angebauten Kulturen und deren Anbauverfahren sind jedoch vereinzelt Anpassungen sowie Erweiterungen vorzunehmen.

Projekttitel Beispielhafte und übertragbare Ausgestaltung einer kleingewässerreichen Ackerbaulandschaft mit dem Ziel der Entwicklung und nachhaltigen Sicherung von Amphibienpopulationen
Stand des Projekts Abgeschlossenes Vorhaben
Aktenzeichen 24095-33/0
Projektträger Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung
(ZALF) e. V.
Institut für Landnutzungssysteme und Landschaftsökologie
Eberswalder Str. 84
15374 Müncheberg
Ansprechpartner     
Dr. Gert Berger
Telefon (033432) 82 328
E-Mail landnutzer@zalf.de
Internet www.zalf.de

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