Dabei dienen Mikroorganismen dazu, im Wasser enthaltene Kohlenstoff- und Stickstoffverbindungen abzubauen. In den meisten der kommunalen Kläranlagen ist das Belebungsbecken der „Aufenthaltsort“ für diese Mikroorganismen, die im Wasser als flockiger Belebtschlamm vorliegen. Durch den Einsatz von Aufwuchskörpern lässt sich das Mikroorganismenwachstum möglicherweise optimieren und dadurch der Energiebedarf und die benötigte Beckengröße senken – so das Ziel eines innovativen Forschungsvorhabens der TuTech Innovation GmbH (Hamburg) und der Technischen Universität Hamburg-Harburg.
Unterschiedliche Lebensansprüche
Ausgangspunkt für dieses Vorhaben ist die Tatsache, dass die heterotrophen Mikroorganismen, die die organischen Verbindungen abbauen, deutlich andere Umsatzgeschwindigkeiten und Wachstumsoptima aufweisen als die Nitrifizierer, die Ammonium zu Nitrit und Nitrat oxidieren. Da im Belebungsbecken ein Kompromiss im Hinblick auf Sauerstoffgehalt, Nährstoffdichte, Temperatur und Schlammalter eingehalten werden muss, finden die Organismen in herkömmlichen Einschlammsystemen mit mikrobiellen Misch-Lebensgemeinschaften nie optimale Lebensbedingungen vor. Daher stellen die Nitrifizierer bei Temperaturen von weniger als 7°C die Arbeit ein. Der biologische Abbau des giftigen Ammoniums kommt dann also zum Stillstand.
Höhere Leistung durch räumliche Trennung
Der im Projekt erforschte Lösungsansatz sieht daher vor, den Mikroorganismen innerhalb des Belebungsbeckens individuelle, an ihre Ansprüche angepasste Lebensbereiche zuzuweisen: Dies geschieht durch verschiedenartige Aufwuchskörper mit unterschiedlichen Dichten. Die schnell wachsenden, heterotrophen Organsimen sollen auf leichten Trägermaterialien mit rauher und daher großer Oberfläche wachsen, die sich im oberen Teil des Beckens anordnen. Da der Ammoniumabbau besonders gut funktioniert, wenn die beteiligten Nitrifizierer dünne Biofilme bilden, die eine optimale Sauerstoffdiffusion ermöglichen, erhalten diese Organismen Aufwuchskörper mit glatter Oberfläche und höherer Dichte. Diese Aufwuchskörper befinden sich in Drahtkörben, die am Beckenboden direkt über dem Belüftungssystem verankert sind – also da, wo die Sauerstoffkonzentration am höchsten ist.
Praxistest und Umweltentlastung
Ziel des Projektes ist es, die verschiedenen Organismengruppen zunächst getrennt auf den Aufwuchskörpern zu kultivieren und dann das optimale Verhältnis von Heterotrophen und Nitrifizierern zu ermitteln. Anschließend folgt das Erstellen eines Prototypes – als möglicher Standort ist die Kläranlage Eckernförde angedacht. Bei Erfolg lassen sich durch das neue „Two-in-one-System“ höhere Reinigungsleistungen erzielen, die letztendlich zu kleineren Abmessungen des Belebungsbeckens führen könnten. Weitere Umweltvorteile des neuen Verfahrens sind:
• ein geringerer Energiebedarf durch geringere Gebläse- und Rührwerksleistung
• eine generell verbesserte Stickstoffelimination
• gute Abbauleistungen über das gesamte Jahr hinweg
• getrennte Optimierung der Leistung von Heterotrophen und Nitrifizierern
AZ 30219