Raumklimastabilisierung zum Erhalt der Wandmalereien in der Kirche St. Georg

Ableitung des tolerierbaren Klimabereichs aus Messdaten und Simulationsberechnungen

Die Kirche St. Georg auf der Bodenseeinsel Reichenau verfügt über die bedeutendsten Wandmalereien des frühen Mittelalters nördlich der Alpen. An den Hochschiffwänden befindet sich ein einzigartiger Wandmalereizyklus aus der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts, der in einigen Partien durch Übermalungen verändert wurde. Im Rahmen des DBU-Forschungsprojektes untersuchten die Materialprüfungsanstalt Universität Stuttgart und das Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg mit weiteren Partnern die Wechselwirkung zwischen Raumklima und Wandmalerei unter Berücksichtigung der objektspezifischen Dynamik.

Ziel war es, eine gewisse Klimastabilität zur nachhaltigen Konservierung der Wandmalereien zu erreichen. Dabei wurden die externen Einflüsse durch Witterung, Raumnutzung und Tourismus ebenfalls berücksichtigt.

Wechselwirkung zwischen Raumklima und Wandmalerei

Um mögliche Ursachen für die Schäden zu ermitteln, wurden bereits vorhandene Daten aufbereitet und analysiert. Die umfassende Analyse ergab, dass die Schäden an den Wandmalereien durch chemische, klimatische und bauphysikalische Gegebenheiten verursacht werden. Neben der Schimmelpilz- und Salzproblematik ist danach insbesondere auch die stetig wiederkehrende Klimaänderung, wie sie abhängig von Witterung, Nutzung und Betrieb der Kirche beobachtet wird, ursächlich für Schäden an den Raumfassungen und den Malschichten.

Es fehlten allerdings Kenntnisse darüber, wie das feuchtebedingte Verhalten in den Materialien charakterisiert werden kann. Zunächst wurden daher die Folgen dauerfeuchter Umgebungsverhältnisse durch die Seelage und Klimawechselverhältnisse auf die Wandoberflächen analysiert. Unter anderem musste die hohe Feuchtelast im Mauerwerk der Krypta resultierend aus aufsteigender Feuchte und gegebenenfalls Schlagregen bemessen werden. Daran angegliedert erfolgten Untersuchungen zur Belüftung und zum anthropogenen Einfluss durch Tourismus auf das Raumklima.

Präventive Klimastabilisierung

Die Schaffung stabiler Raumklimaverhältnisse setzt voraus, dass zunächst ein Rahmen definiert wird, innerhalb dessen sich die Raumluftfeuchte und die Raumtemperatur im Tages- und Jahresverlauf bewegen sollten. Mithilfe geeigneter Klimaparameter, die aus archivierten Daten und Simulationsberechnungen sowie neuartigen Untersuchungsmethoden entwickelt wurden, gelang es, einen optimal auf den jeweiligen Raum angepassten, tolerierbaren Klimabereich für die Krypta und die Kirche abzuleiten. So ist es auf denkmalgerechte Weise möglich, das anzustrebende Raumklima in der Kirche St. Georg herzustellen und das Risiko einer weiteren Beschädigung der Wandmalerei zu minimieren. Die im Rahmen dieses Forschungsvorhabens gewonnenen Erkenntnisse in Bezug auf Untersuchungsmethoden, Maßnahmenkonzepte und präventive Raumkonditionierung können auch für vergleichbare Problemstellungen in individuell abgewandelter Form adaptiert werden.


Projektthema

Raumklimastabilisierung zum Erhalt der durch anthropogene Umwelteinflüsse im Bestand gefährdeten Wandmalereien in der Kirche St. Georg (UNESCO - Weltkulturerbe Klosterinsel Reichenau)

Projektdurchführung
MPA – Materialprüfungsanstalt Universität Stuttgart
Am Pfaffenwaldring 4
70569 Stuttgart
Telefon: 0711 | 6856 3323
E-Mail: info@mpa.uni-stuttgart.de
www.mpa.uni-stuttgart.de

Kooperationspartner
Regierungspräsidium Stuttgart
Landesamt für Denkmalpflege
Berliner Straße 12
73728 Esslingen am Neckar
Telefon: 0711 | 904 45 429
E-Mail: abteilung8@rps.bwl.de
www.denkmalpflege-bw.de


AZ 32712

Untersuchung zu Pigmentveränderungen mittels Röntgenfluoreszenzanalyse (RFA) an der Südwand von St. Georg, Reichenau.