Projekt „Schule 3.0 – Energiewende in den Unterricht“ macht MINT-Fächer erlebbar

Das Zentrum für Chemie (ZFC) aus Bensheim hat gemeinsam mit 40 Lehrkräften aus 13 Schulen der Fächer Chemie, Physik, Informatik und Mathematik mit Naturwissenschaftsdidaktikerinnen und -didaktikern, Fachwissenschaftlerinnen und Fachwissenschaftlern sowie Mitarbeitenden von Unternehmen kompetenzorientierte Unterrichtseinheiten im Themenfeld Energiewende entwickelt. Die Einheiten werden an Schulen in Hessen erprobt und eingesetzt. Ziel des durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) geförderten Projekts ist es, Lehrkräfte für das Thema Energiewende zu qualifizieren und zur Einbettung des Themas in den Fachunterricht zu motivieren.

Projektleiter Dr. Thomas Schneidermeier
Projektleiter Dr. Thomas Schneidermeier. Foto: Zentrum für Chemie e.V.
© ©Zentrum für Chemie

Im Interview berichtet Dr. Thomas Schneidermeier, seit 2004 Leiter des ZFC und Lehrer am Goethe-Gymnasium Bensheim, vom Verlauf des Projekts und erzählt, warum das Projekt ein voller Erfolg war.

„Schule 3.0 – Energiewende in den Unterricht“ ist der Titel des DBU-Projekts.

Warum ist das Thema wichtig?
Dr. Thomas Schneidermeier: Der Klimaschutz gehört mit der Demokratiebildung zu den zentralen Herausforderungen unserer Gesellschaft. Ich halte es für sehr wichtig, dass die mit dem Klimaschutz eng verbundene Energiewende im Unterricht eine größere Rolle einnimmt und zwar nicht nur in den klassischen Fächern wie Geografie oder Politik und Wirtschaft. Wenn man zu den Themenfeldern Klimaschutz und Energiewende tragfähige Aussagen treffen möchte, braucht man eine MINT-Bewertungskompetenz. Für uns ist es wichtig, Schülerinnen und Schülern die Gelegenheit zu geben, die Erkenntnis gewinnen zu können, dass sie kontroverse Aussagen aus den Medien experimentell selbst überprüfen können. Sie führen Versuche durch, um z. B. herauszufinden, ob CO2 ein Treibhausgas ist und bei der Verbrennung von Kohle entsteht. Dadurch können sie Schlüsse ziehen, wie sie mit einer Erkenntnis umgehen, die sie sich selbst experimentell erarbeitet haben. Dazu gehören neben der Reflexion der eigenen Haltung auch die experimentelle Auseinandersetzung mit Lösungen wie energieeffizienten Technologien oder Technologien zur Dekarbonisierung. Damit verbunden ist eine Berufsorientierung für Tätigkeitsfelder im Umfeld der Energiewende.

Der Titel des Projekts lautet „Schule 3.0 – Energiewende in den Unterricht“. Eine Forderung?
Schneidermeier: Ja, unbedingt. Das Thema muss verstärkt in den Unterricht eingebunden werden. Natürlich spielt der Themenkomplex z. B. in Chemie- und Physikschulbüchern eine Rolle, geht aber dann aufgrund des straffen und traditionell geprägten Lehrplans oft unter. Dieser Umstand war Anlass des Projekts, um Lehrkräften die Gelegenheit zu geben, in den MINT-Fächern konkret daran zu arbeiten, wie man das Thema Energiewende mit klassischen Inhalten des Lehrplans verknüpft und in längeren Unterrichtssequenzen implementieren kann.

Wie lief bei dem Projekt die gemeinsame Arbeit mit den Schülern?
Schneidermeier: Die Schülerinnen und Schüler waren sehr offen. „Fridays for Future“ ist vielen ein Begriff und es motiviert sie natürlich sehr, wenn sie selbst im MINT-Unterricht Projekte zum Klimaschutz durchführen können.

Wie haben Sie die Schüler aktiv eingebunden?
Schneidermeier: In erster Linie durch die eigenständige Durchführung von teilweise selbst recherchierten Experimenten. Seit Neuestem entstehen im Unterricht selbst gedrehte Erklärvideos zum Nachweis von CO2 als Treibhausgas und zur Entstehung von CO2 bei der Verbrennung von Kohle. Basierend auf Ergebnissen des Pilotprojekts wurden in diesem Schuljahr im Goethe-Gymnasium Bensheim im Unterricht aller 9. Klassen im Rahmen eines Projekts zum selbstorganisierten Lernen Erklärvideos mit Experimenten zur Gewinnung, Speicherung und Nutzung von „grünem“ Wasserstoff von Schülerinnen und Schülern erstellt. Im kürzlich durchgeführten 30. Erfinderlabor, einem Projekt des ZFC für besonders leistungsstarke Schülerinnen und Schüler der Oberstufe, entstanden Erklärvideos zur Forschung im Institut für Materialwissenschaft der TU Darmstadt im Umfeld der Energiewende. Es geht also auch darum, den Lehrplan mit der aktuellen Forschungsarbeit an Hochschulen zu vernetzen. Für die Schülerinnen und Schüler war die Arbeit daran höchst attraktiv.

Das Projekt ist mittlerweile abgeschlossen. Wie geht es nun weiter?
Schneidermeier: Wir planen weiterzumachen. Da uns die Themen Klimaschutz, Energiewende, Ressourceneffizienz und Nachhaltigkeit auch in Zukunft gesellschaftlich intensiv beschäftigen werden und sich wissenschaftliche Erkenntnisse dazu dynamisch weiterentwickeln, ist es aus meiner Sicht zwingend notwendig, auch den Themenkomplex im MINT-Unterricht kontinuierlich anzupassen und mit „Tiefe“ im Unterricht zu verankern. Ein wichtiger Partner ist die hessische Landesenergieagentur, die vom hessischen Wirtschaftsministerium beauftragt ist. Regionale Partner wie das staatliche Schulamt Kreis Bergstraße und Odenwaldkreis, aber auch Stiftungen wie die Hopp Foundation, Verbände wie der VCI Hessen, Unternehmen wie Merck, Universitäten und Hochschulen sowie das hessische Kultusministerium, das uns aktuell mit 0,19 Lehrerstellen unterstützt, sind mit im Boot. Der Fokus wird  vorwiegend in Hessen liegen, da das Projekt vom Land gefördert wird und hessische Lehrkräfte mitwirken. Wir arbeiten auch mit Hochschulen aus ganz Deutschland und bundesweiten Initiativen wie „MINT Zukunft schaffen!“ zusammen und können dadurch das Thema bundesweit voranbringen. Das Wirtschaftsministerium in Brandenburg und Institutionen in Baden-Württemberg zeigen Interesse an einer Zusammenarbeit. Auch vom BMBF haben wir die Rückmeldung bekommen, dass dieses Projekt bundesweit gestreut werden sollte.

Ausfbau  Kompetenzteam mit Akteuren aus Schule, Hochschule und Industrie
Es wurde ein Kompetenzteam mit Akteuren aus Schule, Hochschule und Industrie aufgebaut. Foto: Zentrum für Chemie e.V.
© ©Zentrum für Chemie e.V:

Welche Ideen wollen sie künftig noch umsetzen?
Schneidermeier: 
Wir bauen gegenwärtig ein Kompetenzteam mit Akteuren aus Schule, Hochschule und Industrie für Schülerinnen und Schülern und als Ansprechpartnerinnen und -partner für Schulen auf, die den Themenkomplex „Nachhaltigkeit, Klimaschutz, Energiewende, Ressourceneffizienz“ verstärkt in ihr Unterrichtsangebot integrieren wollen. Das Thema Energiewende muss in die Schulen, um bei jungen Menschen eine Bewertungs- und Lösungskompetenz für dieses gesellschaftlich so bedeutende Thema aufzubauen. Wir wollen ihnen MINT-Grundlagenwissen in diesem Umfeld für spätere private und berufliche Entscheidungen vermitteln – egal, in welchem Beruf sie später einmal landen. Dieses durch die DBU geförderte Projekt hat dafür den ersten Baustein gesetzt.

Über das Zentrum für Chemie (ZFC):
Das Zentrum für Chemie (ZFC) ist ein gemeinnütziger Verein, der mittlerweile seit 17 Jahren existiert. Seit mehr als zehn Jahren beschäftigt er sich hauptsächlich mit den Themen Ressourceneffizienz, Klimaschutz und Energiewende.  Im Rahmen des Projekts fanden zwischen Oktober 2016 und Juni 2019 vier Workshops für jeweils etwa 40 Lehrkräfte statt. Es gab neun einwöchige sogenannte „Erfinderlabore“ für Schülerinnen und Schüler der Oberstufe. Dabei sind neun Filme zum Themenbereich Energiewende erstellt worden, die der Öffentlichkeit auf der ZFC-Homepage und auf YouTube zur Verfügung stehen. Die in den Lehrerworkshops erstellten Unterrichtseinheiten wurden im Unterricht erprobt und weiterentwickelt und stehen zum Download auf der ZFC-Homepage bereit.

Projektthema

Schule 3.0 – Energiewende in den Unterricht

Projektdurchführung

Zentrum für Chemie e. V.
Herr Dr. Thomas Schneidermeier
Auerbacher Weg 24
64625 Bensheim

E-Mail: zukunftstechnologien@z-f-c.de
Websites: www.z-f-c.de, Projektvideo auf YouTube

Laufzeit

Oktober 2016 – Oktober 2019, Abschlussbericht zum Download

Aktenzeichen

DBU-AZ 32847/01

Stand: 29.03.2021