Das Thema Umweltschutz hat bekanntlich in der Wahrnehmung der Bevölkerung an Stellenwert verloren. Dies merken auch Einzelhändler bei ihren Kunden.
Nur elf Prozent der Befragten aus einer repräsentativen Haushaltsbefragung, die imug im Rahmen des Projektes „Nachhaltigkeit im Einzelhandel“ durchgeführt hatte, besuchen ein Lebensmittelgeschäft auch wegen der angebotenen ökologischen Leistungen. Vor allem die Qualität der Produkte, das Preisniveau, die Lage und Erreichbarkeit sowie die Sortimentsbreite sind den Kunden wichtiger. Nur noch eine Hand voll ökologisch motivierter Käufer achtet beim Einkauf auf umweltfreundliche Produkte und ist bereit, dafür auch tiefer in den Geldbeutel zu greifen. Diese Erfahrungen mussten einige Händler machen, die in das Projekt involviert waren. Gleichzeitig sind in den meisten Betrieben bereits kostensparende Maßnahmen zur Verminderung des Verbrauchs an Energie, Material, Verpackung und umweltschädlichen Substanzen eingeführt worden. Was also kann man tun, um die Einzelhandelsunternehmen, vor allem im mittelständischen Bereich, zu verstärktem Umweltverhalten anzuregen?
Durchführung von Fallstudien
Eine Antwort darauf zu finden, war erklärtes Ziel des Vorhabens "Nachhaltigkeit im Einzelhandel - Koordination und Fallstudien", das von der Akademie für Technikfolgenabschätzung (Stuttgart) in Kooperation mit dem Institut für Markt-Umwelt-Gesellschaft (imug/Hannover) und der Zentralstelle für Berufsbildung im Einzelhandel (zbb/Berlin) durchgeführt wurde.
Aus der praktischen und wissenschaftlichen Begleitung von Pilotunternehmen aus den drei Branchen Bürowirtschaft, Bau- und Heimwerkermärkte sowie Lebensmittelhandel konnten wertvolle Erkenntnisse gewonnen werden. Dazu gehört, dass ökologische Leistungen des Handels von den Kunden nur dann honoriert werden, wenn auch die Qualität und der Preis der Produkte stimmen. Ökologie ist damit ein Zusatznutzen und kein alleiniges Argument für den Kauf von Produkten. Die Möglichkeiten des Handels für eine ökologische Sortimentsgestaltung liegen zum einen in der zusätzlichen Listung von umweltverträglichen Alternativen, zum anderen in der Auslistung von umweltschädlichen Produkten. Maßnahmen zur ökologischen Betriebsführung stoßen dann auf Interesse, wenn sie mit Einsparungen einher gehen. In manchen Fällen ist auch "Imagepflege" ein Anreiz zu mehr Ökologie.
Für die Bürowirtschaft liegen die Potenziale hinsichtlich einer ökologischeren Gestaltung des Sortiments eher im gewerblichen Bereich. Privatkunden fragen Öko-Produkte zur Zeit wenig nach. Anders ist dies bei Bau- und Heimwerkermärkten: In den Warengruppen "Farben und Holz" besteht derzeit eine hohe private Nachfrage nach Öko-Produkten, weil hier Gesundheitsaspekte im Vordergrund stehen. Im Lebensmittelhandel liegen die Chancen beim Verkauf regionaler Produkte.
Schulungskonzept
Allen Branchen gemeinsam ist die Tatsache, dass Beratung bei umweltverträglichen Produkten besonders wichtig ist. Dementsprechend hoch ist die Bedeutung von Maßnahmen der Mitarbeiterschulung. Im Rahmen des Vorhabens wurde deshalb ein eigenes Schulungskonzept erarbeitet, das sich aus mehreren Elementen zusammensetzt. Eine Schulungsdiskette wird ergänzt durch den Online-Infopool www.handelumweltinfo.de. Letzterer soll die Mittelständler motivieren, das Internet systematisch für Mitarbeiterqualifizierung und Informationsrecherche zu nutzen. Die Best-Practice-Datenbank von www.handelumweltinfo.de können Betriebe selbst mit Projektinfos und Ideen speisen.
Das Schulungskonzept wiederum ist Bestandteil des sogenannten "Ökologischen Werkzeugkastens für den Einzelhandel", der im Projektverlauf entwickelt wurde. Dieser enthält neben dem Bereich Schulung 10-Goldene Regeln für Mitarbeiter und 10-Goldene-Regeln für Geschäftsführer von Einzelhandelsunternehmen (siehe Abb.)
Vergleichbaren Status wie die Goldenen Regeln für die Personalebene hat der Kriterienkatalog für ein nachhaltiges Produkt auf der Sachebene. Danach ist ein nachhaltiges Produkt unter anderem durch folgende Kriterien ausgezeichnet:
- Langlebigkeit und Reparaturfähigkeit
- Schadstofffreiheit in Herstellung und Gebrauch
- Geschlossene Kreisläufe (Herstellung, Entsorgung)
- Ressourcenschonung in Herstellung und Gebrauch
- Nahe am Verbraucher erzeugt und produziert
- Gerechte Entlohnung in der Produktion
- Respekt vor der Gesundheit der Menschen
Projektziel: Erarbeitung und Erprobung wirtschafts- und sozialverträglicher Umwelt- und Ressourcenschutzmaßnahmen im Einzelhandel Projektträger: Akademie für Technikfolgenabschätzung in Baden-Württemberg
Industriestr. 5
70565 Stuttgart Telefon: (07 11) 9 06 31 70 Fax: (07 11) 9 06 32 99 URL: http://www.ta-akademie.de E-Mail: info@ta-akademie.de