Auch Jugendliche, die in benachteiligten Lebenslagen leben und bisher nur wenig Berührungspunkte mit Themen wie Umweltschutz und Nachhaltigkeit haben, müssen aktiv an der nachhaltigen Transformation unserer Gesellschaft beteiligt werden, wobei es oft bereits an Anknüpfungspunkten zur Natur und dem Wissen über den eigenen Handlungsspielraum mangelt. Im Fokus des Projektes stehen daher die Sozialräume der Kölner Stadtbezirke Mühlheim, Kalk und Porz, die durch Kinderarmut, Diskriminierungs- und Gewalterfahrungen und soziale Exklusionsprozesse gekennzeichnet sind. In diesen Stadtbezirken fehlt es insbesondere an Naturerlebnissen und naturbezogenen Erholungsorten im nahen Lebensumfeld. Die Zielgruppe des Projektes stammt aus Elternhäusern verschiedener Nationalitäten und steht dem Staat in der Regel eher kritisch gegenüber bzw. sieht sich selbst nicht als gestaltenden Teil der Gesellschaft. Die vielfältigen Möglichkeiten der politischen Einflussnahme, die von der Mitwirkung in themenspezifischen Vereinen über mögliche Eingaben in den Beteiligungsausschüssen der Stadt Köln bis zu Kunstinstallationen und -aktionen reichen, sind ihnen dabei häufig nicht bekannt. Ziel des beantragten Vorhabens ist es daher, die Zuversicht, die Selbstwirksamkeitserwartung und die Fähigkeiten der Jugendlichen, selbst vor Ort etwas bewegen und damit einen wichtigen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz leisten zu können, zu stärken.
Von einfachen Naturerfahrung bis zur Vermittlung der globalen Zusammenhänge
Der inhaltliche Fokus des Projektes liegt auf der Bedeutung von Wäldern und Biodiversität für Mensch, Umwelt und Klima sowie auf der Auseinandersetzung mit konkreten Möglichkeiten, um Umwelt und Klima zu schützen und politischen Einfluss zu nehmen. Über einen Zeitraum von 36 Monaten sollen interessierte Jugendliche an einem regelmäßigen wöchentlichen, außerschulischen Gruppenangebot teilnehmen, das unter anderem Exkursionen zu urbanen Naturlernorten und zu Orten guter Praxis sowie naturbezogene Ferienfahrten in die Eifel und in das Klimahaus Bremerhaven umfasst. Hierdurch soll zunächst die Begeisterung der Jugendlichen für den Schutz von Umwelt und Klima geweckt und bestärkt werden. Die Jugendlichen sollen dabei urbane Naturräume entdecken und sich forschend mit Herausforderungen, Dilemmata und Lösungsansätzen für Umweltschutz und Biodiversität in ihrer Stadt auseinandersetzen. In einem digitalen Austauschformat mit brasilianischen Umweltschützer*innen des Vereins Klimaretten e. V. sollen sie sich zudem die globalen Zusammenhänge zwischen ihrem Konsum, dem Handeln von Unternehmen und Politik und den Konsequenzen für Wälder und Menschen weltweit erschließen.
Dialog mit der Lokalpolitik
Mindestens zwei Berufsschulklassen des Ausbildungszweiges Gastgewerbe mit bis zu 40 Berufsschüler*innen sowie deren Lehrkräfte der Bildungsgänge „Gastgewerbe“ und „Ernährung“ erproben das Modell. Maximal werden bis zu 120 Berufsschüler*innen und ihre Lehrkräfte erreicht. Für bis zu 40 Lehrkräfte werden ergänzend zwei Fortbildungsveranstaltungen durchgeführt.
In diesem Zusammenhang ist unter anderem auch eine Teilnahme am Citizen Science-Projekt „Tree Checkers“ vorgesehen. Hierbei handelt es sich um ein Bildungsmodul des Schulbiologiezentrums Hannover, in dem Jugendliche herausfinden sollen, welche Bäume sich besonders für die Stadt eignen. Zentrale Fragen in diesem Zusammenhang sind, welche Stadtbäume weniger anfällig für Pflanzenkrankheiten und Schädlinge sind, ob manche Schädlinge oder Krankheiten nur bestimmte Baumarten befallen, ob es beim Vorkommen von bestimmten Schädlingen regionale Unterschiede gibt, ob man erkennen kann, wie sich ein Schädling ausbreitet, ob die Zahl der mit Misteln befallenen Bäume in der Stadt höher als auf dem Land ist oder ob es Eschen gibt, die gegen das Eschensterben resistent sind. Gleichzeitig sollen die Jugendlichen die Möglichkeit erhalten, eigene „Forschungsfragen“ einzubringen, die erfassten Bäume auf einer „Tree Checker-Karte“ einzusehen und die bisher erfassten Daten herunterladen.
Wissenschaftliche Begleitung und Multiplikation
Zum Abschluss des Projekts setzen die Jugendlichen entsprechende Aktionen öffentlichkeitswirksam um und reflektieren den gemeinsamen Lern- und Partizipationsprozess. Die Projektentwicklung und Umsetzung soll durch das Institut für Sozialpolitik und Sozialmanagement (ISSM) der Technischen Hochschule Köln wissenschaftlich begleitet werden. Geplant ist zunächst die Evaluation des Konzeptes mittels konzeptioneller, wissenschaftlich-theoretischer Kriterien. Anschließend erfolgt mithilfe einer qualitativen Umfrage eine Wirkungsanalyse des Projekts. Die Erfahrungen und Erkenntnisse der Projektumsetzung und der wissenschaftlichen Begleitung sollen die Grundlage für eine Skalierung des Bildungsansatzes in Köln und Umgebung bieten und in das Qualifizierungsprogramm der FAIR.STÄRKEN-AKADEMIE für pädagogische Fachkräfte als Multiplikator*innen fließen. Entsprechende Handlungsempfehlungen sollen erarbeitet und auch an andere Sozialträger verbreitet werden.
Projektdurchführung:
FAIR.STÄRKEN e. V.
Köln, Nordrhein-Westfalen
DBU-AZ: 38551
Förderzeitraum: 01.04.2023 – 01.04.2026
Stand: 09.08.2023
Titelbild: © AdobeStock – New Africa
Bild: © FAIR.STÄRKEN e. V.