Für viele Syntheseprozesse in der chemischen Produktion und Forschung sind große Mengen an Lösungsmitteln unverzichtbar. Allerdings bedeutet der Einsatz von Lösungsmitteln durch die damit einhergehenden Emissionen vielfach eine Umwelt- und Gesundheitsgefährdung und ist insbesondere im Forschungslabor mit einem hohen Stoff- und Energieaufwand verbunden, da die Lösungsmittel bereitgestellt, nach der Reaktion abgetrennt und anschließend aufgereinigt oder entsorgt werden müssen.
Der Verzicht auf Lösungsmittel stellt daher eine interessante Option zur Prozessintensivierung dar. In einem gemeinsamen Projekt testen die Fritsch GmbH aus Idar-Oberstein und die Friedrich-Schiller-Universität Jena eine derartige Option: die Durchführung lösungsmittelfreier organischer Synthesen mithilfe von Planeten-Kugelmühlen.
Kugelmühlen dienen allgemein zur Zerkleinerung harter und spröder Materialien oder auch zum mechanischen Legieren. In Planeten-Kugelmühlen wird das Mahlgut durch hochenergetische Schläge der Mahlkugeln zerkleinert. Diese mechanische Energie kann genutzt werden, um die Aktivierungsenergie für chemische Reaktionen bereit zu stellen – um also die »Energieschwelle« zu überwinden, die chemische Reaktionen benötigen, um ablaufen zu können.
Im Projekt konnten verschiedene existierende Reaktionen im Labormaßstab mechanisch induziert nachgestellt werden, wobei die Reaktionen nicht auf eine bestimmte Reaktionsklasse beschränkt sind. Ein Beispiel war die lösungsmittelfreie Umwandlung von Alkinen zu verschiedenen Synthesebausteinen. Zudem erwies sich der Energieeintrag mittels Kugelmühle gegenüber anderen Möglichkeiten des Energieeintrags in der lösungsmittelfreien Synthese als sehr effizient.
Lösungsmittelfreie Reaktionen in der Kugelmühle verkürzen demnach die Reaktionszeiten, senken den Energie- und Rohstoffbedarf und erhöhen die Arbeitssicherheit durch den Verzicht auf gesundheitsgefährdende Substanzen.
Darüber hinaus wurden im Projekt neuartige Reaktionen und Verfahren entwickelt, die mit klassischen lösungsmittelbasierten Strategien nicht oder nur mit großem Aufwand realisierbar sind. Damit eröffnet sich die Möglichkeit der umweltschonenden Synthese neuer Produkte und Materialien.