Kunststoffprodukte statt Plastikabfall – Kreislaufwirtschaft im medizinischen Labor

Der Gesundheitssektor ist für 4,4 Prozent der Treibhausgase verantwortlich. Besonders hoch ist der Anteil der indirekten Treibhausgas-Emissionen (Scope 3), die schwerpunktmäßig mit den Unternehmenstätigkeiten verbunden sind. Für das akkreditierte Prüflabor für Desinfektionsmittel und Medizinprodukte HygCen Germany GmbH bedeutet dies insbesondere den hohen Verbrauch von hochwertigen Einmal-Kunststoffartikeln, die aktuell nach Gebrauch zunächst autoklaviert und anschließend als Abfall entsorgt werden. Infektiöse Abfälle aus dem Gesundheitsbereich werden in Deutschland als gefährlicher Abfall inaktiviert, d.h. mögliche Keime werden durch bestimmte Verfahren unschädlich gemacht. Anschließend müssen die Abfälle thermisch verwertet, d. h. verbrannt werden.

Auf alle Krankenhäuser in Deutschland übertragen bedeutet das: Insgesamt werden hier im Jahr rund 4,8 Millionen Tonnen Müll produziert. Die gemeinnützige Organisation Practice Greenhealth geht davon aus, dass rund 25 Prozent dieses Abfalls aus Plastik besteht. Das sind 1,2 Millionen Tonnen Plastik pro Jahr.

HygCen Germany versucht, hier gegenzusteuern. Gemeinsam mit zwei Projektpartnern, dem Maschinenbauer Ermafa Environmental Technologies GmbH und dem Institut für Polymer- und Produktionstechnologien e. V. IPT, soll ein Verfahren entwickelt werden, um 10 Prozent des Plastikabfalls stofflich zu recyceln und hygienisch unbedenkliche Rezyklate herzustellen. Das würde bedeuten, etwa 100 000 Tonnen Plastik erneut zu nutzen.

Recycelte Proben
Nach der Sterilisation ist aus dem infektiösen Abfall ein stofflich verwertbares Rezyklat entstanden.
© Igor Taraschuk

Arbeitsschritte: Leitfaden, sortenreine Trennung, Rezyklat-Verwertung und Pilotprojekte

Zu Beginn des Projektes wird ein eines Expertenteam gebildet, das einen Leitfaden erarbeitet, mit dessen Hilfe sich die hygienischen Sicherheit von Abfalldesinfektionssystemen zur Herstellung von Rezyklat prüfen lässt. Das Expertenteam besteht aus den Projektpartnern, Vertreter*innen des Robert-Koch-Instituts (RKI), des Umweltbundesamtes (UBA) und des Ministeriums für Umwelt und Klimaschutz Mecklenburg-Vorpommern sowie der Kunststoffindustrie.

Im ersten Arbeitspaket erfolgt durch HygCen Germany und Ermafa Environmental Technologies die Definition der Anforderungen an Autoklav und Rezyklat.

Im zweiten Arbeitspaket werden die internen Prozesse durch HygCen Germany so optimiert, dass eine sortenreine Trennung der infektiösen Kunststoffabfälle möglich wird.

Prüfung Recyclat
Das entstandene Rezyklat wird vom Projektpartner IPT auf chemische und physikalische Eigenschaften untersucht, um die Qualität und das Potential für die stoffliche Verwertung zu analysieren.
© Nico Laufer

Im dritten Arbeitspaket evaluiert HygCen Germany Abfalldesinfektionssysteme im Hinblick auf die Herstellung von hygienisch unbedenklichem Rezyklat zur Wiederverwertung in hochwertigen Produkten. Die Aufgabe von Ermafa Environmental Technologies in diesem Arbeitspaket wird die Anpassung und Modifikation der vorhandenen Technik an die Anforderungen im Rahmen des Projektes sein. Nach Abschluss der Modifikationen erfolgt die Risikobetrachtung analog einer Typprüfung durch HygCen Germany. In diesem Arbeitspaket erfolgt durch das IPT die Untersuchung der physikalischen und chemischen Eigenschaften der Rezyklate.

Das vierte Arbeitspaket hat die Wiederverwertung der Rezyklate als Schwerpunkt. Das IPT kann Prototypen aus Rezyklat herstellen, die von Lieferanten von HygCen Germany z.B. der Firma Eppendorf geprüft werden können.

Ein übergeordnetes Ziel des Projektes ist es, ein Netzwerk zur Realisierung von Pilotprojekten zur Verwertung des Rezyklats aus Laborabfällen zu initiieren, z. B. Rücknahme des Rezyklats durch Lieferanten.

Projekttitel: Kreislaufwirtschaft im medizinischen Labor – Nutzung von infektiösem Kunststoffabfall aus dem Labor zur Herstellung von hygienisch unbedenklichen Rezyklaten für neue hochwertige Kunststoffprodukte

Projektdurchführung: HygCen Germany GmbH, Schwerin

DBU-AZ: 39023/01

Förderzeitraum: 25.03.24 – 25.09.25