Konzept zur präventiven Konservierung, Sicherung und Bewahrung für den Wandmalerei-Zyklus im Kreuzgang des Emmausklosters in Prag

Projekt aus der internationalen Förderung

Keywords: Schutz national wertvoller Kulturgüter, anthropogene Immissionen, Strategie zur Sicherung und Bewahrung, Erprobung von neuen Methoden, Umweltkommunikation

Gegenstand und Ziele des Projektes

Ziel des Projektes ist die Entwicklung eines Erhaltungskonzeptes für den Wandmalerei-Zyklus im Emmauskloster in Prag. Dabei handelt es sich um eine gotische Wandmalerei aus dem 14. Jahrhundert aus der Zeit von Kaiser Karl IV. in Prag. Die großformatige Malerei ist aufgrund ihrer Ikonographie und künstlerischen Qualität von internationaler Bedeutung. Sie besteht aus 26 figürlichen Gemälden in 22 Gewölbefeldern und ist im mittel- und nordeuropäischen Raum eine Seltenheit. Die Oberflächen der Malerei weisen erhebliche Schäden auf, die auf negative Auswirkungen von Umwelteinflüssen wie Salze, mikrobiologischer Befall und weitere atmosphärische Verschmutzungen zurückzuführen sind. Zudem haben erhebliche Schwankungen der relativen Luftfeuchtigkeit und Kondensationsvorgänge die Farbschichten geschädigt.

Gegenstand des Vorhabens ist daher eine modellhafte Bestands- und Zustandserfassung, im Rahmen derer die Schadzusammenhänge sowie vergangene Restaurierungsarbeiten erstmalig vollumfänglich untersucht werden. Ziel ist es, Kenntnisse über die schädlichen Auswirkungen von Umweltfaktoren sowie dezidiertere Informationen über den Erhaltungszustand zu gewinnen. Das Projekt verfolgt dafür eine umfassende multi-methodische Herangehensweise, die auf bildgebenden Verfahren, d. h. nicht-invasiven und mikro-invasiven Analysetechniken, basiert (u. a. Streiflicht, UV-Fluoreszenz, IR-Reflektografie, XRF-, Raman-, Nahinfrarot- und FTIR-Analysemethoden, photogrammetrische Vermessung). Für eine bessere Aussagekraft werden diese durch zwei neue Untersuchungsansätze ergänzt:

In Ergänzung ist eine Umweltbewertung vorgesehen, die hygrothermische Zusammenhänge, die Auswirkungen des Klimawandels und die starke Schadstoffbelastung in Prag berücksichtigt.

Arbeitsschritte:

  1. Katalogisierung bisher nicht erfasster historischer Dokumente,
  2. Erfassung des aktuellen Zustandes der Wandmalereien, des Umfangs und Charakters der Schäden, Auswertung des Einflusses der Außenfaktoren, insbesondere Luftschadstoffe anthropogener Herkunft,
  3. Klima- und Umwelt-Monitoring und Bewertung der aktuellen Bedingungen, denen die Wandmalereien ausgesetzt sind,
  4. Unterscheidung der ursprünglichen Wandmalereien von den nachfolgenden Übermalungen, Differenzierung und genaue Beschreibung früherer Restaurierungsmaßnahmen auf einzelnen Malereien,
  5. Kombination von verschiedenen, nicht invasiven Untersuchungsmethoden für die Zustandserfassung,
  6. Bewertung aller anthropogenen Einflüssen in Bezug auf die optischen und materiellen Veränderungen der Wandmalereien (historische Übermalungen, Luftschadstoffe, Kriegseinflüsse, Neugestaltung durch die Beuroner Schule Anfang des 20. Jahrhunderts, Restaurierungen der 1960er Jahre, Veränderungen seit der letzten Restaurierung),
  7. Implementierung der ABC-Methode, um einen Risk Management Plan als eine der Grundlagen für die Erstellung des Konzepts für die präventive Konservierung, Sicherung und Erhaltung zu erstellen,
  8. Veröffentlichungen in internationalen Fachzeitschriften, Organisation eines internationalen Kolloquiums, Herausgabe einer Publikation in englischer Sprache zur Dokumentation von Projektergebnissen, um einen möglichst breiten und internationalen Wirkungskreis zu erzielen,
  9. 3D-Darstellung der Malerei und des Kreuzganges zur besucherfreundlichen Vermittlung
    der Bedeutung der Wandmalereien.

Innovation und Modellhaftigkeit des Projektes

Der komplexe Forschungsansatz ist für Tschechien in dem Umfang und mit solch einem interdisziplinären Ansatz beispielhaft. Hierzu zählt der Einsatz der bildgebenden und nicht-invasiven Analysetechniken zur Bestimmung von Pigmenten und Farbstoffen und neuen Detailinformationen über anthropogene Schadzusammenhänge. Ebenso innovativ und vielversprechend ist die Weiterentwicklung des Multi- und Hyperspektralkamerasystems „Rainbow“ für den Anwendungsbereich Wandmalerei und die dadurch geschaffene Möglichkeit von hochauflösenden Spektralaufnahmen für detailgenaue Informationen. Die Technik ist noch nicht vollumfänglich erforscht. Ihre Weiterentwicklung trägt zum Erkenntnisgewinn in der Praxis bei. Sie schließt ein Desiderat in der Restaurierungsforschung, in der multispektrale Bildgebung zunehmend an Bedeutung für die Analyse und besucherfreundliche Vermittlung gewinnt. Einmalig ist ebenso die Erprobung der ABC-Methode in einem historischen Gebäudekontext sowie in den Ländern Tschechien und Deutschland. Mit der Ergänzung um kulturelle und umweltbedingte Einflussgrößen wird das Instrument zur Risikobewertung sinnvoll weiterentwickelt und ist damit im Kontext von klimawandelbedingten Schadereignissen relevant.

Das Erhaltungskonzept und die Untersuchungsmethoden sind modellhaft für den interdisziplinären Umgang mit Wandmalereien. Die Projektergebnisse leisten einen wichtigen Beitrag zum Verständnis der Techniken und Materialien von mittelalterlicher Wandmalerei im europäischen Kulturraum und sind damit von Mehrwert für die kunstgeschichtliche Forschung. Übertragbar sind auch die neuen Informationen über die Schadensursachen von Wandmalereien in Großstädten und damit in einem industriell geprägten Umfeld.

Besondere Aspekte des Projektes

Im Rahmen des Projektes wird auch ein Weiterbildungsaspekt verfolgt. Durch die Ausbildung von Studierenden erfolgt eine Weiterqualifizierung des akademischen Nachwuchses im Bereich der Restaurierung.

Förderthema 12: Bewahrung und Sicherung national wertvoller Kulturgüter vor schädlichen Umwelteinflüssen

Projektdurchführung:

Wirkungsorte: Deutschland und Tschechien

Förderzeitraum: Januar 2023 bis Dezember 2025

Projektkosten: Gesamtvolumen: 376 036 Euro, Förderung durch DBU: 376 036 Euro

DBU-AZ: 38228

Stand: 03.05.2024

Titelbild: © Universität Pardubice, Fakultät für Restaurierung