Am hessischen Oberrhein wird diese Methode seit 1997 – nachdem Renaturierungsbemühungen ohne aktive Einbringung von Zielarten seit Beginn der 80iger Jahre sehr ernüchternd verliefen – unter federführender Beteiligung der Professur für Landschaftsökologie und Landschaftsplanung der Justus-Liebig-Universität Gießen in Zusammenarbeit mit der Stadt Riedstadt, dem Regierungspräsidium Darmstadt und dem Landesbetrieb Hessenforst durchgeführt. Die im Rahmen mehrerer Projekte erprobte und weiterentwickelte Methode, durch Ausbringung von diasporenhaltigem Mahdgut eine Wiederansiedlung von Zielarten der Stromtalwiesen zu erreichen, hat sich bisher als sehr erfolgreich herausgestellt. Auf ehemaligen Ackerstandorten konnten innerhalb von fünf Jahren über 100 Pflanzenarten, darunter 35 Rote-Liste-Arten (Hessen, BRD), mit dem Mahdgut auf die Projektflächen übertragen werden.
Die bisherigen Untersuchungen zu dem Verfahren der Mahdgutübertragung zeigten, dass sichere Erfolge auf Flächen mit geringer Konkurrenz, d. h. nach Oberbodenabtrag oder auf Ackerflächen, zu erwarten sind. Im bestehenden artenarmen Grünland dagegen fehlen Erkenntnisse über geeignete Maßnahmen, die auch unter den dort herrschenden Konkurrenzbedingungen den übertragenen Zielarten die Etablierung ermöglichen, fast vollständig.
Hier setzt das aktuelle, durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt geförderte Projekt an: Das Verfahren der Mahdgutübertragung soll zu einem zuverlässigen Verfahren für die Wiederansiedelung seltener Auenwiesenarten und -gesellschaften in bestehendem Grünland weiterentwickelt werden. Dafür wurden auf mehreren artenarmen Grünlandbeständen Versuchsflächen angelegt. Auf diesen wurden verschiedene Formen der Flächenvorbehandlung angewendet, um deren Wirkung auf die Etablierung der mit Mahdgut übertragenen Arten zu analysieren. Die angewandten Vorbehandlungen waren – neben einer lediglich gemähten Kontrollfläche – das Fräsen und Pflügen der bestehenden Grasnarbe.
Die bisherigen Ergebnisse zeigen zwar, dass eine deutliche Förderung der Etablierung der Zielarten durch die Störung der Grasnarbe stattfindet, allerdings konnten bisher keine signifikanten Unterschiede bezüglich des Etablierungserfolges zwischen den zwei Störungsvarianten festgestellt werden.
Bereits nach vier Jahren Vegetationsentwicklung erweisen sich die durchgeführten Maßnahmen als sehr erfolgreich: Insgesamt konnten innerhalb von vier Jahren in den artenarmen Grünlandbeständen ca. 120 Arten, darunter 34 Rote-Liste-Arten, mittels Mahdgutübertragung auf den Flächen angesiedelt werden. Diese Werte entsprechen ungefähr denen, die auch im Rahmen von Projekten zur Wiederansiedelung artenreicher Stromtalwiesen auf Ackerflächen erreicht werden konnten.
Aufbauend auf der Erkenntnis mehrerer Untersuchungen, dass sich eine großflächige, relativ frühe Mahd (Mitte Juni) von Grünlandbeständen, wie sie auch am hessischen Oberrhein praktiziert wird, im Vergleich zur späten Mahd negativ auf Wirbellosenarten bzw. -gruppen auswirkt (wie z. B. auf Laubheuschrecken und viele Tagfalterarten) soll in den faunistischen Untersuchungen geklärt werden, ob auch schon eine kleinflächig durchgeführte späte Herbstmahd oder eine Mahd erst im zweiten Jahr auf jährlich wechselnden Flächenausschnitten ausreicht, um eine faunistische Artenanreicherung auf den Flächen zu bewirken. Dabei erscheinen relativ schmale Streifen (ca. 5 m) auf ansonsten früh gemähten Grünlandbeständen auch aus landwirtschaftlicher Sicht am besten geeignet, da diese die Bewirtschaftung der Flächen am wenigsten behindern. Die vorläufigen Ergebnisse zeigen, dass fast alle untersuchten Wirbellosengruppen die Faunastreifen bevorzugen und dass dieser Effekt deutlich stärker in kräuterreichen als in gräserdominierten Grünlandbeständen ausgeprägt ist. Dabei werden auch seltene und gefährdete Arten gefördert.
Eine Flexibilisierung des ersten Mahdtermins (insbesondere eine Vorverlagerung) könnte die Einsetzbarkeit der Aufwüchse in die landwirtschaftlichen Betriebe erhöhen. Mehrere Untersuchungen in (Mittel-)Gebirgslagen und im Flachland zeigen die relativ guten Möglichkeiten einer Integration artenreicher, extensiv genutzter Grünlandbestände in landwirtschaftliche Betriebsabläufe auf. Dagegen existieren nur wenige Studien, die dies für Auengrünlandbestände darstellen. Für die naturschutzfachliche und landwirtschaftliche Bewertung einer solchen Flexibilisierung sind darüber hinaus Kenntnisse über die Nährstoffgehaltsdynamik und somit die Verwertbarkeit der Aufwüchse im zeitlichen Verlauf einer Vegetationsperiode notwendig. Darauf aufbauend können Empfehlungen für eine zeitliche Flexibilisierung des ersten Schnitttermins auf der Grundlage der Ertrags- und der Futterwerte gegeben werden.
Für eine breite Anwendung der Ergebnisse wird ein Leitfaden erarbeitet, der die in der deutschen und internationalen Fachliteratur zerstreuten Erkenntnisse sowie vorhandenes Erfahrungswissen in Form einer Handlungsanweisung zusammenfasst.
Projekttitel | Handlungskonzept für die floristische und faunistische Aufwertung artenarmer Auenwiesen |
Stand des Projekts | Abgeschlossenes Vorhaben |
Aktenzeichen | 23329 - 33/0 |
Projektträger | Justus-Liebig-Universität Gießen Professur für Landschaftsökologie und Landschaftsplanung Heinrich-Buff-Ring 26 - 32 35392 Gießen |
Ansprechpartner | - Frau Prof. Dr. Dr. Annette Otte annette.otte@umwelt.uni-giessen.de - Dr. Tobias W. Donath tobias.w.donath@umwelt.uni-giessen.de - Dipl.-Geogr. Ralf Schmiede ralf.schmiede@umwelt.uni-giessen.de |
Telefon | (0641) 9937-161 |
Kooperationspartner | - PD Dr. Klaus Handke, Ganderkesee - Matthias Harnisch, Riedstadt |
Internet | www.stromtalwiesen.de www.uni-giessen.de/Landschaft www.riedstadt.de/stromtalwiesen |