Bürger*innenbeteiligung und direkt-demokratische Verfahren gelten als eine mögliche Antwort auf die größer werdenden Spannungen innerhalb demokratischer Gesellschaften. Gerade bei komplexen Themen besteht allerdings eine große Herausforderung, Menschen mit sehr heterogenem Vorwissen und unterschiedlichen Perspektiven am Prozess zu beteiligen und zu gewährleisten, dass auf Grundlage von Fakten diskutiert wird und trotzdem keine Wissenshierarchien entstehen. Die Folgen der Corona-Pandemie verändern die Situation insofern, als dass sowohl im Beruf, als auch in der Freizeit immer mehr digitale Kommunikationsformate zur Verfügung stehen, die eine breitere Beteiligung ermöglichen und die zum Beispiel zeitliche und räumliche Probleme der analogen Beteiligung lösen. Andererseits ergeben sich neue Herausforderungen für Menschen, die weniger vertraut im Umgang mit Computern sind. Ziel des Projekts ist es, ein in sich geschlossenes Paket von Instrumenten zu entwickeln, mit dem Wissensvermittlung und Bürger*innenbeteiligung mit starken digitalen Anteilen beziehungsweise hybriden Mischformen möglich sind. Das Arbeitspaket reicht dabei von der Erstellung von Bildungsmaterial über die Erarbeitung von verschiedenen gesellschaftlichen Perspektiven bis hin zur Entwicklung geeigneter Methoden zur Wissensschaffung und partizipativen Entscheidungsfindung. Beispielhaft soll dies am Thema Klimaschutz erprobt und evaluiert werden.
Schaffung von multimedialen Bildungsmaterialien
In einem ersten Arbeitsschritt sollen multimediale Bildungsmaterialien entwickelt werden, die ein 1,5-Grad-Szenario für Deutschland allgemeinverständlich präsentieren und die notwendigen Informationen enthalten, um Bürger*innen unterschiedlicher Hintergründe in den Stand zu versetzen, über die wissenschaftlichen Fakten und notwendigen politischen Maßnahmen zu diskutieren. Unter Berücksichtigung der Heterogenität der Zielgruppen geschieht dies mit unterschiedlichen Medien in allgemeinverständlicher Sprache, mit aufbereiteten Grafiken und unterstützt durch visuelles und auditives Anschauungsmaterial. Damit ein Zugang zum Internet kein Ausschlusskriterium für den Informationszugang ist, wird außerdem eine Info-Broschüre erstellt. Zusätzlich sollen sieben Youtube-Videos niederschwellig, ansprechend und unterhaltsam Informationen liefern, die entsprechende Zusammenhänge von Demokratie und Klimakrise vermitteln. Mögliche Themen dafür sind Ursachen und Folgen des Klimawandels, die Rolle der Demokratie für den Klimaschutz, Energieversorgung, Heizung und Warmwasser, Verkehr, Industrie, Landwirtschaft und Bodennutzung. Darüber hinaus sollen zu 15 Themen Podcasts sowie Online- und Offline-Workshops erstellt werden.
Herausarbeitung der verschiedenen Perspektiven der Zielgruppen
Im Zuge des zweiten Arbeitsschrittes soll stärker die gesellschaftliche Perspektive in den Blick genommen werden: Klimawandel und Klimapolitik sind umfassend, erfordern gesellschaftliche Antworten und haben Spaltungspotenzial, was sich in polarisierenden Debatten zeigt. Gründe hierfür sind oft ungleiche Wissensvoraussetzungen und Vorurteile über die Meinungen und Motive der jeweils anderen Seite. Im Rahmen des Projekts soll daher herausgearbeitet werden, welche Fragen und Perspektiven sich bei einer Auseinandersetzung mit den Fakten ergeben. Aufbauend auf diesen Erkenntnissen können Diskussionen besser vorbereitet und moderiert, gezielter als bisher und auf unterschiedliche Zielgruppen und Fragestellungen abgestimmte Informationsmaterialien bereitgestellt und bürgernahe politische Maßnahmen entwickelt werden. Es sollen vor allem Methoden entwickelt werden, mit denen die unterschiedlichen Perspektiven konstruktiv herausgearbeitet und anschließend gewinnbringend dargestellt werden können, wobei hauptsächlich im Workshop-Format gearbeitet wird.
Entwicklung eines Methodenkoffers für die Bearbeitung und Entscheidung relevanter Themen
Im dritten Arbeitsschritt sollen Instrumente und Methodenkoffer entwickelt werden, mit deren Hilfe die aufbereiteten Themen bearbeitet und zu einer politischen Entscheidung hingeführt werden können. Es sollen darüber hinaus mediale Inhalte sowie abgeschlossene und noch laufende Projekte und Beteiligungsverfahren im nationalen und internationalen Kontext vorgestellt werden. Um auch emotionale und soziale Seiten zu beleuchten, sollen auch Videos mit Interviews von Teilnehmenden und Initiator*innen einschlägiger Projekte erstellt werden. In Workshop-Formaten soll dabei demonstriert werden, wie demokratisch-partizipative Auseinandersetzungen aussehen und zu welchen Ergebnissen sie kommen können.
Evaluierung und Verbreitung der Erkenntnisse und Methoden
In der abschließenden Präsentationsphase sollen die Ergebnisse der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Dies geschieht unter anderem durch Online-Seminare, zu denen einschlägige Akteur*innen eingeladen werden. Übergreifend soll zusätzlich eine eigene Webseite zentrale Anlaufstelle für inhaltliche und organisatorische Informationen sein. Eine Evaluation soll das Vorhaben durch eine unabhängige Stelle aus dem Bereich der Sozialpsychologie, der Politik- oder der Transformationswissenschaften kritisch begleiten und analysieren.
Das Projekt wurde zwischenzeitlich abgeschlossen. Eine Zusammenfassung der Ergebnisse finden Sie hier.
Projektdurchführung:
Mehr Demokratie e. V.
Kreßberg, Baden-Württemberg
DBU-AZ: 37225
Förderzeitraum: 15.01.2021 – 31.12.2021
Stand: 09.08.2023
Bilder und Logos: DBU-Projektpartner