Gegenstand und Ziele des Projektes
Der Wohnungsmarkt ist in Lettland wie in den meisten Ländern des post-sowjetischen Raums deformiert: Er weist eine hohe Wohneigentumsquote von über 90 Prozent auf, die aus kurzfristigen und umfänglichen Privatisierungsmaßnahmen des vormals staatlichen Wohnraums Anfang der 1990er Jahre resultiert. Neben der Überzahl an privatisierten Wohnungen fehlt es an alternativen Wohnungsangeboten wie erschwinglichen Mietwohnungen oder gar Sozialwohnungen. Neubauvorhaben sind zumeist dem hohen Preissegment zuzuordnen und können angesichts der mehrheitlich weniger finanzstarken Bevölkerung den Bedarf an Wohnraum nicht decken.
Die viertgrößte Stadt Lettlands mit ca. 60.000 Einwohnern, Jelgava, verzeichnet seit Jahren eine erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung mit stetig steigender Nachfrage junger Familien und Fachkräfte verschiedener Bereiche nach bezahlbarem Wohnraum. Die Stadt will neue, alternative Wohnraumangebote im Mietsegment schaffen und hat JNIP, Kooperationspartner im Projekt, mit der Entwicklung von Lösungsansätzen beauftragt. Die Schaffung von qualitätsvollen Mietwohnungen im innerstädtischen Raum, die auch Familien mit Kindern und junge Menschen am Beginn ihrer Arbeitskarriere bezahlen können, reduziert zum einen das Verkehrsaufkommen und die resultierende Umweltbelastung und steigert zugleich die Lebensqualität der Stadtbewohner. In sozialökonomischer Hinsicht kann das Angebot von neuem, bezahlbarem Wohnraum in Innenstädten der Abwanderung junger Arbeitskräfte und den dadurch bedingten demographischen Entwicklungen entgegenwirken, die Lettland seit vielen Jahren herausfordern. Eine großflächige Einführung des Genossenschaftsprinzips im Wohnungswesen – verbunden mit der Anwendung innovativer, nachhaltiger Bauweisen, aber auch zur Vorbereitung von Sanierungen – kann in Lettland und der weiteren Region einen wesentlichen Hebel für die energetische Ertüchtigung, Dekarbonisierung, zunehmende Klimaverträglichkeit und bauliche Qualität neuer und bestehender Wohngebäude darstellen.
Innovation und Modellhaftigkeit des Projektes
Mit der modellhaften Konzeptentwicklung eines nachhaltigen und auf der Basis des Rohstoffs Holz errichteten Holzhybridgebäudes mit einer sehr hohen Energieeffizienz soll ein Typenhaus für den lettischen Wohnungsmarkt entwickelt werden, das beispielhaft zu einer Umweltentlastung bei der Errichtung von künftigen Neubauten im Mehrfamilienhaussegment führt und gleichzeitig bezahlbaren Wohnraum für untere und mittlere Einkommensschichten zur Verfügung stellen hilft.
Im Rahmen des Projekts in Jelgava wird konkret die Errichtung mehrerer Mietwohngebäude vorbereitet, die modellhaft
demonstrieren sollen.
Das innovative technische Konzept und auch das genossenschaftliche Mietwohnungsmodell – in Kombination angeboten durch die Europäische Wohnungsgenossenschaft LiM SCE – werden auf breiterer Ebene in Lettland entwickelt, diskutiert und gemeinsam für den lettischen Markt adaptiert. So wird eine wohnungswirtschaftliche Alternative auf dem lettischen Wohnungsmarkt geschaffen, die neue Impulse für Wohnen, Bauen sowie Quartiers- und Stadtentwicklung setzt.
Besondere Aspekte des Projektes
Das Projekt lebt vom genossenschaftlichen Geist: Was einer nicht schafft, schaffen viele gemeinsam. Das wohnungswirtschaftliche und genossenschaftliche Vorgehen setzt grundsätzlich auf Partizipation der lokalen Partnerinnen und Partner sowie künftigen Wohnungsnutzerinnen und -nutzer. Die Stadt Jelgava und ihr Unternehmen JNIP sind hierbei aktive, treibende Kräfte und ein Vorreiter für Lettland.
Darüber hinaus werden sowohl das technische Konzept (als Vorschlag für einen ‚neuen‘ Typenbau, der noch lettischen Normen angepasst werden muss) und auch das Wohn- und Finanzierungsmodell mit dem lettischen Wirtschaftsministerium abgestimmt, da dieses Ministerium ein Bauförderprogramm lancieren wird und hierfür mit verschiedenen Akteurinnen und Akteuren in Verbindung steht.
Förderthema: FT 5: Energie- und ressourcensparende Quartiersentwicklung und -erneuerung
Kooperationspartner:
Assoziierte Partner:
Wirkungsort: Jelgava (Republik Lettland – Baltikum)
Förderzeitraum: Dezember 2019 bis Dezember 2021
Projektkosten: Gesamtvolumen: 250 000 Euro, Förderung durch DBU: 124 998 Euro
DBU-AZ: 35522
Stand: 29.07.2021