Vom Schadensphänomen Craquelé sind vor allem Gläser aus der Zeit des 19. Jahrhunderts, insbesondere bernsteinfarbene, betroffen. Die Gläser weisen Rissmuster in Form von oberflächlichen Risslagen bis hin zu Tiefenrissen auf, dadurch werden sie instabil und zeigen eine veränderte Lichtbrechung. Die Ursachen für die Schadensbildung sind unklar, allerdings kommt schadstoffbelastete Luft als gewichtiger Faktor infrage. Die Kooperationspartner Metropolitankapitel der Hohen Domkirche Köln und Fraunhofer Institut für Silicatforschung (ISC), Würzburg, untersuchten Charakter, Ursachen und Verlauf des weitgehend unerforschten Schadensbildes und erprobten im Modell und an Originalen neuartige Methoden zur Konsolidierung und Restaurierung craquelégeschädigter Gläser.
Das Fraunhofer ISC entwickelte im Labor Modellgläser, die nach gezielter Schädigung im Klimaschrank ein Schadensbild zeigten, das den komplexen Rissnetzen originaler Gläser sehr ähnlich ist. An diesen Modellgläsern sowie an craquelierten Originalgläsern wurden die Untersuchungen zum Charakter, den Ursachen und dem Verlauf des Schadensbilds vorgenommen. Dieses ist komplexer als bisher bekannt: Bei Craquelé handelt es sich um feinste Risssysteme mit wenigen Mikrometern Spaltbreite. Diese Risse können mit Korrosionsprodukten gefüllt sein. Außerdem waren »Gelschichtkanäle« nachweisbar, also Ausläufer aus der Gelschicht in das darunterliegende Kernglas. Die Neigung zur Rissbildung bei craquelierten Gläsern steigt mit zunehmender Umgebungsfeuchte, die in Kirchenräumen häufig gegeben ist.
Für die Konsolidierung der craquelierten Gläser wurde der Einsatz des am Fraunhofer ISC entwickelten hydroaktiven Gels »Cloisil A18« getestet. Die Erfahrungen zeigen: Das Material weist prinzipiell gute Eigenschaften für die Festigung feinster Spaltsysteme auf. In Spaltabschnitte, die entweder durch Korrosionsprodukte verstopft sind oder im Bereich von Gelschichtkanälen liegen, vermag das Konsolidierungsmaterial allerdings nicht einzudringen. Einschränkend kann sich auch die Empfindlichkeit von Cloisil A18 gegenüber sehr hohen Luftfeuchten auswirken, was den Materialeinsatz in Kirchenräumen eingrenzt. Für museal bewahrte Glasmalereien, ebenso wie für Hohlgläser oder archäologische Glasfunde, ist der Einsatz von Cloisil A18 zur Festigung von Craquelé dagegen gut geeignet.
Parallel zu den Tests mit Cloisil A18 wurde die Hinterlegung craquelierter Gläser mit Glasfasergeweben und -vliesen getestet. Alle ausgewählten Gewebe und -vliese zeigten sich beständig gegenüber den in der Glasrestaurierung gängigen Lösemitteln und ließen sich prinzipiell gut applizieren. Der Stabilisierungseffekt auf die craquelierten Gläser ist groß und die Transparenzminderung durch die Hinterlegung minimal. Die Lösung mit Glasfasergewebe wurde für die craquelégeschädigten Partien des Jesus-Sirach-Fensters angewendet. Für dieses von Craquelé betroffene Fenster des Kölner Domes konnte somit eine nachhaltig stabilisierende Lösung gefunden werden, die es erlaubt, das jahrzehntelang deponierte Fenster wieder im Dom einzusetzen.
Projektthema:
Innovative Methoden zur Sicherung craquelierter Glasmalereien
Projektdurchführung:
Metropolitankapitel der Hohen Domkirche Köln
Dombauverwaltung
(Glasrestaurierungswerkstatt)
Roncalliplatz 2
50667 Köln
ulrike.brinkmann@dombau-koeln.de
www.dombau-koeln.de
Kooperationspartner:
Fraunhofer-Institut für Silicatforschung Würzburg, Bayern
www.isc.fraunhofer.de
AZ 24583