Biosensorsystem zur ressourcenschonenden Bier-Entalkoholisierung

Der Lehrstuhl für Fluidmechanik und Prozessautomation der TU München hat in Zusammenarbeit mit vier Brauereien ein prozesstaugliches Biosensorsystem zur Online-Bestimmung des Alkoholgehalts bei der Bierentalkoholisierung entwickelt. Die Genauigkeitsanforderung an das System mit einem absoluten Fehler von weniger als 0,05 Vol.% wird sicher erreicht, in der Regel sogar unterschritten. Dadurch wird es möglich, den Zielwert der Alkoholkonzentration im Produktionsprozess bei einer der beteiligten Brauereien von 0,45 Vol.% auf 0,49 Vol.% zu erhöhen. Mit der erhöhten Alkoholkonzentration wird der Geschmack des Bieres verbessert, gleichzeitig wird der gesetzlich vorgeschriebene Maximalwert von 0,5 Vol.% Restalkohol eingehalten. Unter dem Strich wird Energie gespart, der Wasserverbrauch reduziert und die Qualität des Produkts gesteigert.
Jeder Deutsche trinkt im Durchschnitt jährlich etwa 120 Liter Bier, davon sind rund 3 Liter Alkoholfreies. Auch alkoholfreies Bier enthält um des Geschmacks willen einen Restgehalt an Alkohol, der einen Grenzwert von maximal 0,5 Vol.% nicht überschreiten darf. Sicherheitshalber wird es deshalb erst weitestgehend entalkoholisiert und dann wird der Alkohol dem Bier vorsichtig wieder zugemischt. Da bisher kein zuverlässiges Online-taugliches Gerät zur Überwachung des Prozessablaufs verfügbar war, mussten die Brauereien bei der Auslegung der Herstellungsverfahren entsprechende Sicherheitsreserven vorsehen. Aus diesem Grund liegt die Ethanolkonzentration in handelsüblichen alkoholfreien Bieren bei durchschnittlich 0,4 Vol.%.

Biosensor misst Alkoholgehalt
Bei der konzentrationsgenauen Einstellung des Alkoholgehalts möglichst nah am maximal zulässigen Wert handelt es sich um einen langwierigen Mischprozess, bei dem immense Mengen Restbier anfallen und gleichzeitig viel Energie aufgewendet werden muss, um den Alkohol erst zu entfernen und danach wieder zuzumischen.
Mit dem neuen Biosensor können die Brauer nun schon während der Entalkoholisierung online den Restalkoholgehalt in einer so genannten Durchflussmesszelle bestimmen und den Entalkoholisierungsprozess passend stoppen. Aufwändiges Mischen entfällt also, Energie, Zeit und Wasser werden bei eingespart, die Kosten gesenkt.

Bierbrauern die Kopfschmerzen nehmen
Bei dem Biosensor handelt es sich um ein robustes, wartungsarmes und bedienerfreundliches Analysegerät. Die Alkoholmessung basiert auf einem enzymintegrierenden Fließinjektionsanalyse (FIA)-System mit dem Enzym Alkoholdehydrogenase sowie einer photometrischen Detektion des mit Ethanol umgesetzten NADH/H+. Das Gerät kann ohne ein Probenaufbereitungssystem direkt in den Prozess integriert werden. Durch die komplexe Zusammensatzung des Bieres tritt zwar eine Beeinflussung der Enzymaktivität und des Detektorsignals auf, diese wurde jedoch durch speziell angepasste mathematische Auswerteroutinen eliminiert.


Projektziel:
Entwicklung eines industrietauglichen Prozessanalyseautomaten zur Online-Bestimmung des Restalkoholgehalts bei der Herstellung von alkoholfreiem Bier
Projektträger:
Technische Universität München Lehrstuhl für Fluidmechanik und Prozessautomation PD Dr.-Ing. Thomas Becker Weihenstephaner Steig 23 85354 Freising
Telefon:
08161/71-3670
Fax:
08161/71-4510
URL:
http://www.wzw.tum.de
E-Mail:
tbecker@wzw.tum.de
Prototypgerät für den industriellen Einsatz. An der Gehäusefront befinden sich eine Spritzenpumpe, Drehventile, die Enzymsäule und die Messzelle. Messprinzip ist die enzymintegrierte Fließinjektionsanalyse (FIA).
Die Durchflussmesszelle ermöglicht die kontinuierliche Kontrolle des Alkoholgehalts während des Brauprozesses.