Klimaneutralität im Gesundheitssektor – Fallstudiengestützte Carbon Footprint Bewertung nach GHG Protocol und Potenzialanalyse von Klimaschutzmaßnahmen im Klinikbetrieb.
Projektdurchführung
Universität Freiburg
Universitätsklinikum Freiburg
Institut für Allgemeinmedizin
Elsässer Str. 2 m
79110 Freiburg
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Der Gesundheitssektor trägt mit rund 5% zum nationalen CO2-Fußabdruck bei. Auf Klinikebene wurden Treibhausgas-Emissionen (THG) jedoch kaum berechnet, frei verfügbare Protokolle zur Berechnung existieren nicht. Fokus der Emissionen sind die indirekten Emissionen im Bereich der Lieferketten, wo jedoch kaum produkt-/prozessbasierte Emissionsrechnungen auf Detailebene vorhanden sind.
Mit dem Forschungsprojekt CAFOGES greifen wir den Bedarf nach einem frei verfügbaren und einfach anwendbaren Instrument auf, welches einerseits auf Kliniken zugeschnitten ist und andererseits eine ganzheitliche Berechnung der THG-Emissionen ermöglicht. Methodische Grundlage ist das Greenhouse Gas Protocol. Zudem wurden im Projekt CAFOGES die THG-Emissionen des Universitätsklinikum Freiburg für 2019 berechnet, um genaue Kenntnisse über die Emissionsverteilung im Klinikbetrieb zu generieren.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenArbeitspakete (AP) und Meilensteine (M):
AP 1: Vernetzung und Austausch M1 (Kick-off Meeting mit Vernetzungspartner*innen)
AP 2: Daten- und Kennzahlerhebung
AP 3: Konsistenzprüfung, Konsolidierung M2 (Datenerhebung abgeschlossen)
AP 4: Modellierung, Berechnung der THG-Bilanz M3 (THG-Bilanz im Entwurf vorliegend)
AP 5: Reporting und Dissemination M4 (Ergebnispräsentation)
AP 6: Projektmanagement, Interne Meetings
Die AP 1 und 6 fanden fortlaufend über die Projektlaufzeit statt. Die AP 2-4 wurden Ende Q4/22 abgeschlossen. Das AP 5 wurde von Q1-2/2023 durchgeführt und abgeschlossen.
Methoden:
Rahmenwerk für die CO2-Bilanz bildet das Greenhouse Gas Protocol (GHGP), welches die Emissionen in drei Bereiche (Scopes) unterteilt:
Scope 1: direkte THG-Emissionen aus Quellen im Einflussbereich einer Organisation (z.B. durch Verbrennungsprozesse, Freisetzung von Kältemitteln oder Lachgas).
Scope 2: indirekte THG-Emissionen aus der Nutzung von extern bereitgestellten Energieträgern (z.B. eigener Stromverbrauch, Wärme, Kühlung, etc.).
Scope 3: weitere indirekte THG-Emissionen durch vor- und nachgelagerte Prozesse außerhalb des Unternehmens (z.B. Lieferkette, Dienstleistungen, Transporte und Mobilität) und wird in 15 Kategorien unterteilt.
Systemgrenze der Fallanalyse bilden sämtliche Prozesse, welche der primären Patientenversorgung zugeordnet werden konnten, dabei wurden die Bereiche Forschung & Lehre, sowie externe Prozesse nicht berücksichtigt. Nach Datenerhebung zur Erstellung einer konsolidierten Sachbilanz wurden die Verbräuche zur THG-Quantifizierung mit spezifischen Emissionsfaktoren verknüpft. Wir unterscheiden in prozess-/produktbasierte Bottom-up-, und rein ausgabenbasierte Top-down-Faktoren. Letztere wurden ausschließlich dort verwendet, wo detaillierte Berechnungen nach Bottom-up-Methodik nicht realisiert werden konnten. In Kombination beider Methoden sprechen wir von einer Hybrid-Bilanz.
Der CO2-Rechner wurde als Excel-Datei erstellt, konform mit MS Office 2016.
Ergebnisse und Diskussion
Der CAFOGES-Rechner ist frei auf der Seite des Öko-Instituts verfügbar und erlaubt Kliniken eine THG-Bilanzierung nach GHGP.
Die THG-Bilanz von 2019 zeigt Emissionen in Höhe von 144.737 t CO2e. Davon entfallen auf den primären Klinikbetrieb 104.013 t CO2e. Nicht berücksichtigt wurde der Anteil der Emissionen des HKW, welcher der Versorgung akademischer und externer Liegenschaften zugeordnet wurde, außerhalb der Systemgrenze lag und sich auf weitere 40.725 t CO2e belief.
Auf den Scope 1 entfielen rund 35.526 t CO2e, Scope 2 rund 110 t CO2e und Scope 3 zwei Drittel der Emissionen, also rund 69.041 t CO2e. Es wurden 6 von 15 Kategorien des Scope 3 berücksichtigt, zudem die Emissionen durch Patientenmobilität als eigenen Bereich: Medikamente, Medizinische Verbrauchsmaterialien, Lebensmittel, Einkauf (Sonstige), IT-Geräte, Brennstoff- & Energiebezogene Emissionen, Abfälle & Abwässer, Dienstreisen, Mitarbeiter-Mobilität (Pendeln) und Patientenmobilität (boden- & luftgebunden).
In den Bereichen der eingekauften Medikamente und Medizinischen Verbrauchsmaterialien wurden teilweise, respektive ausschließlich ausgabenbasierte Emissionsfaktoren verwendet, da produktbezogene CO2-Informationen kaum vorlagen. Dabei waren die zusätzlich durchgeführten Anfragen bei rund 50 Pharmafirmen und rund 20 weiteren Zulieferern leider erfolglos, da hier keine produktbezogenen Carbon Footprints zugestellt wurden. Der Emissionshotspot des Scope 3 liegt vor allem im Bereich der Lieferketten.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Wir haben über Projekt CAFOGES und dessen Ergebnisse auf zahlreichen Kongressen und Fortbildungen berichtet. Die Ergebnisse wurden zudem als konzertierte Pressemitteilung zwischen Uniklinik und Öko-Institut veröffentlicht, worauf eine rege Resonanz in der Presse folgte. Ein eigener Artikel wurde im Klinergie-Magazin 2023 der Stiftung Viamedica veröffentlicht. Diverse Kliniken kontaktierten uns per Mail, da sie den auf der Seite des Öko-Instituts frei verfügbaren CO2-Rechner zur Bilanzierung nutzten.
Es folgte zudem eine Weiterentwicklung zu einem gemeinsamen CO2-Rechner, als Fusion beider Rechentools von CAFOGES und dem Heidelberger Projekt Klimaschutz in Kliniken durch Optimierung der Lieferketten (KliOL). Der gemeinsame Rechner ist auf der Seite des Kompetenzzentrums für klimaresiliente Medizin und Gesundheitseinrichtungen (KliMeG) frei verfügbar und wird von Kliniken zur THG-Bilanzierung genutzt.
Fazit
Das Projekt CAFOGES trägt durch den erstellten THG-Rechner und die THG-Bilanz des Universitätsklinikums Freiburg dazu bei, genauere Kenntnisse über klimarelevante Emissionen im Klinikbetrieb zu liefern. Die THG-Bilanz bestätigt den Emissionshotspot durch Lieferketten und zeigt aber auch eine hohe Relevanz der energiebedingten Emissionen. Zur Transformation sollten aus unserer Sicht neben Effienzmaßnahmen in Gebäude und Transport auch die Pharma- und Medizinbranche durch Bereitstellung von Carbon Footprints ihres Portfolios beitragen.
Der THG-Rechner ist frei verfügbar und wurde noch in der Projektlaufzeit mit dem Heidelberger KliOL-Projekt zu einem gemeinsamen Tool fusioniert und bei KliMeG integriert. Kliniken nutzen die THG-Rechner bereits zur THG-Bilanzierung ihres Standorts. Regelmäßige THG-Bilanzen können damit nach einheitlicher Methodik durchgeführt werden und Maßnahmen zur THG-Reduktion quantifizieren. Die Open-Access Rechentools stellen aus unserer Sicht wichtigen Meilenstein dar, wobei wir eine kontinuierliche Weiterentwicklung begrüßen.
Fördersumme
125.000,00 €
Förderzeitraum
01.01.2022 - 30.06.2023
Bundesland
Baden-Württemberg
Schlagwörter
Klimaschutz
Umweltforschung
Umwelttechnik