Entwicklung eines dezentralen Plasmaverfahrens zur Dekontamination von Klinikabwasser durch Entfernung von Antibiotika und Antibiotika-resistenten Mikroorganismen
Projektdurchführung
Technologien zur Industrie-Abwasser-Behandlung
GmbH (TIA)
Bergkoppel 3
23881 Breitenfelde
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Die Anzahl an Todesfällen aufgrund von Infektionen mit Antibiotika-resistenten Mikroorganismen wird von der WHO bis zum Jahr 2050 auf etwa 10 Millionen geschätzt. Damit stellen diese Infektionskrankheiten weltweit eine alarmierende Bedrohung für Mensch und Tier dar. Gerade in Kliniken führt der hohe und vor allem unvermeidbare Bedarf an Antibiotika zu stark belastetem Abwasser. Im Moment fließt Krankenhausabwasser meist durch die Verdünnung mit Niederschlagswasser und häuslichem Abwasser in kommunalen Kläranlagen zusammen. Damit stellen Kläranlagen einen Hotspot für die Verbreitung von Antibiotikaresistenzen dar. Übliche Verfahren zur Entfernung von Medikamentenrückständen und zur Reduzierung der Belastung mit Antibiotika-resistenten Bakterien umfassen z. B. Filtrationstechniken, Ozon, UV-Behandlung oder Chlorierung. Diese Ansätze erfordern jedoch oft zusätzliche Chemikalien, sind unzureichend oder nur begrenzt anwendbar z. B. aufgrund einer zu geringen Eindringtiefe und damit generell gerade für kleinere dezentrale Anwendungen schlecht realisierbar. Eine alternative Möglichkeit zur Behandlung von Abwasser ist die Anwendung von physikalischem Plasma. Dabei beruht der Erfolg und das Potenzial zur Abwasseraufbereitung auf der vor-Ort-Erzeugung sehr reaktiver, aber kurzlebiger Spezies (hauptsächlich Hydroxylradikale). Plasmaanlagen benötigen dabei nur elektrischen Strom und keine weiteren Betriebsmittel. Zudem ist eine Wirksamkeit auch in trübem Wasser gegeben.
In der Machbarkeitsstudie sollte eine flexible vor-Ort einsetzbare Technologie entwickelt werden, die unvermeidbare mikrobiologische und chemische Kontaminationen - wie sie beispielsweise im Krankenhausabwasser anfallen - effizient abbauen kann. Die Effizienz von Plasma sollte mit anderen Wasseraufbereitungsverfahren z. B. Pulver-Aktivkohle oder auch Nanofiltration, die unter gleichen Ausgangsbedingungen von Kooperationspartnern in eigenen Projekten untersucht wurden, verglichen werden. Auf diese Weise sollten mögliche Vorteile der Plasmabehandlung für den dezentralen Einsatz an sogenannten Hotspots, aber auch für eine 4. Reinigungsstufe in kommunalen Kläranlagen, untersucht werden.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenEs wurde zunächst eine Dekontaminationseinheit konzipiert und anschließend gebaut um eine dezentrale Abwasserbehandlung mit physikalischem Plasma zu ermöglichen. Hierbei wurde darauf geachtet, dass die Einheit klein und leicht zu transportieren ist.
Anhand von Versuchen mit einem multiresistenten Escherichia coli Stamms (DSM 22664; Deutsche Stammsammlung für Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH) in synthetischem Abwasser erfolgte die Bestätigung der antimikrobiellen Wirksamkeit, der beiden für die Dekontaminationseinheit ausgewählten, gebauten und angepassten Plasmaquellen. Die eingesetzten Quellen nutzen das Prinzip einer gepulsten, dielektrischen Barriereentladung (DBE). Die Untersuchungen erfolgten bei Variation der Behandlungsbedingungen wie Pulsbreite oder Pulsfrequenz. Die daraus abgeleiteten optimalen Einstellungen wurden dann für die Behandlung von realem Krankenhausabwasser genutzt. Anhand der Quantifizierung der Mikroorganismen und diverser Pharmazeutika vor und nach der Behandlung wurde die Behandlungseffizienz des Plasmaverfahrens zur Inaktivierung von Mikroorganismen und der Eliminierung von Antibiotika nachgewiesen.
Ergebnisse und Diskussion
Die Dekontaminationseinheit hat eine Größe H x B x T von 1,2 x 1,0 x 0,8 m und befindet sich auf Rollen (Abb. 1). Damit ist die Einheit leicht zu transportieren und flexibel einsetzbar.
Die Plasmabehandlung von synthetischem Abwasser, inokuliert mit einem multiresistenten Escherichia coli Stamm (DSM 22664), resultierte in einer Inaktivierung um bis zu 5,7 log-Stufen.
Die antimikrobielle Wirkung konnte auf die mittels Plasma-gebildeten Spezies zurückgeführt werden. Dies bestätigt den entscheidenden Vorteil der Plasmaanwendung. So führte beispielsweise bereits eine 30-minütige Behandlung zu einer Reduktion der Mikroorganismenanzahl um 3,3 log-Stufen. Mit einer nachfolgenden Inkubation (ohne weitere Energiezufuhr) von 60 min wurde eine Inaktivierung um 5,7 log-Stufen (bis zur Nachweisgrenze) erreicht. Auch 24 h später wurden keine Mikroorganismen nachgewiesen.
Die Ergebnisse der Versuche mit E. coli waren die Grundlage zur Festlegung von Parametern für die Behandlung des realen Krankenhausabwassers durch zwei Plasmaquellen:
DBE-1: 100 ns-gepulste DC-Spannung von 12 kV, 3 kHz, 3 bar Druckluft, Flussrate: 80 l/h
DBE-2: 100 ms-gepulste AC-Spannung von 20 kVpp, 10 kHz, 50 % duty cycle, Flussrate: 10 l/h
Die Einstellungen wurden für Batch-Versuche mit realem Abwasser genutzt. Diese Experimente wurden mit der DBE-1 durchgeführt und ergaben je nach Ausgangsbelastung eine Reduktion der nativen E. coli Lebendzellzahl um bis zu 4,6 log-Stufen. Dabei wurden nach der Plasmabehandlung keine Bakterien mehr auf den Agarplatten nachgewiesen. Zudem sank nach der Plasmabehandlung die Antibiotikakonzentration im Abwasser um über 99 %.
Eine vollständige Inaktivierung der nativen E. coli Belastung im realen Krankenhausabwasser sowie ein Teilabbau von Antibiotika (von bis zu 80 %) wurde bereits mit einem für das System nicht optimierten Energieeintrag von 27,9 kWh/m3 erzielt.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Die Kooperation TIA-INP wurde in einem Flyer zur IFAT (Fachmesse für Wasser-, Abwasser-, Abfall- und Rohstoffwirtschaft) beworben. Die Ergebnisse wurden in einem Artikel für die Zeitschrift Management und Krankenhaus veröffentlicht und finden Verwendung in den Vorlesungen von Hrn. Dr. Müller-Blanke (TIA, Hochschule Wismar) und Prof. Dr. Kolb (INP, Universität Rostock). Zudem wurde eine Masterarbeit (Jan Willruth) über die Projektergebnisse verfasst. Auf der PPPS 2025 (IEEE Pulsed Power & Plasma Science Conference) in Berlin werden die Ergebnisse der Öffentlichkeit ebenfalls vorgestellt.
Fazit
Für die Dekontaminationseinheit mit physikalischem Plasma wurde eine effektive Inaktivierung von Mikroorganismen (einschließlich Antibiotika-resistenten Mikroorganismen) und ein Abbau von Pharmazeutika (einschließlich Antibiotika) in Batch-Versuchen erfolgreich bestätigt womit das Projektziel erreicht wurde.
Die Weiterentwicklung des Systems/Prozesses zur Steigerung der Energieeffizienz und Aufskalierung soll in einem zu beantragenden Folgeprojekt untersucht werden.