Projekt 37486/01

Förderinitiative Pestizide: Heißwasser-Beikrautregulierung mittels selbstlernender Pflanzenerkennung für den Ackerbau eine ökologische Alternative zum Herbizideinsatz

Projektdurchführung

tiefgrün precision weeding
Fohlenäckerweg 31
34130 Kassel

Zielsetzung

Wo Unkraut wächst, wird gespritzt. Chemische Beikrautregulierung ist nach wie vor auf rund 90 % aller landwirtschaftlich genutzten Flächen in Deutschland die gängige Praxis. Zahlreiche Studien belegen den Zusammenhang zwischen Pestizidanwendung und dem deutlichen Rückgang der Biodiversität.
Der ökologische Anbau führt im Vergleich zu einer deutlichen Steigerung der Biodiversität und leistet so einen wichtigen Beitrag zu einem funktionierenden Ökosystem. Nichtchemische Beikrautregulierung ist vielfach aufwändiger und teurer, da hierbei händisches Jäten immer noch unverzichtbar ist, insbesondere beim Anbau von von gesäten, langsam wachsenden Kulturen wie Möhren und anderen Hackfrüchten.

Das Start-Up TIEFGRÜN precision weeding hat zum Ziel, mit der Heißwasser-Beikrautregulierung auf Basis selbstlernender Pflanzenerkennung eine ökologische Methode zur Praxisreife zu bringen, welche langfristig wirtschaftlich konkurrenzfähig zur Herbizidausbringung sein kann. Die Methode ist bei richtiger Dosierung und Applikation hoch wirksam, präzise, sicher und kann im Vergleich zu mechanischen Ansätzen mit höherem Durchsatz und höheren Geschwindigkeiten durchführt werden. Das heiße Wasser wirkt bis an die Wurzel – während die Maschine sich schon zur nächsten Pflanze weiterbewegt.

Projektziel ist eine Demonstrationsmaschine für die automatisierte Beikrautregulierung im ökologischen Möhrenanbau: der KelvinR370. Die Maschine kann Pflanzen kamerabasiert erfassen, Kulturpflanzen mit hoher Sicherheit von Beikräutern unterscheiden und letztere punktgenau durch die Applikation eines kurzen Heißwasserstrahls regulieren.

Arbeitsschritte

Das Projekt umfasst die Entwicklung, den Bau und die Felderprobung eines Prototyps sowie darauf aufbauend die Umsetzung und praktische Evaluierung der Demonstrationsmaschine KelvinR370 durch TIEFGRÜN. Pheno-Inspect entwickelte dazu eine auf das System maßgeschneiderte Bildverarbeitungs-Pipeline zur robusten Klassifikation von Kulturpflanzen und Unkräutern und gleichzeitigen Detektion ihrer Wurzelpunkte – bei höchster Zuverlässigkeit unter verschieden Feldbedingungen.

In einer ersten Entwicklungsphase wurde ein einreihiger Prototyp entwickelt und gebaut. Ziel dieser Prototypenmaschine war vorrangig das Erreichen der angestrebten Beikraut-Regulierungsquote bei hinreichend geringem Kulturpflanzenverlust.
In mehreren Feldversuchen von wurde der Prototyp getestet und von Versuch zu Versuch weiterentwickelt, was sowohl die Maschine selbst wie auch ihre Steuerungssoftware umfasste. Dabei wurden laufend weitere Bilddaten in die Erkennung eingespeist und so die Erkennung verbessert.
In der zweiten Entwicklungsphase wurde die vierreihige Demonstrationsmaschine KelvinR370 entwickelt. Neben der konstruktiven Entwicklung und dem Bau der Maschine umfasste dies auch die umfangreiche Weiterentwicklung und Optimierung der Steuerungssoftware durch TIEFGRÜN, die zum Ansteuern von vier Reihen auch die vierfache Datenmenge in der gleichen Zeit verarbeiten muss.
Im zweiten Projektjahr wurde der KelvinR370 auf insgesamt 35 ha erprobt. In dieser Phase wurde v. a. Die Steuerungssoftware weiterentwickelt, um Fehler zu beheben und Optimierungen umzusetzen. Die Erprobungen wurden gleichzeitig genutzt, um weitere Bilddaten zum Training der Pflanzenerkennung zu sammeln.
Abschließend wurden die Erkenntnisse aus der zweiten Felderprobungsphase ausgewertet und die daraus abgeleiteten Optimierungen der Maschine sowie der Steuerungssoftware umgesetzt. Die in der Felderprobung gesammelten Bilddaten wurden gelabelt und damit eine nochmals verbesserte Erkennung trainiert.

Ergebnisse

Wichtigstes Projektergebnis ist der in den Felderprobungen 2022 erreichte und 2023 bestätigte hohe Beikraut-Regulierungserfolg bei einer durchgängig geringen Verlustquote !
Dabei ist der zweite Aspekt, die geringe Verlustquote an Kulturpflanzen, der eigentlich noch wichtigere Erfolg. Die geringen Kulturpflanzenverluste sind der entscheidende Punkt, der die Ergebnisse nutzbringend für die Praxis macht: In einer ersten Phase wird die Maschine ergänzend zum manuellen Jäten eingesetzt werden. Bereits eine unvollständige Beikrautregulierung kann die manuellen Jätezeiten senken und damit Kosten reduzieren, solange die Verluste an Kulturpflanzen gering bleiben. Mit einer hinreichend geringen Verlustquote besteht auch die Möglichkeit, die Maschine mehrfach in kurzen Zeitabständen einzusetzen, wodurch ein noch höherer Gesamtregulierungserfolg erzielt werden kann.
Im zweiten Projektjahr wurde die Technologie der HW-BR in einer vierreihigen Demonstrationsmaschine umgesetzt. Wichtigstes Arbeitsergebnis dieses Projektabschnittes war die großflächige Erprobung der Demonstrationsmaschine auf 35 ha. Durch diesen ersten länger andauernde Einsatz der Maschine über insgesamt 150 h konnten wertvolle Erkenntnisse für die weitere Entwicklung gesammelt werden, sodass wir nun über eine solide Ausgangsbasis verfügen, um die Entwicklung der HW-BR nach Projektende fortzuführen.

Öffentlichkeitsarbeit

Die Demonstrationsmaschine KelvinR370 wurde einer Gruppe von ca. 60 Landwirten vorgestellt und einer Teilgruppe von ca. 20 Personen praktisch vorgeführt. Die Maschinenentwicklung stieß auf rege Nachfrage – neben dem Kooperationsbetrieb äußerten zwei weitere Betriebe konkretes Interesse, die Maschine im kommenden Jahr bei sich einzusetzen. Entsprechende Vorführungen auf den Betrieben mit ggf. direkt anschließendem Einsatz sind für 2024 geplant.

Fazit

Mit diesem Projekt haben wir unser wichtigstes Ziel erreichen können: Der KelvinR370 erzielt einen hohen Beikraut-Regulierungserfolg bei durchgängig sehr geringen Kulturpflanzenverlusten. Damit ist die Schwelle zu praktisch nutzbringenden Arbeitsergebnissen durchbrochen!
Dieser Erfolg basiert auf der Weiterentwicklung der Heißwasser-Beikrautregulierung auf allen Ebenen, kombiniert mit der Ausbringung von Kaltwasser zum Schutz der Kulturpflanzen.
Mit der Erprobung über 35 ha in 2023 konnten wir die Praxistauglichkeit der Technologie demonstrieren und darüber hinaus wertvolle Erkenntnisse für die weitere Entwicklung gewinnen, die wir in der abschließenden Entwicklungsphase umgesetzt haben – beste Grundlage für eine erfolgreiche Fortführung der Entwicklung nach Projektende.

Übersicht

Fördersumme

288.488,00 €

Förderzeitraum

01.09.2021 - 31.12.2023

Bundesland

Hessen

Schlagwörter

Landnutzung
Naturschutz